Mit der Ausweitung der digitalen Welt scheint nichts mehr unmöglich. Offenbar braucht man kaum noch vor die Türe zu gehen, denn alles steckt schon im Internet. Trotzdem fehlt uns häufig das Wissen, um an die Herausforderungen der Zeit heranzugehen. Woran liegt das?

Scheinbar ist alles nur einen Klick entfernt. Lernen, Wissen, Kontakte und die gesamte Welt sind scheinbar präsent im Internet. Hast du vielleicht auch schon einmal Fernsehen geschaut und dann einen der Schauspieler gegoogelt, um mehr über ihn herauszufinden? Oder hast du einmal ein Lied gehört und hast die Lyrics aus dem Internet bezogen, um zu verstehen was es aussagen will? Falls ja, so bist du nicht alleine! Wir googeln alles – weil wir es einfach können. Du kannst im Internet auf die Suche nach Menschen, Kontakte, Songs, Bilder, Videos, Texte und Zitate gehen. Die einzige Voraussetzung ist, dass du die richtigen Worte in die Suchleiste deiner Suchmaschine einzutippen weist. Das macht unser Leben einfach und sehr bequem. Aber ist das wirklich richtig so? Reicht es, wenn Wikipedia die Antworten auf unsere Fragen weiß oder haben wir doch noch ein ernsthaftes Interesse daran, die Welt auch mit unserem pränatal vorimplementierten Prozessor zu begreifen? Und steckt im Internet wirklich die Wahrheit unserer Welt?
Das Problem mit dem Kurzzeitgedächtnis
Ich weiß noch recht genau, wie stolz ich damals war, als ich mein erstes eigenes Smart-Phone kaufte. Zwischenzeitlich habe ich gute fünf andere Handys besessen. Aber diese ersten Erfahrungen mit dem Internet in der Hosentasche werde ich nicht so schnell vergessen. Egal was ich sah, hörte, roch, schmeckte oder fühlte, es wurde sofort durch die dauerhaft geöffnete Suchmaschine gejagt. Auch heute noch ist das Google-Widget direkt auf meinem Startbildschirm abgelegt, aber ich nutze die Dienste anders. Damals surfte ich von einer Internetseite auf die andere, öffnete täglich gefühlt 500 verschiedene Wikipedia-Einträge, um immer nur den ersten Satz zu lesen, und scrollte durch alle verfügbaren deutschen Online-Zeitungsmagazine. Was auch immer ich dort im Speziellen tat, ich habe alles vergessen. Ich will auch nicht wissen, wie oft ich auf der ein und derselben Wikipedia-Seite war, das gleiche englische Wort durch den Google-Translater jagte oder die Abfahrtszeit meines Busses abcheckte. Auch wenn es mir ab und an wirklich aufstieß, dass ich mir nichts länger als fünf Minuten von all dem merkte, hatte ich meine Absicherung immer griffbereit.
Alleine schon diese Einstellung lässt dein Gehirn die Informationen auf einem so rudimentären und oberflächlichen Level verarbeiten, dass dieses Wissen überhaupt gar keine Chance besitzt, ins Langzeitgedächtnis zu gelangen. Wenn immer nur die Quantität, anstatt der Qualität der Informationen im Mittelpunkt des Interesses steht, braucht man sich nicht über die Qualität des Internets und seiner Nutzer zu wundern. In diesem Informationsüberfluss besitzen wir schon lange nicht mehr die alten Wissensautoritäten, die Macht über die Wahrheit, sondern es drängen sich vollkommen dezentrale Akteure an deren Stelle. Weder der Duden, noch Brockhaus oder das Oxford Dictionary haben den Sprung in die Internet bzw. Smart-Phone-Präsenz ernsthaft geschafft.
SEO – Die neue Art zu schreiben
Mit der Macht der Suchmaschinen wächst auch die Macht der Algorithmen. Gerade Zeitungen und Blogs werden heute nicht mehr für die Leser, sondern für Suchmaschinen geschrieben. Natürlich klingt das zunächst polemisch, aber letztlich bleibt den Autoren auch keine andere Wahl. Wer bekannt werden will, muss auf der ersten Seite der Google-Suche erscheinen – und das bei möglichst vielen Suchwörtern. Der Schlüssel dazu verbirgt sich hinter der SEO. Falls du es nicht schon gegoogelt hast, gebe ich hier den ersten Satz des Wikipedia-Artikels gleich mit dazu: „Suchmaschinenoptimierung oder Search Engine Optimization (SEO; engl.) bezeichnet Maßnahmen, die dazu dienen, dass Webseiten im organischen Suchmaschinenranking in den unbezahlten Suchergebnissen (Natural Listings) auf höheren Plätzen erscheinen.“
Das Ganze funktioniert über verschiedene Tricks und Kniffe. Es werden Inhalte, Überschriften, Seitenlayouts und die Einhaltung der HTML-Standards genauso verbessert, wie die Anzahl von Hyperlinks bis hin zu ganzen Linkpyramiden. Allerdings trägt eine höhere Suchwortdichte im Text und diverse Brückenseiten, die vollgestopft mit Sinnfreiem nur für die Suchmaschinenoptimierung geschriebenem Text sind, nicht gerade zur Verbesserung der Webseiten bei. Besonders kritisch wird es, wenn auch PDF-Dateien, die eigentlich zu akademischen und wissenschaftlichen Zwecken verfasst werden sollten, nur noch mit dem Bedacht auf ein hohes Ranking in Google Scholar oder CiteSeer geschrieben werden.
Das Internet die 2te
Aber damit du jetzt nicht schon die Hände über dem Kopf zusammenschlägst, hier ein paar Tipps mit denen du den Klauen des SEO-Monsters entgehen kannst und an hochwertige digitale Quellen kommst. Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass die „alten Weisen“ nachgerüstet haben und auf Seiten wie: http://www.oxforddictionaries.com/, http://www.brockhaus-wissensservice.com/oder http://www.duden.de/ lässt sich jetzt auch digital auf dieses Wissen zurückgreifen. Zum anderen gibt es Webseiten wie http://www.britannica.com/ oder das auf Philosophie ausgelegte Lexikon http://plato.stanford.edu/contents.html, welche Wissen mit dem Sigel der Glaubwürdigkeit bereithalten.
Allerdings fließt Google sozusagen schon durch unsere Venen und ist somit kaum wegzudenken. Aber wenn man diesen Segensfluch in das eigene Leben schon integriert, dann richtig. Denn die Standardeinstellungen von Google sind zwar nett, sollten aber unbedingt nach deinen Bedürfnissen angepasst werden. Dazu musst du einfach nur bei der Google-Suche auf Einstellungen klicken und die Optionen auf dich individuell anpassen. Du kannst zudem über die „Erweiterte Suche“ deine Suchergebnisse stark aussieben. Dies funktioniert auch über Operatoren. So kannst du deine Suchwörter in Anführungszeichen setzen um genau diese Phrase oder Wort zu suchen. Du kannst auch einzelne Wörter aus der Suche ausschließen, indem du vor dieses Wort ein Minus „-“ setzt. Gerne verwende ich auch die Operatoren „allintitle:“, „allintext:“ oder „allinurl:“, um die Suche auf den Titel, den Text oder eben die URL der Website zu beschränken. Um Definitionen zu einem Begriff zu finden, solltest du einfach nur ein „define:“ vor den Suchbegriff setzen und falls du nur nach einem bestimmten Dateityp suchst, ist es ratsam, die entsprechende Dateiendung mit ins Suchfeld zu setzen (z.B. pdf oder doc).
Kleines Fazit
Das Internet ist nicht aus unserem Leben wegzudenken und das ist auch gut so. Doch wir müssen es gewissenhaft und bewusst nutzen. Solange wir die Informationen aus Wikipedia und Co. nur wiedererkennen und sofort wieder vergessen, lernen wir durch das Internet überhaupt nichts dazu. Man muss sich selbst zurücknehmen und aktiv auf das Lernen einlassen. Die Informationen für sich selbst aufzuarbeiten, zu elaborieren und schlichtweg für sich selbst neu zu erfinden, führt sie auf direktem Weg in unser Langzeitgedächtnis. Wir dürfen auch gerne gegenüber Informationen aus dem Internet kritisch sein. Da gilt wie immer: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das gilt natürlich auch für diesen und alle meine anderen Artikel. Aber es gibt Wege, die aus der Perversion des Informationszeitalters führen und sie sind kostenlos von uns breitzutreten.
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