Familie ist wichtig für Staat und Gesellschaft – dem würden wohl die allermeisten prompt zustimmen. Doch ob sich diese Wichtigkeit auch im Bundeshaushalt, unserer Lebensweise und Prioritäten niederschlägt, ist nach wie vor fraglich. Oder sagen wir besser: da ist noch Luft nach oben. Warum die Familie nicht nur für den Einzelnen so wichtig ist, erfahrt ihr hier mit den neuesten Ergebnissen der INSA Studie zur Familie.
Ich blättere in einer „uralten“ christlichen Zeitschrift „family“, die mir beim Aufräumen begegnete. Datiert auf Dezember 2005. (bitte nicht lachen, ich ging damals noch in die fünfte Klasse, habe sie mir also mit Sicherheit nicht auch noch selbst gekauft…)
Gleich auf den ersten Seiten fallen mir die Leserbriefe ins Auge – ein Artikel der vorletzten Ausgabe scheint wohl einige ziemlich angesprochen zu haben. Titel „Kinder – es gibt nichts Besseres!“ von Dr. Volker Gäckle. Viele nehmen Bezug darauf: eine 5-fache Mutter drückt ihren Frust über die deutsche Familienpolitik aus: Kinder brauchen Zeit, und die könne sie nicht investieren, wenn es hauptsächlich darum gehe, schnell wieder arbeiten zu gehen.
Ein anderer meint, man müsse sich ja „heutzutage“ regelrecht dafür entschuldigen, wenn man sich dazu entscheidet, bei den Kindern zu bleiben. Jemand fragt: „Ist das Ziel der Familienförderung nur noch die Ganztagesbetreuung der Kinder außerhalb des Elternhauses? […] Familienarbeit ist doch kein Faulenzerjob!“
„Interessant“, dachte ich mir, sind doch schon fast zwei Jahrzehnte seit diesen Statements vergangen – und doch könnten sie aktueller nicht sein.
Welchen Stellenwert hat die Familie denn nun in unserer Gesellschaft und was tut der Staat dafür, dass dieses wichtige „Gut“ erhalten wird? Die neue INSA Studie aus dem Jahr 2022 zeigt: Familie ist nicht out, sie gehört immer noch dazu. Und doch hat das alles auch seine Herausforderungen…
Familien tragen mehr Verantwortung
70% aller Befragten stimmen zu, dass Familien im Vergleich zu Singlehaushalten mehr Verantwortung tragen, unter den Teilnehmern der Studie, die selbst Kinder haben, sind es sogar 79%. Ebenso stimmt die große Mehrheit (66%) zu, dass Familien spezielle Bedürfnisse haben, denen begegnet werden sollte.
Mehr als die Hälfte (53%) (PPT, S.72) sagt: die Interessen von Familien werden nicht der deutschen Politik aktuell (eher) nicht genügend berücksichtigt! Wie kann das sein, wenn Familie doch so wichtig ist?
Auch wenn man bedenkt, dass fast drei Viertel der Studienteilnehmer entweder bereits Familie gegründet haben oder dies vorhaben, sollte dieser Punkt nicht außer Acht – und Familien nicht im Stich – gelassen werden.
Ein konkreter Ansatz behandelt die staatliche Förderung von Familienarbeit: 3 von 4 Befragten stimmen zu, dass die Betreuung und Pflege von Familienmitgliedern z. B. mit einem Erziehungsgehalt anerkannt werden sollte. Es ist also kein allgemein schlechtes Stimmungsbild, sondern es gäbe gezielte Anhaltspunkte…
Es geht nicht nur um die Betreuung von Kindern, auch Ältere wollen umsorgt sein!
Dabei geht es nicht nur um Elternzeit und -geld, sondern auch im Hinblick auf die ältere Generation lässt Fragen offen: Wenn Angehörige der wichtigen Arbeit der Pflege nicht nachkommen können, wer tut es dann? Das Problem (finanziell, personell) wird letztendlich doch nur verlagert und belastet wiederum die Familie selbst am stärksten…
Besonders bei einem Anteil von 1/5 an Singlehaushalten in Deutschland fragt man sich: wer soll all diese Menschen pflegen, wenn sie einmal nicht mehr können? Wäre es nicht sinnvoll, Familien dahingehend zu unterstützen, dass sie „Hilfe zur Selbsthilfe“ betreiben können, um Fachkräfte für solche zu reservieren, die tatsächlich niemanden haben?
In diesem Sinne ist die Familie nicht nur selbstgenügsam, sondern auch eine Hilfe für die, die wirklich auf Fremde angewiesen sind!
Was hat sich also in knapp 20 Jahren getan?
Um noch einmal zum Artikel von Dr. Volker Gäckle in der „family“ aus dem Jahr 2005 zurück zu kommen: auch da ging es bereits um genau dieselben Themen, dieselben Fragen, die (junge) Familien umtrieben.
Eigentlich schade, wenn sich (Kinder-)Wunsch und Möglichkeiten manchmal so entgegen stehen… Da ist es dann auch kein Wunder, dass sich and er berühmten „demographischen Glocke“ bisher nur wenig geändert hat… Außer, dass der aktuelle Trend sogar eher Richtung „Urne“ geht, was schlichtweg heißt: eine überalterte und aussterbende Bevölkerung…
Nicht aufgeben
Könnte man jetzt den Eindruck bekommen, es ändere sich ja sowieso nichts, keimt in mir ein Funke Hoffnung: Neugier auf innovativere Ansätze, wenn die bisherigen scheinbar nicht die gewünschte Wirkung zeigen.
Bleibt also zu hoffen, dass der Staat seine Verantwortung z. B. nicht nur darin sieht, mehr Kindertagesstätten zu schaffen, sondern tatsächlich wichtige Meinungsbilder wie die INSA Studie gründlich zu analysieren anhand der Frage: was brauchen Familien in unserem Land wirklich? Denn glückliche Bürger sind zufriedener und bringen viele positive Dinge mit in die ganze Gesellschaft, die der Familie entspringen.
Nina W.
Das ist ein schöner Artikel. Ich lebe mit meiner Frau nun seit zwei Jahren in gleichgeschlechtlicher Ehe und wir wünschen uns nichts mehr, als uns den Kinderwunsch endlich zu erfüllen. Auch da müsste die Politik noch mehr tun. Denn die Familie ist nun mal ein wichtiges Konstrukt, genau wie in diesem Artikel beschrieben.