Wer schon einmal in einem Freizeitpark war, kennt das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen. Und das nicht nur in seiner Fantasie, wie bei Büchern, sondern vollkommen spürbar. Mit dem neuen Themengebiet Rookburgh hat das Phantasialand eine solche Welt geschaffen, die ich euch gerne vorstellen und zeigen möchte.
Kohlestaub, der alte Säcke benetzt, rauchige Motoren, die arbeiten, rostige Wände und Böden und eine Achterbahn, die den Rauch des Zeitalters der Industrialisierung durchtrennt und sowohl metaphorisch, als auch wirklich fliegt. Ein Stimmungsbild, wie man es sonst nur noch aus historischen Filmen mit mäßigen Schauspielern kennt.
Ich kneife mich nochmal, denn das Einzige, was mich an die Welt da draußen erinnert, sind die Schülermassen mit ihren Plateau Sneakers und Rucksäcken. Fast schon gruselig, wie viel Stimmung dieser Bereich einfängt, ohne überzogen zu wirken.
So mögen sich wohl viele Menschen gefühlt haben, die im Zuge der Industrialisierung in die wachsenden Großstädte kamen: so bedeutungslos klein, neben den riesigen Maschinen und abgewetzten Wänden, verloren, irgendwo zwischen den Rauchwolken.
Eingekreist von Rohren und Lampen, die leicht flackern. Mit Sicherheit ist all das auch eine großartige Romantisierung eines schwierigen Zeitalters, in dem es neben neuen Möglichkeiten und Erfindungen auch sehr viel Armut, Krankheit und Defizite gab.
Die Thematisierung der Achterbahn
Insgesamt kann man guten Gewissens sagen, dass sich die Achterbahn nahtlos in Rookburgh einfügt: Es ist eine schöne Komposition von Farben und Formen, die gediegen, aber doch vielfältig ist. Die Thematisierung des Wartebereiches scheint jedoch nicht vollkommen ausgeführt und nicht ganz ausgefeilt.
Womöglich ist es auch dem geschuldet, dass das Phantasialand von der Coronakrise betroffen war/ist und die Eröffnung von Rookburgh sehr unvorhersehbar stattfand (Soft Opening), fast schon zweckmäßig, um mit dem Europapark mithalten zu können. Die Ausblicke aus einigen Bereichen des Wartebereichs machen es jedoch wieder wett, denn der Blick auf das Getümmel einer Industriestadt ist wirklich einzigartig.
F.L.Y. – der längste Flying Launch Coaster der WELT
Wie bereits erwähnt ist F.L.Y. die einzige Achterbahn in der Themenwelt Rookburgh; diese Achterbahn wurde von Vekoma für das Phantasialand hergestellt und ist weltweit sowohl einzigartig, als auch der längste Flying Launch Coaster. Die Vorbereitung auf den Flug erfolgt sehr sorgfältig, jeder Passagier bekommt ein Gummiarmband, mit dem eine Kabine geöffnet werden kann, um die Sachen zu verstauen. Nachdem das erledigt ist, geht es zusätzlich noch durch einen Metalldetektor mit anschließender Kontrolle (der hoffentlich gut geleerten) Jackentaschen. Brillen sind auf F.L.Y. nicht erlaubt, außer diese werden mit einem Brillenband festgemacht. Während der Fahrt versteht man auch wieso 😉
Erstaunt war ich persönlich von dem Start: Man setzt sich zu zweit nebeneinander in die Sitze, die nach dem Start sehr sanft und fast schon ästhetisch umgedreht werden, sobald es losgeht. Die erste Beschleunigung hat es irgendwie in sich, denn es ist ein merkwürdiges Gefühl, auf dem Bauch zu fliegen. Dazu sei noch gesagt, dass man durch einen Westenbügel mit Gummi gut festgehalten wird, an den Beinen gibt es noch zusätzliche Sicherungen.
Trotzdem empfand ich die erste Fahrt auf F.L.Y. als sehr unbequem, denn der gesamte Körper war stark angespannt und hat versucht, sich gegen die Schwerkraft und die G-Kraft zu wehren. Die Halterungen an den Waden waren auch eher hinderlich, weil man versucht hat, sich dagegen zu stemmen, um mehr Sicherheit zu gewinnen. Ich konnte das Gefühl nicht loswerden, dass ich nicht sicher angeschnallt war, weil mein ganzes Körpergewicht auf dem Gummibügel lag.
Die Streckenlänge und Fahrgefühl
Die Fahrt auf F.L.Y. dauert gefühlt sehr lange, auf der Uhr sind es ca. 1:47 min, die man durchhalten muss. Wer sich auf hohe Geschwindigkeiten á la Taron gefreut hat, sollte nicht zu viel erwarten, denn F.L.Y. fährt mit einer Geschwindigkeit von ca. 80km/h, was 37 km/h weniger ist als bei Taron. Dennoch macht hier eher das Fahrgefühl und die Neuartigkeit der Technik den Nervenkitzel aus, auf dem Bauch und mit zwei Launches fühlen sich auch die 80km/h relativ schnell an.
Die Streckenlänge ist leider nicht bekannt oder veröffentlicht, wird aber mehr als 1124 Meter betragen (der bisher längste Flying Coaster, der „Flying Dinosaur“ befindet sich in den Universal Studios Japan). Das Fahrgefühl pendelt irgendwo zwischen sehr aufregend und sehr anstrengend. Es kann natürlich auch sein, dass die Anstrengung zum Teil der Maske zuzuschreiben ist, die im Moment noch auf allen Attraktionen getragen werden muss.
Trotzdem ist der gesamte Körper während der Fahrt extrem angespannt und es gibt nur wenige Momente, in denen man zurück in den Sitz gedrückt wird, ansonsten bleibt die Anspannung überwiegend. Andererseits hat dieser Coaster auch sehr viel Abwechslung: es gibt mehrere S-Kurven, Airtime und sogar eine Zero-G-Roll (eine Inversion, bei der der Körper nahezu schwerelos ist).
Ein wenig schade ist es, dass man bei der Fahrt starke Nackenschmerzen riskiert, wenn man die ganze Zeit versucht, nach vorne zu blicken; so bleibt der Blick lieber auf den Boden gerichtet, wo es natürlich auch viel Spannendes aus der Vogelperspektive zu sehen gibt, zudem kann man sich so mehr auf das Fahrgefühl konzentrieren.
Gastronomie und weitere Leckereien
Da das Hotel „Charles Lindbergh“ nur für Hotelgäste zugänglich ist, konzentrieren wir uns hier eher auf die allgemein zugänglichen Bereiche: es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Imbiss, ein Restaurant und einen Süßwarenladen.
In dem Restaurant „Uhrwerk“ gibt es, wie auch in Rutmors Taverne schon, viele Eigenkreationen des Phantasialands, lecker sind die Burger mit natürlichen Pommes und die Poke-Bowls, die mit einer Vielfalt an Geschmacksnoten überraschen, auch eine Auswahl an ungewöhnlichen Biersorten fehlt hier nicht. Preislich gesehen ist dieses Restaurant eher hochpreisiger angesiedelt, ähnlich wie Rutmors Taverne.
Emilies Chocoladen & Candy-Werkstatt hingegen hat alles, was das Naschkatzen-Herz begehrt: viele verschiedene Säulen, gefüllt mit Haribo und eine kleine Chocolaterie, in der man sich inspirieren lassen und eigene Schokoladen-Kreationen kaufen kann. Im Imbiss „Zum Kohleschipper“ gibt es etwas für den kleinen Hunger, viele hochwertige Sandwichsorten und Wraps.
Insgesamt ist Rookburgh mit F.L.Y. eine tolle Themenwelt, die jeder einmal gesehen bzw. gefahren sein sollte, denn wer hat es sich nicht schon mal gewünscht oder erträumt, irgendwann mal wirklich zu fliegen.
Es wird sich noch zeigen, inwieweit sich diese Themenwelt, die im Moment noch unter Berlin/Rookburgh gelistet ist, in das Gesamtbild des Parks einfügen wird. Eine Mosaiktafel mit einem Steampunk-Engel und der Aufschrift „Berlin“ erinnert daran. Für den Moment gleicht der westliche Bereich eher einem Mosaik aus Steampunk, edler Altstadt, Mystery, Wooze Town, Crazy Bats etc., die sich noch nicht so ganz in einen Bereich vorstellen und zusammenfassen lassen.
Nach vier Jahren Bauzeit ist es dem Phantasialand gelungen, mit dem längsten Flying-Launch-Coaster einen weiteren Rekord nach Taron und Raik aufzustellen, was eine beachtliche Leistung ist.
Schreibe einen Kommentar