Viele von uns haben ein gutes Gefühl dafür, was uns innerlich quält. Andere geben alles dafür, zu verdrängen. Wir leben in einer Zeit der zahlreichen Möglichkeiten, aber genau das wird manchmal zum Problem. Wenn wir vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen und uns nur noch in die Ablenkung stürzen.
Mancher ist ein Workaholic, der/die andere muss immer das neueste Smartphone haben und andere müssen zum Globetrotter werden – und natürlich muss sich jeder dieser drei damit profilieren. Was auf den ersten Blick so unterschiedlich und paradox klingt, ist in Wirklichkeit eine Gemeinsamkeit, die diese drei Dinge haben. All das ist immer eine Flucht vor sich selbst, ein Wunsch, sich selbst und sein Selbstwertgefühl aufzupolieren, ohne den wahren Grund zu erkennen. Nein, es geht nicht um Generalisierung, dennoch sind die krankhaften Züge oft unübersehbar. Jeder flieht auf seine eigene Art und Weise vor sich selbst und jeder hat auch seine individuellen Gründe dazu. Doch die Flucht ist fast immer dieselbe.
Die ewige Sehnsucht nach Neuanfang und Sensation
Wir sind unglaublich gut darin, unsere Unzufriedenheit auf äußere Umstände zu schieben. Regnet es draußen, kann das der Grund für unsere schlechte Laune sein. Und am Streit sind auch oft die zu kleine Wohnung oder der schlechtgelaunte Partner schuld. Oft glauben wir sogar, dass uns neue Lebensumstände und ein Tapetenwechsel gänzlich verändern und wir damit einen Neuanfang starten können. Denn haben wir erstmal die neue Wohnung oder den neuen Partner, wird alles besser!
Falsch gedacht! Denn ganz egal, was wir auch verändern, erneuern oder uns kaufen, wohin wir auch verreisen, es wird nie das wahre Loch stopfen, an dem wir täglich scheitern: uns selbst. Der ewige Quell unserer Unzufriedenheit sind oft nicht die äußeren Umstände oder Menschen, es sind immer nur wir selbst, die dafür verantwortlich gemacht werden können.
Selbstflucht funktioniert nur kurz
Natürlich ist der Alltag nicht immer spannend, oft sind es Routinen und langweilige Tätigkeiten, mit denen wir uns rumschlagen müssen. Es erwartet auch niemand, dass du vor Begeisterung ausrastest, wenn du einen Geschirrspüler einräumen darfst. Aber all das sind Teile unseres Lebens, sie sind Bestandteile, die wir meistern müssen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann uns all das ‚Neue‘ wieder alt erscheint und wann wir zum nächsten Ort oder der nächsten Beziehung flüchten. Wann wir wieder nach der nächsten Sehnsucht greifen.
Auch das Spannende wird irgendwann weniger spannend werden, wenn nicht sogar langweilig. Und ganz egal, wo auf der Welt wir uns gerade befinden, wir haben immer nur uns selbst dabei. Am Ende stehen wir immer wieder vor uns selbst und sind doch ratlos. Warum sind wir unzufrieden und was fehlt uns überhaupt? Irgendwann wird auch die Abwechslung nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass wir uns nicht verändert haben.
Oft dauert es eine lange Zeit und vor allem eine lange Strecke des Weglaufens, bis wir endlich begreifen: Veränderung beginnt nicht mit Flucht, sondern immer bei uns selbst und beim Blick in den Spiegel.
Warum das alles?
Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Schmerz oder fehlendes Selbstbewusstsein einer der Gründe für unsere Unzufriedenheit sind. Indem wir weglaufen, verschwenden wir in Wirklichkeit nur wertvolle Zeit, in der wir eigentlich uns selbst heilen könnten, denn tiefgreifende Unzufriedenheit wird nie von alleine besser. Sie verändert sich nur, passt sich an und wird mit den Jahren immer pochender.
Sie führt zu Rat- und Rastlosigkeit, denn sie ist immer bei uns im Gepäck, egal, wohin wir verreisen. Dafür müssen wir aber erkennen, was unser konkreter Grund und unsere wirklichen Ziele sind. Beides sind kolossale Fragen, deren Beantwortung uns oft schwerfällt. Deswegen erscheint uns oft die Flucht und Verdrängung leichter, als die Beantwortung.
Neue Wege Richtung Selbst
Es kann sehr viel Energie kosten, sich das alles einzugestehen und endlich neue Wege einzuschlagen. Den Weg zu sich selbst zu finden und sich selbst kennenzulernen. Und das aufzuarbeiten, was dich in Wirklichkeit rastlos und unzufrieden macht. Wenn du dir selbst kein Lächeln ins Gesicht zaubern kannst, dann wird es auch kein anderen für dich tun können. Genauso verhält es sich mit der Selbstliebe, die so vielen von uns fehlt und an der wir dringend arbeiten müssten. Es liegt in deiner Verantwortung, all das anzustoßen und zu verändern, also nimm diese Möglichkeit endlich als solche wahr.
Vielleicht sind es auch essentielle Sinnfragen, vor denen du die Flucht ergreifst. Auch das ist keine Schande, denn wenn wir ehrlich sind, haben nur sehr wenige Menschen so viel Vertrauen, dass sie immer und jederzeit an das Gute glauben. Unsere Welt kann manchmal beängstigend sein, mit all den Herausforderungen, dem Alltag, den Pflichten und natürlich auch den Ängsten, denen wir uns täglich stellen müssen. Zukunftsängste sind nochmal gesondert zu betrachten, da sie durch die Ungewissheit eine schlimmere Wirkung entfalten können. Wenn genau das deine Sorgen sind, solltest du dir vor Augen führen, dass ganz egal, was in deinem Leben passieren wird, du damit klarkommen kannst. Die Angst vor etwas ist immer schlimmer, als das Ereignis selbst.
Dein Hoffnungsschimmer
Sobald du jedoch dich selbst, deine Wünsche und Ziele entdeckst, wird deine Unsicherheit und Unzufriedenheit schrumpfen. Sie wird kleiner werden mit jedem Tag. Und auch die Ängste, die du empfindest, werden nicht mehr so präsent sein, weil du dich viel mehr mit dir und deinem Potential beschäftigst. Und nein, dafür musst du keinen Selbstfindungskurs in Afrika machen, das schaffst du auch allein, wenn du es möchtest und dir dieses Ziel setzt. Wenn du jeden Tag an deinen wirklichen Zielen arbeitest und das Gefühl hast, weiterzukommen. Wenn es dein Ziel ist, prägende Erlebnisse aufzuarbeiten, kannst du dich dem endlich stellen und dich von der Last befreien.
Wenn es neue und bessere Beziehungen sind, dann kannst du auch das angehen. Natürlich wird nicht alles mit deiner inneren Veränderung mithalten können. Vielleicht wirst du Menschen loslassen müssen, vielleicht werden sich die Umstände verändern. Aber denke immer daran, dass die Veränderung immer zu uns kommt, wenn wir dafür bereit sind, nicht früher und auch nicht später.
tom
wie wahr