Die wenigsten Beziehungen laufen perfekt und manchmal fragen wir uns zurecht: Warum halten wir noch an etwas fest, was uns sichtlich nicht guttut? Warum ist es so schwer, wenn nicht sogar unmöglich für uns, loszulassen? Die Beweggründe und Gefühle, die dahinterstehen müssen erst verstanden und aufgearbeitet werden, bevor wir bereit sind, uns davon zu befreien.
Toxische Beziehungen folgen oft einem bestimmten Muster, das uns in ihre Fänge treibt und nur schwer wieder entkommen lässt. Zu allem Überfluss ist es nicht einmal so, dass die toxische Person in der Beziehung Schuld ist, sondern dass auch wir nicht unbeteiligt sind. Manchmal senden wir von Vornherein bestimmte Signale aus, die toxische Menschen wie Motten das Licht anziehen. Vielleicht fühlen wir uns schwach, unglücklich, als ein Opfer der Umstände, zu passiv und ziehen damit genau die Menschen an, die uns noch mehr schädigen können.
Viele von uns haben auch als Kinder nicht die perfekte Familie gehabt, die uns als Beispiel für eine eigene gesunde und erfüllende Beziehung als Vorbild dienen könnte. Unser Selbstwert erleidet im Laufe des Lebens genug Rückschläge und je weniger Selbstwert wir haben, desto anfälliger werden wir auch für ungesunde Beziehungen. Denn unsere erste Beziehung ist immer die zu uns selbst.
Intensive Gefühle
Meistens ist genau das das große Aushängeschild einer toxischen Beziehung. ‚Hier erlebst du intensive Gefühle und dein Liebesleben wird fortan eine Achterbahnfahrt!‘ Was hier vielleicht lächerlich und überzogen klingt, ist in Wirklichkeit sehr anziehend für Menschen, die sonst ein wenig spannendes Leben haben. Sie sehnen sich vielleicht danach, diese intensiven Gefühle (hier erstmal egal ob gut oder schlecht) zu erleben, die Spannung zu fühlen und die große Liebe zu erleben.
Das, was sich jedoch hinter dieser Fassade verbirgt, ist viel weniger glorreich und spannend. Meistens sind es Menschen mit einem ungesunden Selbstwertgefühl, einer verzerrten Wahrnehmung und Explosionspotential. Das Erlebnis der Gefühle, die sich zwischen Abgrund und Himmel bewegen sind gerade für Frauen ein Magnet, denn das verbinden wir doch mit Liebe – Intensität, Gefühlsbetontheit und Schwierigkeiten, die das Herz schmerzen, nur um dann wieder in Vereinigung zu enden. Hollywood macht es uns immer wieder vor und wir lechzen förmlich danach.
Der bekannte Weg des geringsten Widerstandes
Vielleicht hast du es schon mal gehört, dass es immer einfacher ist, einen bekannten Weg zu gehen, als neue Wege einzuschlagen. Genauso denkt unser Gehirn darüber und verfrachtet uns kurzerhand in Beziehungen, die denen unserer Eltern nicht mehr gleichen könnten. Hier fühlen wir uns vertraut und zu Hause und das gibt uns eine geheuchelte Sicherheit. Wir leben im Prinzip das nach, was wir schon einmal vorgelebt bekommen haben und wundern uns dann, warum wir nicht glücklich werden können.
Wenn also einer unserer Eltern gewalttätig oder manipulativ gewesen ist, Stellen uns aber niemals die Frage, ob es vielleicht damit zu tun haben könnte, dass Lebensmuster nur Muster sind und wir nicht zwangsläufig in eins von ihnen reinpassen müssen. Wir müssen stattdessen unsere eigene Schablone schneidern, die nur für uns und unseren Partner funktioniert. Und wir dürfen auf keinen Fall von uns selbst auf andere schließen.
Der Selbstwert und seine Folgen
Leider ist es nicht unüblich, dass wir wieder in einer toxischen Beziehung landen, nachdem wir es endlich aus der ersten geschafft haben. Grund dafür ist zum Einen natürlich, dass wir am liebsten bekannte Wege gehen aber auch leider die Anfälligkeit unseres Selbstwertgefühls für Kränkungen. Gerade als Frau bekommen wir überall vermittelt, dass wir alles andere als perfekt sind. Hier ein Fettpölsterchen zu viel, hier eine Kleidergröße zu klein und übrigens, diese Creme macht deine trockene Haut etwas schöner – du brauchst sie unbedingt!
Und überhaupt, wenn wir es uns leisten könnten, würden wir am liebsten gleich mehrere Schönheits-OPs anstreben. Als Frau ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln ist sehr schwer, weil wir von allen Seiten der Kritik ausgesetzt sind, ganz egal, wie wir aussehen oder was wir tun. Genau das macht uns aber auch anfällig dafür, zu glauben, dass wir keine gute Beziehung verdient hätten. Also glauben wir unterbewusst, dass wir es verdienen, zu leiden, dass wir nicht liebenswert seien. Die toxischen Personen wissen diese fehlenden Selbstwertgefühle gut für sich zu nutzen. Sie vermitteln uns gerne, dass wir toll und schön sind, aber nur wenn wir brav nach ihrer Pfeife tanzen.
Die Schuldfrage
Durch gekonnte Manipulation schaffen es Menschen, uns zu vermitteln, nicht wertvoll und schuldig zu sein, an allem, was passiert. Was wir aber nicht merken ist, dass uns Schuldgefühle gefügig und steuerbar machen. Sobald wir diese Bürde auf uns nehmen, können wir niemals unsere Schuld vollkommen sühnen, es wird niemals genug sein in einer toxischen Beziehung.
Leider können wir gerade durch die Schuldgefühle noch weniger für uns selbst und unsere Bedürfnisse einstehen und damit hat der toxische Partner fast freie Verfügungsgewalt über uns und unser Leben. Dazu gehört leider auch, dass der toxische Partner uns soweit manipulieren kann, dass wir unsere eigene Realität und Sichtweise hinterfragen und damit endgültig unseren sicheren Halt im Leben verlieren. Denn: Worauf können wir uns überhaupt noch verlassen, wenn nicht mal mehr auf uns selbst?
Verlustgefühle und die Angst
Im Grunde ist auch das auf das Selbstwertgefühl zurückzuführen, denn wenn wir permanent das Gefühl haben, nicht gut genug oder einfach nicht genug zu sein, leben wir täglich mit der Angst, verlassen zu werden. Scheinbar gibt es ja nichts an uns, was uns liebenswert oder besonders macht, warum also sollte ein Partner bei uns bleiben? Leider treiben uns diese Gedanken (und der toxische Partner, der nicht selten auch stark daran beteiligt ist, unser Selbstwertgefühl zu untergraben) immer tiefer in den Sumpf der Selbstzweifel und der fehlenden Eigenständigkeit.
So finden wir uns eines Tages womöglich total verloren in einem Loch wieder, aus dem wir nur sehr schwer wieder rausfinden können. Ein Partner sollte immer eine Vertrauensperson sein, bei der wir sicher uns geborgen sind. Wenn uns ein Partner diese essentiellen Gefühle nicht vermittelt, dann müssen wir einsehen, dass es vielleicht doch nicht für eine Beziehung reicht.
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