Schneefelder, Regen und Nebel. Das klingt nach Winter. Doch auch noch im Mai und Juni ist eine Wandertour durch die bayerischen Voralpen von solch einer Witterung geprägt. Sie macht das Bergsteigen zu einer Herausforderung und einem unvergesslichen Erlebnis. Sieben Gipfel an einem Wochenende – ein Bericht von Johannes Waldmann.
Meine erste Wandertour in diesem Jahr steht bevor. Am Samstagmorgen um neun Uhr brechen wir im Münchner Osten auf. Da die Gruppe bisher lediglich sechs Leute umfasst, können wir mit einem Auto zum kleinen Ort Buchau im bayerischen Voralpenland fahren. Von dort aus geht es los zur Buchsteinhütte. Auf dieser haben wir die nächsten zwei Nächte ein Matratzenlager gebucht.
Der Weg zum Haus auf 1.360 Metern Höhe ist landschaftlich sehr schön. Wir wandern bei leichtem Regen durch das Brunntal zu unserem Ziel am Fuße des Brünnsteins. Nach einer Brotzeit wird das Wetter besser und sogar die Sonne lässt sich sehen. So beschließen wir, noch einmal nach draußen zu gehen, nachdem unser Gepäck in das Lager geschafft wurde.
Da der Gipfel des Hausbergs mit einem Weg von 45 Minuten angegeben wird, fassen wir Mut, diesen zu erklimmen. Diese Strecke ist für alle Schwindelfreien wärmstens zu empfehlen. Es ist eine Route durch eine schmale Felsspalte von 70 Zentimetern Breite, einigen Kletterpassagen und einem weiten Blick auf dem Gipfel.
Der erste volle Wandertag
Am Abend planen wir den nächsten Tag. Wir wollten früh aufstehen. Dementsprechend stellen wir auch unsere Wecker. Auf der Route sollen sechs Gipfel bezwungen werden. Namentlich war der “Steilner Grat” der erste. Danach folgten das “Steilner Joch”, das “Unterberger Joch” , der “Große Traithen” , der “Kleine Traithen” und schlussendlich der “Vogelsang”.
Als wir um sechs Uhr von der Hütte aus aufbrechen, nieselt es wie bereits am Vortag. Da wir alle gut ausgerüstet sind, schreckt uns dies nicht ab. Ab der Hälfte des Aufstiegs wechselt der Regen in Schnee, so erreichen wir erst nach guten eineinhalb Stunden den ersten Gipfel. Von nun an schlängelte sich der Pfad auf einem Grad an den Gipfeln bis zum “Großen Traithen”.
Auf diesem erhabenen Weg, der lediglich von Latschen-Kiefern umrahmt ist, wird es merklich kälter und windiger. Nach circa 560 zurückgelegten Höhenmetern beschließen wir die erste Brotzeit auf dem vierten Gipfel zu machen. Bei sonnigem Wetter hat man auf der ganzen Strecke des Grads eine perfekte Sicht sowohl gen Norden in das flache Voralpenland als auch gen Süden in die Alpen.
Selbstgespurter Weg
Wir haben an diesem ganzen Tag auf den Gipfeln eine Sicht von höchstens 50 Metern, da uns der Nebel die Sicht versperrt. Nun gilt es, einen guten und windgeschützten Platz auf dem Gipfel zu finden. Nach einer knappen Viertelstunde werden die Brote wieder eingepackt, da wir alle schnell auskühlen.
Nun beginnt das eigentliche Abenteuer an diesem Tag. Es war bereits auf dem Grad nötig gewesen, einige kleinere Passagen selbst zu spuren. Wir stehen nun in einem Labyrinth aus Latschen, zehn Zentimeter Neuschnee und einer Meter dicken Altschneedecke gegenüber. Auf diesem Berghang müssen wir über 200 Höhenmeter absteigen, um danach den Aufstieg zum “Kleinen Traithen” anzugehen. Dieser improvisierte Weg hat durchaus seinen Charme, da jeder von uns ein paar Mal bis zu den Oberschenkeln im Schnee einsinkt.
Mittlerweile hat es aufgehört zu schneien. Wir haken noch den “Vogelsang” ab und begeben uns auf den Rückweg. Auch auf diesem müssen wir unseren Weg auf kleineren Schneefeldern selbst spuren. Als wir um 16 Uhr zur Hütte zurückkehren, sind unsere vier Freunde bereit dort und warten in der Wirtsstube auf uns. Den Rest des Tages ruhen wir uns aus und verbringen einen gemütlichen Abend in der Hütte.
Abstieg am dritten Tag
Nach der zweiten Nacht steht lediglich gegen Mittag der Abstieg nach Buchau an. Wie bereits am Beginn des Wochenendes, begrüßt uns der Himmel wieder mit leichtem Regen. Zum Abschluss der Wanderung treffen wir uns alle am Abend in einem Restaurant in München. Trotz des durchwachsenen Wetters hat sich an dem ganzen Wochenende niemand negativ darüber geäußert. Dies trägt sicher dazu bei, dass die Wanderlust nicht in der Regenjacke steckenbleibt. Es war ein schönes Wochenende – beim Abschluss-Essen sprechen wir bereits über die nächste Wandertour.
Anmerkung der Redaktion: Schneefelder sehen schön aus und sind abwechslungsreich. Sie sind aber auch gefährlich für Wanderer und Bergsteiger. Schneebretter können sich lösen und Schutt nach unten ins Tal tragen. Bei manchen Verwehungen ist die tatsächliche Schneehöhe schwer einzuschätzen. Wer auf Schneefelder geht und ausrutscht, begibt sich in Gefahr. Seid nicht leichtsinnig: Wer sicher sein will, sollte unbedingt konzentriert sein oder sie umgehen und sein Glück nicht herausfordern.
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