Das Wort Feminismus hat über die Jahre im Gebrauch für viele einen bitteren Beigeschmack erhalten. Es wird als unzeitgemäß, aggressiv oder nicht inklusiv genug abgestempelt. Darum wurden schon verschiedene Gegenvorschläge angeboten, etwa „Humanismus“ oder „Equalismus“. Aber es gibt einige Gründe, weshalb diese keine guten Alternativen darstellen und der Begriff „Feminismus“ noch immer am passendsten ist.

Humanismus
Im historischen Sinn ist Humanismus eine geistige Bewegung des späten Mittelalters, die in Italien entstand und sich ab ca. 1500 n. Chr. in Europa verbreitete. Sie war eine wichtige Grundlage für die Aufklärung. Die Bewegung war von dem Glauben geprägt, dass die Quelle aller menschlichen Werte nicht Gott, sondern die Menschen selbst sind. Heutzutage versteht man unter Humanismus das Streben nach Menschlichkeit im Sinne einer freien Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und freien Gestaltung des individuellen Lebens und der Gesellschaft.
Den Einsatz für die Gleichberechtigung der Geschlechter Humanismus zu nennen, ist allein daher schon problematisch, weil der Begriff für eine ganz eigene philosophische Tradition steht.
Equalismus
„Ich glaube an gleiche Rechte und Freiheiten für alle, deshalb nenne ich mich nicht Feminist, sondern Equalist“. Diese Aussage klingt in meinen Ohren nicht sehr logisch und konsequent. Feminismus konzentriert sich zwar auf die Nachteile, Diskriminierung und Ungleichheiten einer speziellen Gruppe: Frauen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Feministen nicht auch gleiche Rechte für alle einfordern. Feminismus darf nicht mit einem Streben nach einer Überlegenheit der Frauen über Männer oder andere Gruppen verwechselt werden, was viele als „Feminazi“ betiteln. Im Gegenteil, viele Feministen glauben daran, dass sich auch die Rechte und Freiheiten anderer Gruppen verbessern sollten.
Das Geschlecht eines Menschen sollte nicht ausschlaggebend dafür sein, ob jemandem Menschsein gewährt wird oder nicht. Dennoch ist das Geschlecht, das noch immer diskriminiert wird, das weibliche oder feminine – daher das „Fem“ in Feminismus. Die Verwendung des Begriffs Equalismus würde demnach die Unterdrückung und Benachteiligung vieler Frauen aufgrund ihres Geschlechts verleugnen, da Equalismus sich auf die Rechte aller bezieht und dadurch die unverhältnismäßige Diskriminierung gegenüber Frauen im Vergleich zu Männern vernachlässigt.
Feminismus
Feminismus sollte Feminismus bleiben und nicht nur „Gleichheit“ genannt werden, denn es sind die weiblichen Eigenschaften in Männern und Frauen, für die beide Geschlechter verurteilt und diskriminiert werden. Wir haben alle unsere Unterschiede und das ist gut so, denn das ist es, was uns als Menschen ausmacht. Männer und Frauen besitzen nahezu gleichermaßen feminine und maskuline Wesenszüge, die in jedem Individuum unterschiedlich stark oder schwach ausgeprägt sind. Forscherin Daphna Noel an der Universität Tel Aviv bezeichnet demnach das menschliche Gehirn als ein Mosaik aus männlichen und weiblichen Kennzeichen. Es ist an sich auch nichts Schlechtes, Merkmale als weiblich und männlich zu klassifizieren. Gefährlich und schädlich ist es aber, wenn die eine Kategorie als schwächer oder weniger wert angesehen wird als die andere.
Ein Grund, weshalb Frauen unverhältnismäßig mehr Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts erfahren, liegt in dem Ungleichgewicht zwischen dem Stellenwert, den wir femininen und maskulinen Eigenschaften zuschreiben. Wir leben in einer Gesellschaft, die leider noch immer in vielen Bereichen, wie der Arbeitswelt, der Politik oder der Wirtschaft, männliche Züge schätzt und auf weibliche hinabblickt. Auch wenn sich dies in manchen Aspekten zu bessern scheint, ist es dennoch ein langsamer Prozess.
Um sicher zu gehen, dass dieser Prozess nicht aufhört und erst recht nicht umgekehrt wird, brauchen wir noch immer Feminismus. Wir dürfen uns in Sachen Frauenfragen nicht zur Ruhe setzen. Denn feministische Errungenschaften können schnell wieder umgekehrt werden, wenn nicht durch kontinuierlichen Einsatz dafür gesorgt wird, dass diese bestehen bleiben und noch weiter verbessert werden.
Das Wort Feminismus mag für manche aggressiv klingen, da es zugegebenermaßen auch oft für falsche Zwecke missbraucht wurde. Dennoch ist das Wort nicht so aggressiv wie die tägliche Benachteiligung und Diskriminierung vieler Frauen weltweit. Um Feminismus inklusiver zu gestalten, sollten wir jedoch nicht den Begriff ändern, sondern den Feminismus selbst. Vorschläge dazu gibt es zahlreiche und sind wohl Thema einer anderen Debatte.
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“Dennoch ist das Geschlecht, das noch immer diskriminiert wird, das weibliche oder feminine – daher das „Fem“ in Feminismus. Die Verwendung des Begriffs Equalismus würde demnach die Unterdrückung und Benachteiligung vieler Frauen aufgrund ihres Geschlechts verleugnen, da Equalismus sich auf die Rechte aller bezieht und dadurch die unverhältnismäßige Diskriminierung gegenüber Frauen im Vergleich zu Männern vernachlässigt.”
Den Gedanken kann ich nicht nachvollziehen. Warum verleugnet Equalismus per se die Benachteiligung der Frauen? Eher ist doch der Feminismus notwendige eine Zwischenstufe für eine praktische Umsetzung hin zum “perfekten” Equalismus, oder?
Weitergehend stellt sich auch die Frage nach der Ziel-Utopie des Feminismus. Warum sollte man bei der Gleichberechtigung aufhören, wenn “frauliche” Eigenschaften “besser” sind? Man könnte doch argumentieren, dass Menschen mit “fraulichen” Eigenschaften dann generell “besser” seien und auf Grund dessen, Menschen mit “männlichen” Eigenschaften wegzuoptimieren sind.
Sind Stärke, Mut, Risikoaffinität eigentlich männliche Eigenschaften?
Der Begriff “Feminismus” selbst sagt doch bereits aus dass es um den femininen, also weiblichen, Teil der Gesellschaft geht. Ich persöhnlich fühle mich als Mann nicht von diesem Begriff angesprochen und ich bezweifle stark dass dies bei z.b. schwarzen anders ist.
Das Argument dass man sich vor allem auf die Diskriminierung von Frauen konzentrieren muss, da diese ja die schlimmste sei, finde ich auch schwierig. Es gibt zwar Studien wie den Global Pay Index welche eine klare Diskriminierung der Frauen aufzeigen, jedoch gibt es auch andere Studien welche belegen dass Frauen in vielen Bereichen bevorzugt werden. Zum Beispiel werden Frauen in der Schule oft grundlos besser benotet als Männer. Ein weiteres Beispiel ist die Aufteilung des Sorgerechts der Kinder nach einer Scheidung. Hier werden Männer oft benachteiligt oder bei monatlichen Unterhaltszahlungen strenger kontrolliert und oft schneller abgemahnt oder bestraft. Dies passiert bei Frauen welche monatlichen Unterhalt zahlen müssen oft weniger, langsamer oder weniger konsequent.
Als letzten Punkt möchte ich darum bitten Eigenschaften nicht als “männlich” oder “weiblich” anzusehen. Jeder Mensch kann solche Eigenschaften in den verwirreendsten Mischungen besitzen und damit denke ich dass diese weder männlich noch weiblich, sondern einfach nur menschlich sind.