Der Deal von „Die Höhle der Löwen“ mag für Chris Kaiser von „Click A Tree“ zwar geplatzt sein, doch die Vision bleibt. Unsere Autorin hat mit ihm über nachhaltigen Tourismus, karitativen Kapitalismus und Optimismus in der Klimakrise gesprochen.
„Weltklasse Erfahrung“ und „richtig sensationell“ – so beschreibt Chris Kaiser seine Teilnahme an der Gründer-Show „Die Höhle der Löwen“. Gleich vier Investor:innen boten einen Deal für sein Start-up „Click A Tree“, eine Vermittlungsplattform, die mit verschiedenen Reisebuchungsportalen zusammenarbeitet und für jede Buchung einen Baum pflanzt. Letztendlich investierten Judith Williams und Carsten Maschmeyer gemeinsam 75.000 Euro für 25,1 Prozent Firmenanteile – sogar ohne Gewinnbeteiligung. Doch was genau steckt hinter dem Projekt?
Nachhaltigkeit sei für Chris Kaiser schon in jungen Jahren relevant gewesen. Während er die ersten sechs Jahre seines Lebens in Afrika verbrachte, lernte er schon früh, dass Ressourcen limitiert sind und Gegenstände, die beschädigt sind, wieder repariert werden sollten, bevor sie für etwas Neues weichen. Dass er diese Mentalität mit seinem Beruf kombinieren könnte, realisierte der gelernte Tourismusmanager erst als er 2012 in den Khao Sok Nationalpark in Südthailand gezogen und sich der massiven Entwaldung sowie dem daraus folgenden Lebensraumverlust bewusst geworden ist. So ging die Reise des Start-ups, das mit seinem Konzept bereits über 100.000 Bäume gepflanzt hat, los.
Die Gefahr des Greenwashings
Da das primäre Ziel des Start-ups die Schaffung von Lebensraum für Tiere ist, werden die Bäume überwiegend in den Tropen, wo sich 90 Prozent unserer Biodiversität befindet, angepflanzt. Die Tatsache, dass diese in dieser Klimazone schneller wachsen, spiele auch eine Rolle. Ein besonderer Fokus sei es aber auch, für Arbeitsplätze in den jeweiligen Regionen zu sorgen. „Click A Tree“ besitzt nämlich selbst keine eigenen Flächen, sondern arbeitet mit lokalen Partner:innen zusammen. Diese werden für das Pflanzen und Betreuen der Bäume mit fairen Gehältern bezahlt und erzielen so langfristig einen höheren Gewinn als durch den Anbau von beispielsweise Tabak. So grenzt sich das Start-up von Unternehmen wie Green Resources, denen vorgeworfen wird, für ihre Aufforstungsprojekte Kleinbauern das Land wegzunehmen, ab.
Die Gefahr, dass Partnerunternehmen wie Expedia.de durch das Nutzen seines Angebots ebenfalls Greenwashing betreiben könnten, ist ihm bewusst. Er betrachtet dies allerdings aus einer relativ positiven Perspektive. Sein Start-up öffne die Tür zu den jeweiligen Unternehmen und motiviere diese wiederum zu mehr Nachhaltigkeit, wenn sie sehen, dass dieses Kriterium ein wichtiges Anliegen bei Kund:innen ist. Seine Meinung ändert sich dennoch, wenn es darum geht den persönlichen CO2-Abdruck mit dem Pflanzen von Bäumen zu kompensieren. Diese Rechnung gehe nicht auf. Um zu vermeiden, dass Partner:innen damit werben, stellt „Click A Tree“ auf der Webseite keine Zahlen zur Bindung von CO2 oder dergleichen zur Verfügung. Nichtsdestotrotz sind Tourismus und Nachhaltigkeit für Chris Kaiser definitiv vereinbar.
„Karitalismus” als neue Form des Wirtschaftens?
Im Vordergrund soll laut Kaiser jederzeit die Frage stehen: „Muss diese Reise wirklich sein?“. Wenn dies der Fall ist, sei es von Bedeutung, diese Reise bewusster zu gestalten. Konkret bedeutet das unter anderem weniger in das Flugzeug zu steigen und über innereuropäische Reisen mit der Bahn nachzudenken. Doch nicht nur die Mobilität spiele dabei eine Rolle, sondern auch der Aufenthalt vor Ort. Wie kann ich lokale Gemeinschaften unterstützen? Ist es mir vor Ort möglich, nachhaltige Fortbewegungsmöglichkeiten zu nutzen? Ein Umdenken in der Tourismusbranche sei notwendig, vor allem auch da viele Orte von diesem Wirtschaftszweig abhängig sind.
Das Mitdenken von Nachhaltigkeit sei aber nicht nur in der Tourismusbranche relevant. Fast alles an Kommerz und Kapitalismus sei mit nachhaltigen Aspekten vereinbar. Die Kunst gemeinnützige Arbeit mit einem kapitalistischen System zu kombinieren, bezeichnet Chris Kaiser als „Karitalismus“ (Verbindung aus Karitativ und Kapitalismus) und erinnert damit an das Konzept der „Gemeinwohl-Ökonomie von Christian Felber. Dieses zielt ebenfalls darauf ab, das Wirtschaftssystem mit dessen Profiten auf das Allgemeinwohl auszurichten.
Optimismus trotz geplatzten Deal
Trotz allem ist der Deal mit Judith Williams und Carsten Maschmeyer nach der Sendung, die im Januar 2020 aufgezeichnet worden ist, geplatzt. Williams und Maschmeyer gaben in einem Statement auf Twitter bekannt, dass Schwächen im System wie fehlende Gütesiegel, Belege und Qualitätsnachweise dafür gesorgt haben. Chris Kaiser ergänzt, dass die Corona-Pandemie, welche die Tourismusbranche auf unbegrenzte Zeit lahmgelegt hat, die Investition in ein Tourismus-Start-up wenig profitabel machte. Kontakt herrsche zwischen den Parteien immer noch. Auch die Vision einer besseren Welt bleibt bestehen. Wie geht es nun weiter?
Was die Entwicklung von „Click A Tree“ betrifft, erhofft er sich ein positives und schnelles Wachstum. Die Dringlichkeit der Klimakrise erfordere immerhin zügiges Handeln. Dennoch plant Chris Kaiser nicht, die Welt komplett alleine zu retten. Er erhofft sich, mit seinem Start-up weitere Menschen zu inspirieren und so einen Schneeballeffekt hervorzurufen. Dabei plädiert er dafür, die Hoffnung und den Optimismus trotz aller negativen Nachrichten rund um unseren Planeten nicht zu verlieren. „Wenn wir alle zusammenhalten, dann funktioniert es vielleicht auch!“, sagt er und ermutigt alle, damit anzufangen, ihre Ideen umzusetzen. “Denn auch, wenn ich nur einen Baum gepflanzt habe, habe ich mehr gemacht, als wenn ich keinen Baum gepflanzt habe. Perfekt sein, wird es sowieso nie.”
Schreibe einen Kommentar