Selten war ein Präsident so umstritten und heftig kritisiert wie Donald Trump. Neben seinem Ausstieg aus dem Pariser Weltklima-Abkommen zielt die Kritik besonders auf die Verbindungen zwischen Trumps Wahlkampfteam und der russischen Regierung. Daher kommt die Frage auf: Wie kann ein amtierender amerikanischer Präsident während seiner Amtszeit sein Amt verlieren und was würde dann passieren?
Rücktritt, Tod und Impeachment
Seit der Entlassung von FBI Direktor James Comey wird im Kreise der Demokraten immer häufiger ein Vergleich zu dem ehemaligen Präsidenten Richard Nixon gezogen. Nixon, wie Trump Republikaner, trat 1974 von seinem Amt zurück, um einer drohenden Amtsenthebung wegen der mutmaßlichen Vertuschung von Wahlkampf-Spionage zu entgehen. Die amerikanische Verfassung sieht vier Möglichkeiten vor, wie ein Präsident während einer laufenden Amtszeit sein Amt verlieren kann. Zum einen wäre das der Tod des Präsidenten, welcher der mit Abstand häufigste Grund für ein vorzeitiges Ende der Amtszeit ist. Seit Gründung der Vereinigten Staaten sind acht der 45 Präsidenten während ihrer Amtszeit verstorben. Vier von ihnen starben auf natürliche Weise und vier von ihnen (unter anderen John F. Kennedy und Abraham Lincoln) wurden ermordet.
Ein Präsident kann sein Amt selbstverständlich auch durch den (mehr oder weniger) freiwilligen Rücktritt verlieren. Hierfür gibt es nur ein Beispiel in der amerikanischen Geschichte, und zwar besagten Richard Nixon. Nixon trat am neunten August 1974 von seinem Amt als Präsident zurück, nachdem sich große Teile seiner Partei gegen ihn gestellt hatten und ihm das sogenannte Impeachment aufgrund des Watergate Skandals unmittelbar bevorstand.
Dieses sogenannte Impeachment (auf Deutsch „Amtsenthebung“ aber auch „Anklage“) ist im Gegensatz zu den anderen beiden Möglichkeiten am ehesten als klassisches Amtsenthebungsverfahren zu verstehen. Die Gründungsväter haben dieses an das britische Rechtssystem angelehnte Verfahren in die Verfassung als Teil des Check-and-Balance-Systems integriert, um dem Kongress die Möglichkeit zu geben, in besonderen Ausnahmefällen den Präsidenten, aber auch jeden anderen Träger eines öffentlichen Amtes, abzusetzen. Grundlage für die Amtsenthebung ist, dass der Angeklagte (Präsident) sich des „(Hoch)Verrates, der Bestechung oder anderer schwerer Straftaten“ schuldig gemacht hat. Der eigentliche Impeachmentprozess besteht aus drei Phasen. Zunächst stellt ein Abgeordneter des Repräsentantenhauses einen Antrag auf Impeachment des Präsidenten. Der Antrag wird dann im Justizausschuss beraten und bei einer einfachen Mehrheit zur Abstimmung in das vollständige Gremium verwiesen. Wenn das Repräsentantenhaus dann mit einfacher Mehrheit für den Antrag stimmt, ist der Präsident offiziell impeached, also angeklagt. Nixon entging dem, indem er vor der Abstimmung zurücktrat.
Wenn das Impeachment beschlossen wurde und der Präsident nicht zurücktreten will, geht der Prozess in die zweite Phase, dem eigentlichen Verfahren im Senat. Zuletzt geschehen ist dies im Jahr 1999 gegen den Präsidenten Bill Clinton. Die 100 Mitglieder des Senates dienen in dem folgenden Verfahren als Jury, wie sie in amerikanisches Strafprozessen üblich ist. Sie hören sich die Argumente von beiden Seiten an und entscheiden dann, ob der Präsident für schuldig oder wie im Fall von Bill Clinton für nicht schuldig befunden wird. Für einen Schuldspruch wird eine Zweidrittelmehrheit benötigt.
Der umstrittene Artikel 25
Neben dem Impeachment wird in letzter Zeit auch immer wieder der 25. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung als Möglichkeit, Donald Trump zu entmachten, diskutiert. Im Absatz vier besagt dieser, dass der Vize-Präsident zusammen mit einer Mehrheit der Kabinettsmitglieder einen schriftlichen Antrag an beide Kammern des Kongresses stellen kann, indem er erklärt, dass der Präsident „unfähig ist, die Befugnisse und Obliegenheiten seines Amtes wahrzunehmen.“ Unmittelbar nach dieser Erklärung übernimmt der Vizepräsident die Amtsbefugnisse des eigentlichen Präsidenten. Dieser hat dann wiederum die Möglichkeit, sich durch ein Schreiben seinerseits für amtsfähig zu erklären und sofort die Amtsgeschäfte wieder zu übernehmen. Der Vizepräsident hat dann nochmal die Möglichkeit, einen erneuten Antrag zu stellen. Der Kongress müsste in diesem Fall innerhalb von 21 Tagen über den Antrag entscheiden. Um den Präsidenten abzusetzen, ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern erforderlich.
Der Amtsenthebungsprozess nach Artikel 25.4 ist somit nicht nur relativ kompliziert, er wurde noch nie angewandt. Grund hierfür ist, dass der vom Präsidenten selbsternannte Vizepräsident und die ebenfalls vom Präsidenten ernannten Minister sich gegen ihren eigenen Chef stellen müssten. Sowohl der Vizepräsident als auch die Kabinettsmitglieder wurden von den Präsidenten ausgewählt und sind deshalb in den meisten Fällen ihm gegenüber sehr loyal. Auch die Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern ist äußerst schwer zu erlangen, da für sie fast immer auch eine große Zahl von Anhängern seiner eigenen Partei gegen ihren Präsidenten stimmen müssten.
Die Frage nach dem „Was dann?“ im Falle Trumps
Die Verfassung sagt in Artikel 25 Absatz 1 ganz deutlich: „Im Falle der Amtsenthebung, des Todes oder des Rücktritts des Präsidenten wird der Vizepräsident Präsident.“ Das heißt, es ist egal wie Trump sein Amt verlieren würde, fast in jedem Fall würde Vizepräsident Mike Pence unmittelbar im Anschluss als Präsident vereidigt werden. Die einzige Ausnahme wäre, wenn sowohl Trump als auch Pence in einem Verfahren gleichzeitig impeached werden würden. Dann würde gemäß der Verfassung der Sprecher des Repräsentatenhauses, aktuell Paul Ryan, neuer Präsident werden.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es durchaus Möglichkeiten geben würde, Präsident Trump zu entmachten. Allerdings scheint dies unter aktuellen Bedingungen fast unmöglich. Bis jetzt richten sich die Anschuldigungen und Ermittlungen zwar gegen Trumps Wahlkampfteam, aber nicht gegen ihn selbst. Somit gibt es keine Grundlage für einen Impeachment-Antrag. Außerdem scheint Trump die volle Unterstützung seines Vizepräsidenten zu haben und auch seine Partei, die eine deutliche Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses stellt, steht (zumindest jetzt noch) relativ geschlossen hinter ihrem Präsidenten.
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