Sono italiana – Ich bin Italienerin. Das war mein Motto, nachdem ich ab meiner dritten Woche in Italien ganz auf mich alleine gestellt war. Zumindest sollte es mein Motto werden. Erst in einem Monat sollten meine Eltern wiederkommen, um mir mit meinem Umzug nach Forlì zu helfen. Was ich in der Zeit alles erlebt habe und vor allem Neues über die italienische Kultur gelernt habe, erfahrt ihr in diesem Bericht.

“Chiuso per ferie”
Schon bei meiner Ankunft in der Po-Ebene stellte ich fest, dass das Wetter sehr drückend und unsagbar schwül ist. Bereits um neun Uhr morgens, als ich zu meinem Sprachkurs aufbrach, hatte es bestimmt 25 Grad. Während des Unterrichts konnte niemand die Zeit, selbst die Italiener nicht, ohne Klimaanlage überstehen.
Die meisten Italiener machen allerdings im Juli und August Ferien und fahren ans Meer, wo es in dieser Jahreszeit angenehmer ist. Daher waren die meisten Geschäfte, Restaurants, ebenso Museen und selbst Tankstellen geschlossen. “Chiuso per ferie”. Zu Deutsch: Geschlossen wegen Urlaub. Eine kleine Abwechslung boten Schilder mit der Aufschrift: Chiuso per Expo.
Geschlossen wegen der Expo – der Weltausstellung, die in diesem Jahr in Mailand stattfand. Die Urlaubsbräune der Italiener, die wohl schon aus ihrem Urlaub zurückgekommen waren, war auch nicht zu übersehen. Die Leere der Stadt war für mich ziemlich frustrierend, da ich in Bologna war und die Stadt und das Leben dort näher kennenlernen wollte. Dennoch habe ich in der größten Mittagshitze mit meinem Rad die Arkadengänge und die Altstadt erkundet. Meist wirkte die Stadt wie ausgestorben. Trotzdem entdeckte ich viel Neues und kam sogar mit Einheimischen ins Gespräch. Trotz “chiuso per ferie” fand ich auch schnell mein Lieblingsrestaurant und meine Lieblings-Osteria in der Nähe der Schule.
Unglaubliche Hilfsbereitschaft
Was mich bis heute sehr freut und beeindruckt, ist die italienische Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft. Signore Danielle, der Mitarbeiter vom Zeltplatz, organisierte extra für mich ein privates Taxiunternehmen, welches mich kostengünstiger jeden Tag zur Sprachschule bringen sollte als die öffentlichen Taxis. Dies funktionierte hervorragend. Zudem stand er mir immer, wenn ich Hilfe brauchte mit Rat zur Seite – zum Beispiel als aus meiner Brille eine Schraube herausgesprungen war. Herr Danielle brachte sie für mich zum Optiker und wollte mein Geld zum Dank und für die Spritkosten nicht annehmen. Außerdem half er mir dabei, auch ohne den sogenannten “Codice fiscale”, den italienischen Steuercode, eine italienische SIM-Karte zu kaufen, damit ich auch endlich in Italien kostengünstig telefonieren und surfen konnte.
Doch nicht nur Signore Danielle stand mir zur Seite, auch die Bewohner der Stadt haben mir spontan geholfen. Als ich beispielsweise mit meinem Rad nicht auf den Bürgersteig hochgekommen bin, ist sogar ein Verkäufer aus seinem Laden herausgelaufen, um mir zu helfen. So viel spontane Hilfsbereitschaft hat mich regelrecht beflügelt und ein sehr positives Bild von Italien hinterlassen.
Bologna – die Stadt der Unterschiede zwischen Arm und Reich
Sicherlich gibt es auch in Deutschland große Unterschiede zwischen Arm und Reich. In Bologna hatte ich das allerdings viel bewusster wahrgenommen. In der Nähe meines Lieblingsrestaurants bettelte immer wieder der gleiche Obdachlose mit einem Schild mit der Aufschrift „Ich habe Hunger“. Da ich unsicher war, ob ich bestohlen werden könnte, gab ich ihm nichts.
Noch extremer war es bei meiner Lieblings-Osteria, da die Straße viel belebter war. Innerhalb einer halben Stunde wurde ich mindestens fünf Mal angebettelt. Das eine Mal lief ein Mann mit gemalten Bildern herum, die er verkaufen wollte. Bei mir war er ganz besonders hartnäckig, weil er wahrscheinlich merkte, dass ich keine Italienerin bin. Eine andere junge Frau lief mir sogar hinterher. Ich finde es erschreckend, wie gravierend die Armut in Italien wohl sein muss. Es könnte sich jedoch auch um organisierte Kriminalität handeln.
Mein nächster Bericht handelt von einem Erlebnis der italienischen Kultur der ganz besonderen Art.
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