Vielleicht kommt es dir auch bekannt vor: immer wieder machst du dieselben Fehler, übersiehst Red Flags und fragst dich am Ende, warum deine Beziehung nie so verläuft, wie du es dir wünschst. Oft vergessen wir, dass unsere Beziehungen fast immer ein Abbild unserer Selbst sind und die Qualität unserer Beziehungen hängt maßgeblich von unserem Bindungsstil ab. Ob sicher, ängstlich, vermeidend oder ängstlich-vermeidend – unser Bindungstyp prägt, wie wir Liebe erleben und wie wir Konflikte bewältigen. Hier erfährst du, welche Bindungstypen es gibt und was sie ausmacht und natürlich auch, was es für deine Beziehung bedeutet.
Beziehungen sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens, sie können es schöner machen oder schlechter, sie sind aber in keinem Fall wegzudenken und beeinflussen unser Wohlbefinden erheblich. Doch warum erleben manche Menschen erfüllte, stabile Partnerschaften, während andere immer wieder mit Konflikten und Unsicherheiten zu kämpfen haben? Wie bereits erwähnt, ist ein wichtiger Faktor unser Bindungsstil, der von unserer Kindheit geprägt wird und der unser Beziehungsverhalten als Erwachsene maßgeblich beeinflusst.
Bindungstypen klingt erstmal nach Schubladendenken, dennoch ist es auch wichtig, uns selbst zu erforschen und auch solche Dinge über uns selbst herauszufinden. Das hat den Vorteil, dass wir in Zukunft mehr auf die Besonderheiten unseres Bindungstyps achten und damit viel besser einschätzen können, wie wir mit Situationen umgehen. Es ist nicht nur ein Teil unseres Beziehungslebens, sondern kann uns auch auf anderen Ebenen uns selbst näher bringen.
Ein kleiner Exkurs in die 1950er Jahre
Die Bindungstheorie wurde ursprünglich von John Bowlby, einem Kinderpsychiater, in den 1950er Jahren entwickelt. Er stellte fest, dass Menschen ein angeborenes Bedürfnis nach engen Beziehungen zu ihren Mitmenschen haben und postulierte ein biologisch angelegtes Bindungssystem, statt der Freudschen Triebtheorie. Zunehmend wandte er sich auch gegen die traditionellen psychoanalytischen Modelle.
Seine Bindungstheorie besagt, dass die emotionale Bindung, die wir als Kinder zu unseren primären Bezugspersonen aufbauen, unsere späteren Beziehungen bis ins hohe Alter prägt. Bowlby identifizierte seinerzeit vier Hauptbindungstypen: sicher, ängstlich, vermeidend und ängstlich-vermeidend. Jeder Bindungstyp beeinflusst unser Verhalten in romantischen Beziehungen auf unterschiedliche Weise und hat seine Eigenheiten.
Der sichere Bindungstyp
Menschen mit einem sicheren Bindungsstil haben in der Regel eine stabile und liebevolle Kindheit erlebt, in der ihre Bedürfnisse nach Nähe und Unterstützung zuverlässig erfüllt wurden. Das macht es für sie einfacher, sich zu öffnen, ihre Bedürfnisse zu kommunizieren und die Balance zu halten. In Beziehungen zeigen sie Vertrauen, Offenheit und die Fähigkeit, sowohl Nähe zuzulassen als auch Unabhängigkeit zu wahren. Sie sind in der Lage, Konflikte konstruktiv zu lösen und haben ein positives Selbstbild sowie Vertrauen in andere.
Der ängstliche Bindungstyp
Der ängstliche Bindungstyp entsteht häufig durch inkonsistente Fürsorge in der Kindheit, bei der die Bedürfnisse des Kindes manchmal erfüllt und manchmal ignoriert wurden. Das Kind bezieht in der Folge diese Inkonsistenz auf sich selbst und indirekt auch auf seine Wertigkeit. Diese Unsicherheit führt dazu, dass Erwachsene mit diesem Bindungsstil ständig nach Bestätigung und Nähe suchen, oft Angst vor dem Verlassenwerden haben und sehr sensibel auf Beziehungsschwankungen reagieren. Ihr Verhalten kann manchmal als anhänglich oder bedürftig wahrgenommen werden.
Der vermeidende Bindungstyp
Personen mit einem vermeidenden Bindungsstil sind, wie der Name schon sagt, geneigt, Beziehungen zu vermeiden. Das kann viele Ursachen in der früheren Erfahrung der kindlichen Bindung haben. Sie haben beispielsweise Eltern gehabt, die emotional distanziert waren oder die Autonomie des Kindes überbetonten. Diese Menschen neigen dazu, emotionale Nähe zu vermeiden und legen großen Wert auf Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. In Beziehungen können sie Schwierigkeiten haben, Intimität zuzulassen und neigen dazu, sich bei Konflikten zurückzuziehen.
Der ängstlich-vermeidende Bindungstyp
Dieser Bindungstyp ist auch als desorganisierter Bindungsstil bekannt. Er ist der komplexeste und seltenste Bindungstyp. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine Mischung der beiden oberen Bindungstypen, die sich abwechselnd und in unterschiedlicher Weise äußern können. Dieser Typ entsteht oft durch traumatische Erfahrungen in der Kindheit und ist durch ein Wechselspiel von Nähe und gleichzeitig Ablehnung geprägt. Menschen mit diesem Bindungsstil haben oft ein sehr starkes Bedürfnis nach Nähe, aber auch große Angst davor, was zu einem sehr unvorhersehbaren und chaotischen Beziehungsverhalten führt.
Erkennen und Verstehen des eigenen Bindungstyps
Der erste Schritt zur eigentlichen Verbesserung unserer Beziehungen ist das Erkennen und Verstehen unseres eigenen Bindungstyps. Dieser kann uns oft Aufschluss darüber geben, warum wir uns so verhalten, wie wir uns verhalten und worin der Ursprung liegt. Durch Selbstreflexion, Gespräche mit einem Therapeuten oder das Lesen von Fachliteratur kann sehr hilfreich sein, um sich selbst zu verstehen und ein Gefühl für gesunde Beziehungsdynamiken zu bekommen. Wenn wir unseren Bindungsstil kennen, können wir bewusster mit unseren Beziehungsmustern umgehen und beginnen, ungesunde Verhaltensweisen zu ändern.
Hier sind noch einige Tipps für erste Schritte und den richtigen Umgang mit deinem Bindungstyp:
1. Selbstreflexion und Akzeptanz: Mach dir bewusst, dass dein Bindungstyp nicht das einzige ist, was dich ausmacht. Akzeptiere deinen Bindungstyp und gib dir nicht die Schuld dafür und nimm die Herausforderungen an, die damit einhergehen. Selbstakzeptanz ist der erste Schritt zu Veränderung, das solltest du dir immer wieder vor Augen führen.
2. Kommunikation: Offene und ehrliche Kommunikation ist der Schlüssel zu jeder erfolgreichen Beziehung. Vielleicht kannst du sogar mit deinem Partner über deinen Beziehungstyp sprechen, damit er sensibilisiert dafür ist. Teile Gefühle und Bedürfnisse mit deinem Partner und hören auch aktiv zu.
3. Grenzen setzen: Besonders für Menschen mit dem ängstlichen oder vermeidenden Bindungsstil ist es wichtig, gesunde Grenzen zu setzen und zu respektieren. Dies fördert Respekt und Vertrauen in der Beziehung und nicht zuletzt sorgt es auch für mehr Selbstbewusstsein.
4. Konfliktbewältigung: Viele von uns halten Konflikte für etwas Negatives, wenn nicht sogar Unüberwindbares. Dabei müssen wir lernen, Konflikte konstruktiv zu lösen. Statt sich zurückzuziehen oder zu eskalieren, suche nach gemeinsamen Lösungen und Kompromissen, die beide weiterbringen. Auch hier ist die Kommunikation entscheidend.
5. Emotionale Unterstützung: Schaffe gemeinsam mit dem Partner einen sicheren emotionalen Raum, in dem ihr euch beide geborgen und sicher fühlt. Seid auch offen dafür, die Unterstützung des jeweils anderen anzunehmen.
Wie du siehst, haben unsere Bindungstypen einen wirklich tiefgreifenden Einfluss auf unsere Beziehungen. Indem wir unseren Bindungsstil erkennen und verstehen, können wir aktiv daran arbeiten, unsere Beziehungsmuster zu verbessern und glücklichere, erfülltere Partnerschaften zu führen. Jeder Mensch hat die Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln und eine sichere, liebevolle Beziehung zu führen – es beginnt mit dem Bewusstsein und der Bereitschaft, an sich selbst zu arbeiten.
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