Wir leben in einer Gesellschaft, in der viel verglichen wird. Dadurch entsteht ein großer (auch finanzieller) Druck und viel Neid. Menschen möchten gerne zu Gruppen dazugehören und haben häufig das Gefühl, mithalten zu müssen. Das beginnt bereits in der Kindheit und ist nur sehr schwer, zu durchbrechen. Die Werbung, die uns tagtäglich begegnet, setzt genau bei diesem Bedürfnis an.
Außerdem versuchen sie, dein Bedürfnis nach Anerkennung oder Zufriedenheit und Glück zu triggern. Dadurch geben wir häufig Geld für Sachen aus, die wir eigentlich gar nicht brauchen. Durchsuch´ doch mal deine Wohnung, dein Zimmer oder dein Haus. Du wirst vieles finden, was du eigentlich wegtun kannst. Ich möchte mit dir mal ein paar Werbungen hinterfragen, um zu schauen, ob dieses Produkt wirklich nötig ist.
Werbung, die an Frauen gerichtet ist
Werbungen, die an Frauen gerichtet sind, ärgern mich am meisten. Brauchen wir Frauen zum Beispiel wirklich dunklere Augenbrauen, um schön zu sein? Mein Tipp: NEIN, denn du bist genauso schön, wie du bist! Es gibt für Frauen unfassbar viele Beauty-Produkte, die viel Geld kosten. Es ist völlig in Ordnung, wenn du diese nutzen möchtest, doch du solltest nicht das Gefühl haben, dass du sie nutzen musst, nur um anderen zu gefallen. Auch ein teures Duschgel wird dir keinen besonderen Wohlfühlmoment unter der Dusche bringen, wenn du eigentlich einen schlechten Tag hattest. Nur weil ein Produkt teuer ist, heißt es leider nicht, dass es besser ist. Wir neigen dazu, uns dann zu stressen, mehr Geld zu verdienen, um uns bessere Produkte leisten zu können. Vielleicht ist manchmal auch weniger mehr.
Schau dir mal Werbung mit und für Frauen an. Die meisten spielen noch auf ein Frauenbild an, welches nur auf die wenigsten Frauen zutrifft: Schlank, ohne fettige Haare und natürlich immer gut gelaunt. Am meisten fällt mir das bei Werbung für Periodenprodukte auf. Lange wurde in die Binden bläuliche Farbe gekippt, um zu zeigen, wie saugstark sie sind. Seit wann ist Periodenblut blau? Und nein, wir sind meistens während dieser Tage nicht gut gelaunt und tragen auch keine weiße Hosen und das ist auch völlig in Ordnung so. Somit zeigt uns die Werbung zum einen ein völlig unrealistisches Bild und stresst uns zum anderen, dieses auch erreichen zu wollen. Kleiner Tipp: Am günstigsten ist tatsächlich eine nachhaltige Alternative, wie eine Periodentasse oder ein Periodenschwamm. Damit sparst du über die Zeit hinweg sehr viel Geld.
Familienbild in der Werbung
Vor Weihnachten waren die Werbungen voll von fröhlichen, glücklichen Familien rund um den Weihnachtsbaum. Mal ehrlich, bei wem ist die Weihnachtszeit nicht stressig? Und in welcher Familie gibt es an Weihnachten nicht auch mal Streit, Unzufriedenheit oder Stress? Familien werden in der Werbung meistens rundum glücklich dargestellt. Alle haben sich lieb und gar keine Probleme. Das ist nicht nur unrealistisch, sondern setzt auch ganz schön unter Druck, wenn es in der eigenen Familie gerade mal nicht so gut läuft.
Was möchte die Werbung dir also verklickern? Wenn du in diesen Supermarkt gehst, diese Reise machst oder dieses Produkt kaufst, wird deine Familie auch wieder glücklich und zufrieden werden. Leider ist das meistens nicht so einfach und wenn das dazu führt, dass du dich stärker stresst, um mehr Geld dafür zu verdienen, wird das vermutlich erst recht nicht passieren. Vorsicht Ironie: Aber dann wird es ja das nächste Produkt geben, was du ausprobieren kannst 😉.
Technische Geräte, die uns das Leben erleichtern sollen
Die Werbung suggeriert dir gerne, dass ein automatischer Staubsauger, Rasenmäher oder ein Gerät, welches deine Beine durchblutet, deine Probleme löst und du nun endlich mehr Zeit für deine Familie hast. Komischerweise hatten die Menschen in den letzten tausenden von Jahren auch Zeit mit ihren Familien ohne diese Geräte. Deshalb stellt sich die Frage, ob das wirklich der richtige Rückschluss ist?
Denn diese immer neusten Geräte (alle zwei Jahre das neuste Handy, Notebook, Haushaltsgerät etc.) kosten eben auch Geld, welches erstmal erwirtschaftet werden muss. Außerdem stressen sie mich häufig sehr stark, denn sie gehen kaputt, brauchen eine spezielle Pflege und Handhabung und ich muss mich dann wieder mit ihnen beschäftigen. Natürlich hat die Spül- und Waschmaschine unsere Haushalte revolutioniert und die Hausarbeit vereinfacht. Jedoch können wir uns auch überlegen, was wir wirklich brauchen und was eigentlich nicht sein muss.
Geliefertes Essen vs. selbst einkaufen und kochen
Was war als erstes da, die fehlende Zeit zum Einkaufen und Kochen oder Lieferdienste? Es gibt immer mehr Erfindungen, die wir nur deshalb in Anspruch nehmen müssen, weil wir durch unsere hohe Arbeitszeit für gewisse Dinge keine Zeit mehr haben, zum Beispiel zum Einkaufen oder Kochen. Deshalb fangen viele Menschen nun an, sich Einkäufe oder bereits ein fertiges Essen liefern zu lassen. Dies kostet mehr Geld, als wenn du diese Tätigkeiten selbst durchführst. Denn es muss ja auch eine Person geben, die für dich losfährt oder eben kocht. Häufig verdienen diese Menschen wenig Geld dafür.
Für sich selbst zu kochen, kann Spaß machen und auch zu einem gemeinsamen Familienevent werden, wenn man genügend Zeit dafür hat. Das heißt, wir gehen mehr arbeiten, haben weniger Zeit zusammen und geben das verdiente Geld dann wieder aus für einen Service, den wir sonst gar nicht bräuchten. Ich möchte dich nicht verurteilen, wenn du das gerade so handhabst. Manchmal geht es auch nicht anders. Du solltest dir nur die Frage stellen, habe ich dann am Ende wirklich noch mehr Geld durch mehr Arbeitsstunden oder geht das nur einfach für Sachen raus, die ich sonst nicht bräuchte?
Modetrends und fast Fashion – Brauchen wir das wirklich?
Auch die Mode nimmt einen großen Teil in unserer Werbung ein. Du bist, was du trägst, möchte sie dir zurufen. Fast Fashion führt inzwischen dazu, dass die Mode in den Schaufenstern viel häufiger wechselt als die Jahreszeiten, in denen wir sie tragen könnten. Immer neue Modetrends geben dir das Gefühl, dass du mit machen solltest, um „IN“ zu sein und deine Individualität ausdrücken zu können.
Jedoch können wir uns auch hier fragen: Brauche ich das wirklich in diesem Umfang oder reicht mir auch SecondHand-Mode, die mir im Internet schon fast hinterhergeschmissen wird? Qualitative Kleidungsstücke halten viel länger und werden dich und deine Persönlichkeit demnach lange begleiten. Lass dich von der Werbung nicht beirren, du bist gut so, wie du bist und siehst in der Kleidung am besten aus, in der du dich wohl fühlst!
Medizin oder brauchst du einfach mal eine Pause?
Gerade Werbung für Medikamente finde ich häufig hinterfragbar. Das heißt nicht, dass du dir nicht ein Medikament zur Hilfe nehmen kannst, wenn du es wirklich brauchst. Nur manchmal frage ich mich, ob wir nicht vielleicht eher auf unseren Körper hören sollten und uns eigentlich eine Pause gönnen müssten, statt immer funktionieren zu müssen.
Wieso muss ich bei einer Erkältung abends ein Medikament nehmen, damit ich am nächsten Tag wieder auf der Arbeit glänzen kann, statt mir ein paar Tage Pause und Regeneration zu gönnen? (Werbung eines Medikaments gegen Erkältung). Oder bei Bauchweh bei einer wichtigen Entscheidung eine entkrampfende Tablette nehmen, statt auf mein Bauchgefühl zu hören und mir für die Entscheidung mehr Zeit zu nehmen (Werbung eines entkrampfenden Medikaments).
Wir müssen bei Werbung, egal ob im Fernsehen, auf Facebook, im Radio, auf Plakaten oder durch Instagram-Influencer*innen immer bedenken, sie haben nicht prioritär das Ziel, uns zu helfen, sondern ein Produkt zu verkaufen. Niemand entscheidet für dich, ob du das wirklich gerade brauchst, außer du selbst. Und nur du entscheidest, ob du und dein Körper gerade Zeit brauchen statt Power oder eben nicht. Es ist für uns alle manchmal schwer, sich von diesem Druck zu befreien, doch es lohnt sich für mehr Zufriedenheit und womöglich auch mehr Geld auf deinem Konto. Wenn du Probleme hast, dich zu spüren oder zu merken, was du gerade wirklich brauchst, probiere es mal mit Achtsamkeitsübungen.
Quellen:
Oxfam (2023a): Bericht zur sozialen Ungleichheit. Krisen-Profite: Reichstes Prozent kassiert fast doppelt so viel wie der Rest der Welt zusammen. 16.01.2023. Online unter: https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/soziale-ungleichheit-krisen-profite-reichstes-prozent-kassiert (21.01.2023).
Oxfam (2023b): Oxfams Bericht zu sozialer Ungleichheit. Umsteuern für soziale Gerechtigkeit. 16.01.2023. Online unter: https://www.oxfam.de/ueber-uns/publikationen/oxfams-bericht-sozialer-ungleichheit-umsteuern-soziale-gerechtigkeit (21.01.2023).
Werbungen im deutschen Fernsehen im Dezember 2023 und Januar 2023
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