Einige junge Paare ziehen zusammen, andere trauen sich nicht. Das Zusammenziehen von Partnern scheint ein großer Schritt zu sein, vor dem viele Angst haben. Muss man aber nicht, findet unsere Autorin.
In einer Woche ist es soweit, ich ziehe mit meinem Freund zusammen. Nach einem Jahr Fernbeziehung. „Ihr seid ja verrückt, ihr macht eure Beziehung kaputt“, sagen die einen. Die anderen schreien: „Toll, endlich, dann werdet ihr ja wirklich zusammenbleiben.“ Jeder scheint dazu etwas zu sagen zu haben. Die Reaktionen haben mich zum Nachdenken gebracht.
Warum haben wir Angst?
Viele von uns haben Angst davor, die Entscheidung zu treffen, mit einer anderen Person, besonders, wenn es sich um den Partner oder die Partnerin handelt, zusammenzuziehen. Der Angst liegt ein einfacher Gedanke zugrunde: „Es könnte ja alles kaputt gehen.“ Entweder durch zu viel Streit, durch die tägliche Routine, dadurch, dass man sich „entzaubert.“ Ich denke, vor Streit und Routine darf man keine Angst haben. Mit meinen Mitbewohnern habe ich auch eine Routine und ich streite auch mal mit ihnen, aber sie sind trotzdem meine Freunde.
Wer sich dazu entscheidet, zusammenzuleben, muss sich der „Risiken“ bewusst sein. Wenn man Angst davor hat, zu sehr in einem „langweiligen“ Alltag zu versinken, in dem die Erinnerung an die erste Verliebtheit und die wilde, ausgelassene Zeit langsam verblasst, sollte sich einfach anstrengen, ab und zu aus dem Alltag auszubrechen.
Nichts muss für immer sein
Neben die Angst, vor dem Partner zu versagen, langweilig, alltäglich oder einfach unsexy zu sein, gesellt sich eine andere Angst: Die Angst, gesellschaftlichen Normen nicht zu entsprechen – vorausgesetzt, das Zusammenleben geht schief und man muss sich trennen. Das ist in der Vergangenheit vielen passiert und das wird auch in Zukunft passieren. Das ist kein Verbrechen. Viel schlimmer ist, dass wir Angst davor haben, aus dem Muster zu fallen. Aber wen kümmert es denn, ob ein Pärchen, das sich trennt, vorher zusammengelebt hat, oder nicht? Jeder hat ein Recht auf Privatsphäre, das Freunde und Bekannte aber oftmals (bestimmt nicht böswillig) missachten. Mein Leben ist aber mein Leben und meine Entscheidungen treffe ich selbst bzw. in diesem Fall gemeinsam mit meinem Partner. Schließlich müssen wir beide ja zusammenleben und uns darüber einig sein.
Eine räumliche Trennung muss nicht das Ende der Beziehung sein
Manchmal trennen sich Paare, weil das Zusammenleben nicht klappt, sie sich zerstreiten und nichts mehr voneinander wissen wollen. Es gibt aber auch Paare, denen es einfach besser geht, wenn jeder für sich lebt. Um das zu verstehen, muss man aber zunächst die Erfahrung des Zusammenlebens machen. Weder ist es ein Weltwunder, wenn Paare, die zusammengelebt haben, sich räumlich trennen und trotzdem zusammenbleiben, noch ist es unnormal. Denn in der Liebe gibt es keine Norm.
Mach, was dir gefällt
Jeder sollte frei in der Entscheidung sein, wie er leben möchte. Die Entscheidung, mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenzuleben, bedeutet nicht, dass man für immer zusammenbleiben und heiraten muss. Es bedeutet vielmehr, sich seinen absoluten Lieblingsmenschen in die gleiche Wohnung zu holen und den Alltag, aber auch Abenteuer miteinander zu teilen. Mit meinen Mitbewohnern gehe ich ja auch feiern und mache die Nächte zum Tag, ich finde nicht, dass das mit dem Partner anders sein muss.
Ohnehin wäre es sinnvoll, den Partner oder die Partnerin mit dem gleichen Respekt zu behandeln, den wir Mitbewohnern entgegenbringen. Wenn die gleichen Regeln gelten wie unter guten Mitbewohnern (mit dem Unterschied, dass man sich das Bett teilen darf), kann doch gar nicht viel schief gehen. So entgeht man auch der Gefahr, dass man sich nicht mehr wie zwei Individuen, sondern nur noch wie ein Pärchen fühlt. Jeder braucht seine Freiräume, sein Selbst, seine ganz eigenständige Existenz. Nur dann ist auch eine Existenz als glückliches Pärchen möglich.
Ein Schritt nach vorn
Es ist alles eine Sache des Willens und der eigenen Einstellung. Unser Leben verändert sich stetig, besonders, wenn wir noch jung sind. Verschiedene Lebensphasen können auch unterschiedliche Wohnsituationen erfordern. Ich sehe das Zusammenleben mit einem Partner oder einer Partnerin als einen „Wohnungssituationsabschnitt“, wie lange er dauern wird – keine Ahnung. Nicht alles, was wir tun, muss planbar und unwiderruflich sein. Jeder von uns sollte den Mut haben dürfen, seine Pläne auch einmal zu ändern – je nach dem, was das eigene Leben und die Lebensumstände von uns verlangen.
Ich bin übrigens auch ein bisschen nervös. Nicht, weil ich Angst vor dem Alltag habe oder mir Trennungsszenarien ausmale. Sondern weil ich mich freue. Ein bisschen fühle ich mich wie vor der Einschulung: Es kommt etwas Neues, das mich einen Schritt weiterbringt. Statt meiner Schultüte habe ich dann bald einen neuen Wohnungsschlüssel in der Hand.
Bindungsangst
Hallo, die Website gefällt mir richtig gut. Vor allem das Thema Angst vor dem Zusammenziehen: Warum wir entspannt bleiben können, finde ich wirklich großartig!
Danke dafür und liebe Grüße.
Klugsheiza
*Neben die Angst”, es heisst “neben der Angst”, man sagt auch nicht, ich stehe neben die Tür.