Im Fashionbusiness kann man keine Karriere machen. Viel zu viele versuchen es täglich, und scheitern daran, so heißt es. Aber das muss nicht sein: Eine Stylistin, ein Modefotograf und eine Fashionjournalistin erzählen, wie sie erfolgreich wurden in der „karrierelosen Branche“ – Und wie jeder das schaffen kann. Egal um welchen Traumberuf es sich handelt.

„Du willst in der Modebranche arbeiten? Da wird man doch nie was!“ So etwas Ähnliches dürfte jeder, der einen ungewöhnlichen Traumberuf hat, schon einmal gehört haben. Kaum hat man die Schule abgeschlossen, soll es losgehen mit Ausbildung oder Studium. Aber was tun? Lieber den exotischen Traumstudiengang wählen oder auf Nummer sicher gehen? Karrieren in der Mode- oder Kunstbranche gibt es doch schon lange nicht mehr. Und wenn, dann machen sowieso nur diejenigen Karriere, die schon mit zwölf Jahren ein Designstipendium in der Tasche hatten und seit der Grundschule auf den Laufstegen dieser Welt unterwegs sind. Oder?
Fashion-Fotograf Alex Hutchinson, Stylistin Justine King und Modejournalistin Niamh O´Doherty: Auch wenn man sich viel über Mode informiert, kommen uns Deutschen diese Namen im ersten Moment wahrscheinlich nicht allzu bekannt vor. Tatsächlich aber veröffentlicht Hutchinson seine Bilder in internationalen Modezeitschriften, Niamh O´Doherty arbeitet an einem völlig neuen Onlinekonzept, das Modejournalismus und Shopping verbindet, und Justine King war lange im Styling-Team von Weltstar Rihanna. Im Careers Talk der Dublin City University erzählen sie, wie sie es trotz der namenverschlingenden Fashionbranche geschafft haben, sich eben doch einen Namen und Karriere zu machen. Und wie jeder von uns das auch erreichen kann. Ihre Top sechs Karriere-Tipps!
1. Es ist nie zu spät, anzufangen
Justine King hat nach ihrem Schulabschluss Drama und Soziologie studiert. Für Mode hat sie sich immer interessiert, aber „ich habe nie daran gedacht, in der Modebranche zu arbeiten.“ Nach dem Studium machte sie mehrere Praktika im Bereich Mode-PR, aber den Berufswunsch Stylistin zu werden hatte sie immer noch nicht. „Ich wusste nicht einmal, was ein Stylist so macht.“ Nur durch Zufall sah sie ein Jobangebot, bewarb sich und wurde tatsächlich eingestellt. Vorher hatte sie aus Spaß Freunde gestylt, aber das nie als ernsthaften Berufswunsch gesehen. Eine lange Vorbereitung hatte sie auf ihren Beruf also nicht. Ein paar Jahre später stylte sie Rihanna. Ähnlich ging es Alex Hutchinson: Er arbeitete in einem IT-Unternehmen, „aber ich war so gelangweilt. Dann habe ich einfach aus Spaß gutaussehende Freunde gefragt, ob ich sie fotografieren kann und die Fotos verschickt. Das war viel aufregender als mein langweiliger Job!“ Eine Ausbildung zum Fotografen hat Alex nie gemacht. Heute erscheinen seine Bilder unter anderem in der italienischen Vogue. Nur weil man noch nicht in der Grundschule freiberuflich für Cosmopolitan arbeitet, heißt also nicht, dass man es nie tun wird. Adolf Dassler zum Beispiel gründete Adidas mit 48 Jahren. Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens erzählt sich von selbst.
2. Interessiere dich für das, was du tun willst
„Manchmal kommen Praktikanten zu mir“, erzählt Fashionjournalistin Niamh, „und ich frage sie: `Was liest du zurzeit, welche Zeitschriften und Magazine interessieren dich? ´ und ich bekomme zur Antwort: `Also zurzeit lese ich eigentlich… eher nicht. ‘“ Dabei sei es so einfach: Wer gut schreiben will, müsse ein guter Leser sein. Auch Alex erzählt uns von einer ganzen Reihe von Fotografen, deren Arbeit er sich anschaut um sich inspirieren zu lassen. „Wenn man weiß, was die anderen machen, dann kann man eben anders als die anderen sein und aus der Masse herausstechen“, sagt er. Um Erfolg zu haben, müsse man den Leuten irgendetwas geben, dass sonst niemand bieten kann. „Dann kommen die Leute zurück, denn sie merken: Okay, diese Leistung bekomme ich nirgendwo sonst.“ Aber um sich von der Masse abzuheben, muss man die Masse eben erst einmal kennen. Interesse am Beruf ist die Grundlage. Auch wenn man kein Praktikum im Traumunternehmen bekommt: Die Arbeit des Unternehmens kann man sich trotzdem ansehen und davon lernen.
3. Erfahrung ist alles
„Manchmal sehe ich Shootings von mir an, die ich vor einem Jahr gestylt habe oder am Anfang meiner Karriere und ich hasse es“, gibt Justine zu. Aber Weiterentwicklung ist wichtig. In ihrem Leben hat sie viel ausprobiert, um zu merken, dass das nicht der richtige Weg für sie ist. Nur mit der Zeit findet man heraus, was man wirklich kann und wirklich will. „Dabei kommt es nicht darauf an, dass man seinen Traumberuf nur bekommt, wenn man die passende Ausbildung oder das dazugehörige Studium hat – nicht dass das nicht die richtige Richtung ist“, sagt Justine, „aber Arbeitserfahrung und praktische Weiterentwicklung hilft wahnsinnig weiter. Das hat mir mehr geholfen als mein Studium.“ Ein Rat, den die „Generation Praktikum“ nur allzu gut kennt. Aber Justine meint auch persönliche Erfahrung: Praktika und Hospitanzen macht man schließlich nicht nur für den Lebenslauf, sondern auch dass man persönlich weiter kommt. Und manchmal ergibt sich vielleicht aus einem unscheinbaren Praktikum eine Möglichkeit zur freien Mitarbeit – die erste Stufe auf der Karriereleiter!
4. Plane nie länger als ein Jahr im Voraus
Ein Rat von Niamh O´Doherty: „Manche Menschen haben einen ganz tollen Fünf-Jahres-Plan, an dessen Ende das ultimative Ziel steht. Ich sage euch: Das funktioniert nicht. Und zwar nicht, weil die Schritte nicht funktionieren würden, sondern weil sich innerhalb von fünf Jahren euer Ziel ändern wird.“ Niamh selbst ist jetzt erfolgreich im Fashionjournalismus. Auf ihrer Karriereleiter arbeitete sie aber auch eine Zeit lang für ein irisches Landwirtschaftsmagazin. Und sie hat kein Problem damit: „Man muss sich Zeit lassen. Auch in dieser Zeit habe ich viel gelernt, was mir später geholfen hat.“ Keine Karriere ist geradlinig, manchmal dauert es länger, manchmal geht es über Umwege. „Vielleicht erreicht man nie das Ziel, das man sich am Anfang seiner Karriere vorgenommen hat. Wahrscheinlich ist es so. Aber vielleicht ist das so, weil man nach einem Jahr das ursprüngliche Ziel gar nicht mehr erreichen will. Man kann einfach nicht wissen, was passieren wird. Vieles ergibt sich einfach.“
5. Mach was du willst und kämpfe dafür
Wenn man Leidenschaft für etwas hat, dann schafft man es vielleicht weiter in einer Branche, in der man auf den ersten Blick keine Zukunft hat, als in einem Job, den man sicher bekommt, aber in dem man dann keinen Spaß hat. Vor allem Niamh plädiert dafür, dass junge Leute das tun, was ihnen wirklich Spaß macht. Man darf nur keine Angst davor haben, anders zu sein. Das Anderssein kann dabei sogar helfen. „Wenn es das ist was ihr wollt, dann macht das, lasst euch nicht entmutigen, auch wenn ihr damit anders seid als alle anderen.“ Gerade in einer kreativen Branche ist es sogar wichtig, eine eigene Linie zu entwickeln. „Dran bleiben“, ist der Tipp, den alle drei geben. Dass es einfach wird hat schließlich niemand behauptet. Gerade als Anfänger in einer überlaufenen Branche ist es schwierig, herauszustechen. Viele geben auf. „Aber wenn ihr es wirklich wollt“, sagt Alex, „dann macht weiter.“
6. Du wirst zurückgewiesen werden, aber das ist okay
„Am Anfang habe ich meine Fotos an alle möglichen Zeitschriften geschickt – nach dem Motto: `Hallo, hier bin ich. Bitte mögt mich und veröffentlicht meine Bilder.´ Und oft wollen die Leute deine Bilder eben nicht“, sagt Alex. Das sei am Anfang sehr hart, und da müsse man durch. Heute kann er sich seine Aufträge aussuchen. „Wenn irgendjemand denkt, deine Arbeit ist mies, dann denkt vielleicht jemand anders, du bist Gold wert. Die Leute, die mich früher zurückgewiesen haben, ärgern sich heute ziemlich“, grinst er. Niamh ist seiner Meinung: „Scheitern ist so normal! Das macht einfach jeder einzelne Mensch auf der Welt. Das heißt aber noch lange nicht, dass man das aufgeben soll, was man liebt.“ Geradlinige Karrieren sind heutzutage eher die Ausnahme. Zurückweisung und abgelehnte Bewerbungen sind normal. Das Ziel ist dann eben: Dass genau die Unternehmen sich in zehn Jahren richtig ärgern.
Natürlich ist das hier keine Schritt-für-Schritt-Anleitung, die geradewegs in die Chefetage der Vogue führt. Aber wer beim Lesen der Ratschläge ein bisschen nachdenklich geworden ist, der weiß vielleicht jetzt, dass man das gar nicht braucht. Wir brauchen keinen Fünf-Jahres-Plan, und wenn wir realisieren, dass es normal ist, als Anfänger nicht von jedem geliebt und bewundert zu werden, sind wir schon einen großen Schritt weiter. Denn wenn wir nicht aufgeben, wenn es scheint als würden wir scheitern – vielleicht müssen wir dann irgendwann gar nicht mehr aufgeben.
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