Das Leid von Father Anselmo, der Opfer eines Säureattentates auf Sansibar wurde (f1rstlife hat mehrfach berichtet), hat die f1rstlife-Leser bewegt. Eigentlich wollte er jetzt im März zurück nach Sansibar, erneute Morddrohungen gegen die Priester vor Ort haben seine mutigen Pläne aber auf eine harte Probe gestellt. Es zeigt: Die weltweite Christenverfolgung erreicht immer brutalere Dimensionen und ein Ende ist nicht abzusehen.
Zuletzt klagte Papst Franziskus, das Ausmaß der Christenverfolgung sei nicht mehr tolerabel und hat die internationale Politik in die Pflicht genommen. Die weltweite Staatengemeinschaft hat sich schließlich den Schutz von ethischen Gruppen vor Verfolgung, Vertreibung und Völkermord als Verantwortung auf die Fahnen geschrieben – gegen ISIS und kommunistische Diktaturen scheint sie jedoch handlungsunfähig und versagt.
Christenverfolgung ist ein weltweites Problem
OpenDoors, ein Hilfswerk für die verfolgten Christen, veranschaulicht jedes Jahr in seinem Weltverfolgungsindex die Situation der Christen – Nordkorea, Somalia, Irak und Syrien führen diese traurige Wertung an. Besonders Nordafrika, Arabien und Asien, Länder mit einer kommunistischen oder islamistischen Herrschaft, weisen Verfolgung der zumeist christlichen Minderheit auf verschiedene Art und Weise an: Politische Diskriminierung durch Gesetze, Behinderung oder Verbot der freien Religionsausübung, bis hier zur offensiven Verfolgung und der angestrebten Ausrottung des Christentums.
Auch ein Thema in Deutschland?
Sicherlich finden sich auch in Deutschland Diskriminierungen gegenüber Christen und um die volle Freiheit in der Religionsausübung muss in unserem Land immer wieder gerungen werden. Eine Perspektive, die jedoch besonders dringend in den Blick genommen werden muss, ist das Verhältnis Deutschlands zu Ländern, welche Menschenrechte und Religionsfreiheit bewusst mit Füßen treten. Dass Deutschland mit Ländern wie Saudi-Arabien (Platz 12 des Verfolgungsindex) Waffengeschäfte betreibt oder Vertreter aus Politik und Wirtschaft dort zum fröhlichen Shakehands aufschlagen, ist schlichtweg ein Skandal. Nationaler Wohlstand kann nicht aus Geschäften mit Ländern erwirtschaftet werden, die von unseren Wertevorstellungen derzeit untolerierbar weit entfernt sind. Deutschland würde es gut stehen, wenn es – geprägt durch seine eigene Geschichte – international eine Vorreiterrolle in der bewussten Missbilligung jeglicher religiöser Diskriminierung und Verfolgung einnehmen würde und nicht vor entsprechenden Konsequenzen auf diplomatischer und wirtschaftlicher Ebene zurückschreckt.
Der Versuch einer unbeachteten theologischen Perspektive
Theologisch könnte versucht werden, Leid zu deuten, ein tröstendes Wort in der Bibel zu finden, auf Jesus Christus, der selbst Opfer einer Verfolgung geworden ist hinzuweisen oder vom hl. Stephanus, der als erster christlicher Märtyrer gilt, zu sprechen. Sicher hat dies alles seine Berechtigung. Eine andere theologische Perspektive soll aber zusätzlich in den Blick genommen werden: Sie fällt auf einen Mann, der ein strenges Gesetz zu seinem persönlichen Ideal machte und sich so radikalisierte. Ein Mann, der voller Tatendrang Christen verfolgte und verurteilte. Bei der Hinrichtung des Stephanus war er anwesend (vgl. Apg 7,58), hat vielleicht sogar selbst einen Stein geworfen. Getrieben von seinem Hass auf die Christen will er die Verfolgung weiter ausdehnen, seine Radikalität kennt keine Grenzen. Sein Ziel: Christenverfolgung auch in Damaskus. Doch dann kommt alles anders: Er wird von einem Licht getroffen, fällt vom Pferd und hört den Ruf Christi, dessen Anhänger und Gläubige er zuvor noch verfolgt hat. Aus dem brutalen Saulus wird einer der ersten und der bedeutendsten Theologen. Sein Wirken ist nicht mehr die blutige Verfolgung, sondern die Verkündigung der Friedensbotschaft. Aus Saulus wird Paulus. Wäre das nicht auch den Kim Jong-Uns, Jihadi Johns und al-Baghdadis dieser Welt zu wünschen?
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dolfibär
In wessen Namen war Paulus als Verfolger der Anhänger Jesu unterwegs? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er in eigenem Namen zu Gange war. Waren seine Auftraggeber evtl. die Hohepriester des Jarusalemer Tempels oder waren es sogar die Römer selber, die ihm, da er ja auch ein “Römer” war, den Befehl oder zumindest die Genehmigung gaben die frühen “Christen” zu verfolgen und töten zu lassen? Welche Macht hatte jener, da doch angeblich das Recht des Todesurteils bei den Römern lag. Wäre dies nicht so gewesen hätten die Juden Jesus doch auch steinigen können. Da gings plötzlich nicht, da mußte erst der römische Staat eigestaltet werden. Stefanus wurde dann aber wieder duch die Juden gesteinigt.
ulla
Jesus und Paulus gehörten zu verschiedenen rabbinischen Schulen. Paulus – das war sein römischer Name, jüdisch hieß er Saul: “vom Saulue zum Paulus” ist insofern einfach falsch – ist der rabbinischen Schule des Gamaliel zuzuordnen, die das “Gesetz” sehr streng auslegte und einen sehr asketischen Lebensstil pflegte. Nicht nur die kleine jüdische Splittergruppe der Jesus-Anhänger war ihnen ein Dorn im Auge. Nach seiner Berufungserfahrung vor Damaskus (wo bitte steht, dass er vom Pferd gefallen ist? “Er stürzte zu Boden”, sagt die Bibel) wird er Jesus-Anhänger. Mit der gleichen Radikalität, mit der er vorher die Einhaltung der Gesetzesvorschriften zu erzwingen versuchte und die Jesus-Anhänger und andere “laue” Juden verfolgte, wirft er nun das “Gesetz” über Bord, von dem Jesus sagte, er sei nicht gekommen, auch nur ein Jota davon aufzuheben. Durch die Aktivitäten des Paulus löste sich die Schar der Jesus-Anhänger aus dem Judentum, und die Geschichte des Christentums als eigenständiger Religion beginnt (Apostel-Konzil zu Jerusalem).
Insofern sollte man eigentlich Paulus als den Gründer des Christentums benennen, nicht Jesus, der – bis zum letzten Atemzug gläubiger Jude – seine Religion reformieren und für die Welt öffnen, nicht aber eine neue gründen wollte.