Rom ist der größte Touristenmagnet Italiens. Die Stadt bietet absolut für jeden etwas. Als Touristin mit Behinderung sieht der Blickwinkel dabei oft noch einmal ganz anders aus. Ein Erfahrungsbericht.

Eine Erkundigung des Kolosseums stand bauf meiner Romreise als nächstes an. Dafür wollte ich in meinem Hotel eine Führung buchen. Das Unternehmen hat aber wegen meiner Behinderung die Führung abgelehnt. Ein Mitarbeiter des Hostels wies mich dann darauf hin, dass der Eintritt für das Kolosseum für mich ohne Führung ohnehin billiger sein würde. Womit er mehr als Recht hatte. Wegen meiner Behinderung bekam ich freien Eintritt.
Trotzdem musste ich mich wie jeder andere Besucher in der Schlange anstellen. Einige Fremdenführer versuchten, Touristen ihre Dienste aufzudrängen, aber die meisten ließen davon nicht beirren und warteten geduldig weiter auf den Einlass. Dabei musste ich überraschenderweise beim normalen Einlass ohne Ticketreservierung, dem sogenannten „Skip the line“ kürzer warten. Daher würde ich jedem Rombesucher raten, sein Geld nicht für ein reserviertes Ticket auszugeben.

Wie bei meiner ersten Romreise mit meiner Schule beeindruckte mich die Größe und Geschichtsträchtigkeit des Kolosseums wieder aufs Neue. Es ist sehr beeindruckend, wie römische Architekten und Ingenieure ein Gebäude von dieser Größe ohne die technischen Mittel der Moderne fertigstellen konnten.
Für Besucher mit Behinderung ist die Besichtigung des gesamten Geländes ohne große Mühe möglich. Zu den Aussichtsplattformen führen ausgewiesene Wege, die ausdrücklich für Rollstuhlfahrer und Familien mit Kinderwagen reserviert sind. Leider nutzen diese auch viele andere Fußgänger oft ohne Rücksichtnahme. Zu den oberen Stockwerken führt ein Aufzug. Auch hier halten sich nicht alle Besucher an die Regeln. Das Personal ist allerdings sehr hilfreich und hat mir mehrfach den richtigen Weg gezeigt.

Das Forum Romanum: mit einem Aufzug zu den Anfängen Roms
Gleich danach besichtigte ich das Forum Romanum, welches direkt neben dem Kolosseum liegt. Ich würde diese Reihenfolge beim Besichtigen der Denkmäler auf jeden Fall weiterempfehlen, da das Ticket zum Kolosseum auch den Zugang zum Forum Romanum und dem Quirinal-Hügel öffnet. Das Ticket ist insgesamt zwei Tage lang gültig.
Angesichts meiner Erinnerungen an den ersten Besuch vor drei Jahren im Hochsommer stellte ich mich auf eine beschwerliche Besichtigung ein. Doch ich war sehr überrascht, als mich die Angestellten zu einem Aufzug führten. Mit diesem gelangte ich innerhalb von Sekunden mitten in die Ausgrabungsstätte und die Anfänge des antiken römischen Imperiums.
Statt auf einem staubigen Trampelpfad fuhr ich mit meinem Rad auf einem gepflasterten Weg durch die Überreste des historischen Rom. Ich war nicht die einzige Besucherin mit Behinderung an diesem Tag. Eine Italienerin schob ihren Sohn gemütlich im Rollstuhl durch die Ausgrabungsstätte.
Langsam kamen meine Erinnerungen an all die lateinischen Schriften, die ich vor mehr als drei Jahren in der Schule übersetzt habe, und mein Wissen über die alten Römer zurück. Wer das erste Mal das Forum Romanum besucht, sollte sich auf jeden Fall ein Buch mit Erklärungen über die Überreste der antiken Tempel und Häuser besorgen und durchlesen. Ansonsten hat das Forum Romanum nur die Ausstrahlung eines alten unaufgeräumten Steinhaufens.

Kulturprogramm für den kleinen Geldbeutel auf der Piazza Colosseo
Für den kleinen Geldbeutel oder einfach nur eine paar entspannte Stunden sorgt die kostenfreie kulturelle Unterhaltung rund um die Piazza Colosseo. Straßenmusiker der verschiedensten Musikrichtungen zeigen ihr Können und freuen sich über eine Spende der Zuhörer.
Ich beobachtete auch die Show von Hip-Hop-Tänzern und Straßenkünstlern, die mit ihren Spraydosen sehr schnell Kunstwerke mit dem Kolosseum oder anderen Bauwerken Roms auf die Leinwand zauberten.
Für den Abend lohnt sich ein Spaziergang durch die antiken Trajansmärkte und Kaiserforen, die umsonst besichtigt werden können. Mit wundervoller Geigenmusik und schöner Beleuchtung der antiken Denkmäler ist das ein wahrer Traum und ein schöner Abschluss für den Tag.
Was ihr als Alleinreisende mit Behinderung in Rom beachten solltet
Sehr ernüchtert habe ich festgestellt, dass alleinreisende Behinderte in Rom nicht gerade hoch angesehen sind. Der Straßenverkehr Roms ist auf den ersten Blick wirklich chaotisch. Außer man versucht sich anzupassen, ganz nach dem Motto der Italiener: „When in Rome, do it like the Romans!“ Gemäß diesem Motto bin ich bei Ampeln oder Zebrastreifen immer in der großen Masse der Einheimischen mitgelaufen. Daher war meine geringe Körpergröße in dem Punkt kein großes Gefahrenpotenzial im Straßenverkehr.
Die völlig überfüllten Bürgersteige und Überquerungen der Straßen ohne Zebrastreifen waren sehr nervenaufreibend. Ich habe noch keinen Führerschein. Aber ich glaube, man kann es sich so vorstellen, als müsste man den gesamten Tag hochkonzentriert zur Rush Hour im Straßenverkehr einer Metropole ununterbrochen Auto fahren.
Die Mitarbeiter meines Hostels rieten mir davon ab, die beiden Metro-Linien zu nutzen, da nicht immer gewährleistet ist, ob sich an der Station auch ein Aufzug befindet. Daher habe ich diese nie genutzt. Die öffentlichen Busse, die für die hohe Diebstahlsgefahr bekannt sind, habe ich ebenfalls nicht verwendet. Ich hoffe der Bau der neuen Metro-Linie C in Rom berücksichtigt in vollem Umfang Barrierefreiheit. Meine Versuche, mir selbst ein Taxi zu rufen, sind vermutlich größtenteils daran gescheitert, dass mein Italienisch zu schlecht war. Allerdings sind die Taxis oft auch nicht gekommen oder gezielt an mir vorbeigefahren, wenn ich diese von einem Restaurant bestellt habe.
Viele Vorurteile und Berührungsängste gegenüber Touristen mit Behinderung
Viele Restaurantbesitzer waren ebenfalls von meinem Anblick als Behinderte nicht besonders begeistert. Am Ostersonntag wollte mich ein Restaurant nur bedienen, wenn ich nicht die Toilette nutzen würde. Das nächste Restaurant verlangte von mir, dass ich mein Fahrrad – das für mich mein Rollstuhl ist – draußen in einer großen Menschenansammlung stehenlasse, weil sie innen keinen Platz dafür hätten. So hätte ich es nicht mehr im Auge haben können. Die Berührungsängste vor meiner Behinderung und die Berechnung, dass der nächste Gast vielleicht weniger Arbeit bereiten würde, haben mich sehr verärgert. In der Regel weiß ich mir in den meisten Situation sowieso sehr gut selbst zu helfen.
Insgesamt habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine Reise für Behinderte deutlich aufwendiger zu planen, aber durchaus machbar ist. Ich würde es sehr begrüßen, wenn mehr Behinderte auf ihr Recht, alleine zu reisen, bestehen würden. Da ich selbst von Behinderten, mit denen ich mich vor den Papstmessen unterhalten hatte, erstaunt gefragt wurde, warum ich ohne Begleitung unterwegs bin, scheint es noch Aufklärungsbedarf zugeben.
Wenn Behinderte das Recht nicht einfordern, alleine zu reisen, werden sich die Berührungsängste der Mitmenschen nicht abbauen. Das gilt sowohl für Reisen innerhalb Deutschlands als auch im Ausland. In diesem Sinne: Reisen erweitert den Horizont. Sowohl den eigenen als auch den der Menschen, die man auf Reisen trifft.
Eintritte Rom für Menschen mit Behinderung
Guten Tag,
Wir sind drei Personen, einmal mit Gehbehinderung, einmal mit Hörbehinderung plus eine weitere Behinderung, alle drei mit Schwerbehindertenausweis – und haben eine Romreise zwischen 1. und 5.3. gebucht.
Wir Interessieren uns für Infos über Eintritte in den gängigen Sehenswürdigkeiten.
Ich freue ich über eine kurze Rückmeldung.
Danke und freundliche Grüße
Andrea Schuler
Filmemacherin • TV-Journalistin
ZDF • 3sat • WDR • arte
dokumentarfilm1@gmx.de
http://member.agdok.de/de_DE/members_detail/8352/vita
Instagram: @flammendherz
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https://www.youtube.com/watch?v=KrS-w8yvftw
„Yasemin – Der Kampf geht weiter“ (16:30) WDR YouTube-Kanal (November 2021)
https://www.youtube.com/watch?v=DIN-xPEa0KM