Die deutsche Universitätslandschaft wird immer mehr auch von privaten Universitäten geprägt, die nach amerikanischem Vorbild der Ivy League gegründet wurden. Doch wie viel haben diese mit ihren amerikanischen Pendants gemeinsam? Sind private Hochschulen wie Bucerius, WHU und EBS das deutsche Yale, Harvard und Dartmouth?

Wer von der ‚Ivy League‘ spricht, der bezieht sich auf eine Gruppe von acht amerikanischen Elite-Universitäten, die bekannt sind durch ihren hohen akademischen Standard, ihre harten Auswahlkriterien, vor allem aber durch ihre Exklusivität. Denn da die Studiengebühren in den Zehntausendern liegen, kommen die meisten der Studenten aus einem Elternhaus, welches der Oberschicht angehört. Außer dass Yale, Harvard, Dartmouth und co. Schauplätze von Hollywoodfilmen und mittlerweile sogar beliebte Touristenattraktionen sind, haben sie noch etwas anderes gemeinsam – sie sind allesamt Privatuniversitäten.
Auch in Deutschland werden neben den herkömmlichen staatlichen immer mehr private Universitäten gegründet. Natürlich gibt es auch bei Privatuniversitäten Qualitätsunterschiede, doch passenderweise besetzen in Deutschland, wie in der Ive League, genau acht Privatuniversitäten die führenden Ränge in nationalen als auch internationalen Hochschulrankings. Besonders gute Bewertungen haben die Bucerius Law School aus Hamburg, die WHU-Otto Beisheim School of Management aus Vallendar und die EBS Universität für Wirtschaft und Recht bekommen. Doch können diese deutschen Privatunis mit der prestigeträchtigen Ivy League mithalten? In wie weit verkörpern Studenten dieser Universitäten die Ivy League- Mentalität von Exklusivitäts- und Elitedenken? Bedeutet diese Entwicklung, dass wir auf dem Weg in ein Zweiklassenbildungssystem sind, in welchem das Bankkonto der Eltern darüber entscheidet, ob wir Top-Manager oder Angestellter werden?
Money matters
Denn wer auf eine Privatuniversität gehen möchte, muss sich von vornherein darüber im Klaren sein, eine hohe Summe von Studiengebühren zu bezahlen. Diese sind abhängig von der Hochschule und dem Studiengang und liegen zwischen 3.000 und 20.000 Euro pro Jahr. An den Ivy League Unis ist der Betrag noch einmal ein Stück weit höher und beläuft sich jährlich auf durchschnittlich 30.000 Euro. Dies sind Beträge, die sich nur äußerst wenige Familien leisten können. Daher werden für das Studium an den amerikanischen als auch den deutschen Privatunis Stipendien und finanzielle Unterstützungen angeboten. Während in der Ivy League jedoch etwa die Hälfte der Studenten bezuschusst wird oder ein Darlehen erhält, werden an deutschen Privatunis nur etwa 20 Prozent finanziell gefördert. Mehr als wahrscheinlich also, dass einem die Vorurteile über Studenten von Privatuniversitäten auf dem Campus bestätigt werden und man Jungs in Poloshirts und Mädchen mit Designertaschen antrifft.
Selektivität im Auswahlverfahren
Doch das nötige Kleingeld ist nicht der einzige Faktor, der darüber entscheidet, ob man eine Zulassung erhält oder nicht. Die Ivy League ist bekannt dafür, besonders selektive und schwierige Aufnahmeverfahren zu haben. Von den etwa 30.000 Bewerbern pro Jahr an einer der Ivy League-Unis, werden durchschnittlich 90 Prozent abgewiesen. Von den Bewerbern wird erwartet Bestnoten in allen Fächern und speziellen Tests erzielen, ein Bewerbungsessay und Empfehlungsschreiben vorzulegen und außerdem sozial und außerschulisch in hohem Maße engagiert zu sein.
Auch die meisten deutschen Privatunis haben ein mehrteiliges Auswahlverfahren, dazu gehören persönliche Auswahlgespräche, Motivationsschreiben und Tests, die Allgemeinwissen, Fachwissen und soziale Kompetenzen prüfen sollen. Dies soll sicherstellen, dass die Privatunis sich die Studenten aussuchen, die sie haben wollen. Im Vergleich zu staatlichen Unis, ist die Gesamtzahl der Studenten auf Privatunis sehr klein und liegt zwischen 500 und 1500, daher werden jedes Jahr nur wenige neue Studenten zugelassen. Die Bewerberanzahl variiert je nach Studiengang. So ist etwa bei Medizin der Andrang besonders hoch, die Chance angenommen zu werden lag im Jahr 2011 bei unter fünf Prozent an der Privatuni Witten/Herdecke und die Bewerberzahlen steigen jährlich weiter an.
Top Ausstattung, Sponsoren & Alumni-Netzwerk
Wenn man diese Hürden überstanden hat, dann kommt man in den Genuss der Privilegien, mit denen die Privatuniversitäten glanzvoll für sich werben. Überfüllte Hörsäle gibt es nicht, stattdessen lernt man in Kleingruppen mit engem Kontakt zum Professor, die Bibliotheken sind modern ausgestattet und haben auch in der Klausurphase genug Plätze, das Unigeländer ist entweder zentral oder idyllisch gelegen. Außerdem profitiert man von der meist zweisprachigen und praxisorientierten Ausrichtung der Uni, den hochkarätigen Partneruniversitäten, unten ihnen zum Beispiel einige der Ivy League Unis, und vor allem dem Alumni-Netzwerk, welches den Berufseinstieg enorm erleichtert soll und hohe Einstiegsgehälter verspricht. Die Unis an der Nordküste Amerikas weisen ähnliche Bedingungen auf, aber erhalten zusätzlich noch Beträge in Millionenhöhe für Forschung. Damit können die deutschen Privatunis (noch) nicht mithalten, allerdings werden viele von Top-Sponsoren unterstützt.
Teil eines exklusiven Elite-Clubs sein
Vergleicht man die Studienbedingungen in Deutschland von privaten mit denen von staatlichen Universitäten, so klafft eine große Lücke auf. In den USA ist der Unterschied noch gravierender. Denn mit der Ivy League verbindet man auch die Mentalität Teil eines exklusiven Clubs zu sein, dem nur die Elite angehört. Dieses Denken wird untermauert durch die vielen Nobelpreisgewinner und Größen aus der Wirtschaft und Politik, die einen Abschluss von einer Ivy League-Uni haben, so sind etwa die letzten vier amerikanischen Präsidenten alle Ivy League-Absolventen. Die USA sind bekannterweise ein Land der Extreme, mit einer weiten Schere zwischen Arm und Reich.
Doch mit der Gründung von mehr und mehr privaten Universitäten kommt auch Deutschland der Spaltung der Gesellschaft in zwei Bildungsklassen immer näher. Denn man sollte nicht vergessen, dass der ausschlaggebende Faktor für einen Studienplatz an einer dieser Elite-Unis nach wie vor die eigenen finanziellen Mittel sind. Ob in den Privatunis wirklich die intellektuelle Elite sitzt ist daher fragwürdig. Und diese Entwicklung ist alles andere als wünschenswert in einer Gesellschaft in der das Prinzip der Chancengleichheit immer wieder betont wird. Daher sollte der Staat der engen Vernetzung von Privatunis mit Unternehmen gegensteuern. Doch vor allem sollte mehr in staatliche Unis investiert werden, um die Studienbedingungen zu verbessern und ein Studium dort attraktiver zu machen. Denn mithalten können staatliche Universitäten mit den schillernden Privatuniversitäten im Moment nicht mehr. Noch kann man zwar nicht von einer ‚deutschen Ivy League‘ sprechen, doch der Weg dahin ist nicht mehr allzu weit.
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