Als Walmart vergangene Woche die aktuellen Zahlen fürs dritte Quartal präsentierte, rieben sich viele Experten vermutlich verwundert die Augen. Nachdem die jüngsten US-Konsumdaten wenig erfreulich ausfielen, wurde dem Discountriesen nicht sonderlich viel zugetraut. Doch dem Handels-Giganten aus Bentonville im US-Bundesstaat Arkansas gelang es seine Kritiker Lügen zu strafen. Zwar sank der Gewinn minimal um ein knappes Prozent auf 3,7 Milliarden US-Dollar. Dafür machte der seit Februar von Doug McMillon geleitete Konzern auf seinem Heimatmarkt wieder mehr Umsatz – und das erstmals seit sieben Quartalen. Insgesamt kletterte der Erlös um 2,8 Prozent auf 118,1 Milliarden US-Dollar. Zudem blieb ein Gewinn von 1,15 Dollar je Aktie und damit 1 Cent mehr als im Vorjahreszeitraum. Marktbeobachter hatten zuvor mit einem Rückgang um 2 Cent gerechnet.
Angriff auf Amazon
Ohne Frage geben die Zahlen noch keinen Anlass zu übermäßiger Euphorie. Dennoch zeigen sie, dass die Arbeit von McMillon bereits erste Früchte trägt. Dieser erkannte einen sich gegen die riesigen Einkaufstempel gerichteten Trend, und halbierte kurzerhand die Zahl der geplanten neuen „Supercenters“. Das dadurch gesparte Geld investiert Walmart, zu dessen Hauptkonkurrenten das französische Unternehmen Carrefour sowie Tesco aus dem Vereinigten Königreich zählen, in den Aufbau des Onlinehandels, um Konkurrenten wie Amazon nicht völlig kampflos das Feld zu überlassen. Drei Lager mit jeweils über 100.000 Quadratmeter Fläche hat Walmart dieses Jahr in Betrieb genommen – zwei weitere dieser Dimension werden bald folgen. Internetbestellungen sollen dadurch zügiger und effizienter abgewickelt werden können. Zusätzlich haben die Web-Kunden auch die Möglichkeit, die Waren online zu bestellen und in eine der zahlreichen Filialen (in den USA gibt es derzeit rund 4.300 Walmart-Filialen) selbst abzuholen. Im aktuellen Jahr betragen die Investitionen im Segment E-Commerce und im digitalen Geschäft rund eine Milliarde Euro. 2016 sollen sie einen Wert zwischen 1,2 und 1,5 Milliarden Dollar erreichen.
Bislang scheint sich der finanzielle Einsatz zu lohnen: Nach eigenen Angaben sind die Internetumsätze von Walmart bis Mitte Oktober dieses Jahres um 30 Prozent auf zehn Milliarden US-Dollar angestiegen. Damit belegt der 1962 von Sam Walton gegründete Handelsriese schon den 4. Platz in der Liste der erfolgreichsten Online-Händler der USA. Neben den gigantischen Einkaufshallen und dem Web-Handel setzt der US-Gigant vermehrt auch auf kleinere Geschäfte. Rund 400 sogenannte Neighborhood Markets, Lebensmittelgeschäfte mit unter 4.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, locken immer mehr Kunden an. McMillon erhofft sich durch diese breitere Aufstellung Wachstumschancen zu nutzen und seinen Konzern robuster aufzustellen.
Die Nummer 10 der Welt
Sollte sein Plan weiter aufgehen und ihm die Wende zum Guten tatsächlich gelingen, könnte das dem Walmart-Wertpapier bisher ungeahnte Impulse verleihen. Zwar legte das als sichere Anlange geltende Papier in den letzten zwei Jahren um neun Prozent zu. Verglichen mit anderen Unternehmen dieser Größe ist dies aber kein sonderlich beeindruckender Wert. Während Walmart, das im vergangenen Jahr einen Gewinn in Höhe von 16 Milliarden US-Dollar einfahren konnte, 2012 noch mit einem Börsenwert von 243,6 Milliarden in der Liste der wertvollsten Unternehmen weltweit den 4. Platz belegte, ist der US-Gigant inzwischen bei einem Börsenwert von 254,6 Milliarden Dollar auf Platz 10 abgerutscht. Zum Vergleich: Pharmakonzern Roche aus der Schweiz – aktuell auf Rang 11 postiert – steigerte seinen Börsenwert in den vergangenen zwei Jahren von 163,8 Milliarden Dollar auf 253,7 Milliarden Dollar. Die Aktie legte dabei um 57 Prozent zu.
Probleme mit der Konsumfreude in den USA
Kurzfristig und insbesondere im Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft hofft Walmart, dass die derzeit günstigen Benzinpreise die Verbraucher dazu verleiten, ihr Geld für andere Dinge auszugeben. Allerdings könnte die Reduzierung der staatlichen Hilfe für Bedürftige sowie Steuererhöhungen die Konsumlaune vieler US-Amerikaner bremsen. Den zahlreichen vergleichsweise armen Walmart-Kunden macht außerdem zu schaffen, dass die Lohnsteigerungen zuletzt eher gering ausfielen. Und so rechnet der größte Einzelhändler der Welt für das vierte Quartal lediglich mit einem Gewinn je Aktie von 1,46 bis 1,56 Dollar. Die meisten Analysten hatten sich da etwas mehr versprochen. Eine schöne Bescherung für die Aktionäre ist das sicher nicht.
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