Durch die Sommerpause war Bologna zum Großteil wie leergefegt. Auf den Piazze war dennoch immer einiges los. Was eine typische italienische Piazza ausmacht und was man dort alles erleben kann, erfahrt ihr nun.
Die Piazza – dort spielt sich das öffentliche Leben ab.
La Piazza, auf Deutsch ‚der Marktplatz‘, ist der zentrale Platz in jeder italienischen Stadt. Umsäumt wird der Platz meist von einer großen Kirche sowie vielen Cafés und Restaurants. Sicher der bekannteste und bedeutendste Platz in Bologna ist Piazza Maggiore. Umrahmt von Cafès, wunderschönen mittelalterlichen Sakralbauten und der Basilika San Pietro, liegt die Fußgängerzone in der Nähe von Piazza Maggiore.
Auffällig sind die Größe und der Prunk der Kirche bei einer Piazza. Die Basilika San Pietro ist die Hauptkirche von Bologna. Mit einer Länge von 132 Metern, einer Breite von 60 Metern und einer Gewölbehöhe von 45 Metern ist die Basilika die fünftgrößte Kirche der Welt. Zu Beginn sollte sie größer gebaut werden als der Petersdom in Rom, dies wurde, da Bologna zu dieser Zeit noch Teil des Kirchenstaates war, vom Papst verboten. Nach einer Sage soll dies auch der Grund sein, warum die Basilika eine unvollendete Fassade hat, damit die Kirche nicht auch noch prächtiger als der Petersdom geworden wäre.
Nicht nur die Kirchen, die an eine Piazza angrenzen, sind groß. Auch der Platz an sich ist oft sehr groß. Die Piazza Maggiore, auf Deutsch ‚der große Platz‘, trägt sogar schon den Namen. Selbst kleinere Städte, wie Forlì, haben gewaltige Plätze, die ebenfalls nach dem gleichen Prinzip aufgebaut sind.
Meine Lieblingspiazza
Auf einer Piazza treffen sich die Italiener, um gesellig zusammenzusitzen oder um über den Platz zu schlendern. In der Nähe meiner Sprachschule gibt es eine kleine Piazza, namens Piazza Minghetti. Dort verbrachte ich oft meine Siesta bis das Kulturprogramm begann. Da alle anderen Sprachschüler ihre Unterkunft in der Innenstadt hatten und ihre Siesta dort verbrachten, war ich dort meist alleine.
Mal machte ich meine Hausaufgaben, dann beobachtete ich wieder die Umgebung oder versuchte, italienische Bücher und Zeitschriften zu lesen, die ich mir gekauft hatte. Aber die Mittagshitze und meine noch fehlenden Wortschatzkenntnisse ließen meine Gedanken immer wieder abschweifen. Die meiste Zeit war es aber eher öde und langweilig und die Zeit wollte einfach nicht vergehen.
Eines Tages, auf meinem Rückweg zu meiner Schule, sprach mich eine Italienerin an – sie war um die vierzig Jahre alt. Sie sagte, dass sie mich beobachtet hatte und ich doch nicht so alleine auf der Piazza rumsitzen muss, sondern einfach nur auf die Leute zugehen und mit ihnen reden soll. Ebenfalls sprach sie mich auf meine Behinderung an, da sie eine Angehörige mit Behinderung hatte, und was ich genau in Bologna machen würde. Einerseits verunsicherte mich das Gespräch, da es mir als Deutsche einfach etwas fremd ist mitten auf der Straße auf solch persönliche Dinge angesprochen zu werden, andererseits freute es mich aber auch, dass ich wohl trotzdem, im positiven Sinne, Beachtung fand.
Ein Gespräch der besonderen Art
Am nächsten Tag saß ich wieder alleine auf der Piazza und beobachtete meine Mitmenschen. Die ein oder anderen setzten sich neben mich, aber ich traute mich nicht, ein Gespräch zu beginnen. Das änderte sich, als ein Herr auf mich zukam, sich auf Italienisch als Ericson vorstellte und erzählte, dass er von den Philippinen komme. Er zeigte großes Interesse an der Konstruktion meines Fahrrads und fragte mich, ob er von meinem Fahrrad Fotos machen dürfe, weil er ein besonders kleines Auto konstruieren will. Ich willigte ein und kam daraufhin mit ihm ins Gespräch.
Nachdem ich ihm erzählt hatte, dass ich aus Deutschland komme und Italienisch lerne, sprach mich eine junge Italienerin, die rechts von mir saß, auf Deutsch an. Sie erzählte mir, dass sie ein Jahr in Berlin gearbeitet hatte. Und noch einen Moment später sprach mich ein Mann an, der links von mir saß. Sein Italienisch verstand ich erst fast gar nicht. Ich dachte, dass das würde an meinen schlechten Italienischkenntnissen liegen würde. Ich erinnerte mich wieder an den Rat der Italienerin einen Tag zuvor und ließ mich immer mehr auf die Offenheit der Italiener ein.
Ericson sah, dass ich in einem kleinen Buch Notizen machte und sagte spontan, dass ich doch einfach einen Satz aufschreiben solle. Diesen analysierte er und las daraus verblüffenderweise Charaktereigenschaften von mir heraus, die sogar stimmten. Was einem nicht alles an einem ganz normalen Nachmittag auf einer Piazza in Italien passieren kann – erstaunlich. Irgendwann musste Ericson dann weiter und auch die junge Italienerin Viviana musste wieder zu ihrer Arbeit. Der Herr links neben mir fragte mich, ob ich mit ihm einen Kaffee trinken möchte. Nach so viel Spontanität und Offenheit willigte ich auch gleich ein. Viviana bot noch mir an, dass ich gerne zu ihrer Arbeitsstelle auf einen Kaffee kommen und wir miteinander reden könnten. Das hat mich sehr gefreut.
Wie man plötzliche Verehrer wieder los wird
Nachdem sie dann auch gegangen ist, war ich mit dem Herrn alleine. Und gleich fragte er mich, ob ich einen Freund habe. Sofort wusste ich, wo der Hase läuft, und antwortete, dass ich in Deutschland einen Freund habe und ihn liebe. Auch wenn ich bis heute keinen Freund habe. Ganz schnell beschloss ich für mich, in einem Café um die Ecke mit dem Herrn einen Kaffee zu trinken, um mich danach dann ganz schnell wieder in meine Sprachschule zu begeben.
Der Herr wollte mich aber in einen Teil von Bologna bringen, der mir nicht so gut bekannt war. Er redete nur immer weiter auf mich ein, dass er mir jeden Kaffee ausgeben will, den ich möchte und zählte sämtliche Sorten auf. Dabei kam er mir auch immer unangenehm nahe und berührte mich trotz meiner Ablehnung an der Schulter. Daher zog ich bald die Notbremse und behauptete, dass ich die Uhrzeiten verwechselt habe, bald wieder mein Unterricht beginnt und ich zurück müsse.
Dann ging es wieder zurück zur Piazza und er suchte dort nach einem Café. Um diese Uhrzeit hatte aber keines geöffnet. Er machte mir dann einige Komplimente und fragte mich, ob mein Freund denn normal groß ist. Dies bestätigte ich. Daraufhin meinte er, dass meinem Freund mein Kleinwuchs sicher nicht gefällt, aber es ihm gefällt, dass ich so klein bin. Ich habe daraufhin nur gesagt, dass ich meinen Freund liebe und er mich auch. So schnell habe ich noch nie eine Musterbeziehung erfunden. Er wollte mich schon dazu bringen, dass ich für ihn meinen Freund verlasse.
Er wollte mich dann auch zum Essen einladen, Kleidung kaufen. Es fehlte gerade noch, dass ich nicht noch einen Heiratsantrag bekommen habe. Irgendwann habe ich dann erfahren, dass er aus Pakistan kommt, was für mich die Sprachverständigungsprobleme erklärte. Letztendlich gab er mir seine Handynummer und sagte, dass er Ali heißt. Damit ich endlich meine Ruhe hatte, schrieb ich mir die Handynummer auf und ging dann, in der großen Hoffnung nicht verfolgt zu werden, zu meiner Sprachschule.
Die nächsten Tage habe ich meine Stammpiazza etwas gemieden, um Ali nicht wieder zu begegnen. Ericson habe ich dort noch ein zweites Mal getroffen, woraufhin er wegen den Fotos und Infos meine Handynummer haben wollte. Diesmal war ich vorsichtiger und habe meine Nummer nicht weitergegeben. Ali hat von mir nie einen Anruf erhalten, aber nur, weil ich aufdringliches Verhalten nicht wirklich leiden kann und er zudem noch um die vierzig Jahre alt war. Die Nummer habe ich immer noch.
Italienisches Essen ist weltweit bekannt und begehrt. Ich habe in Bologna vier italienische Kochkurse besucht. Was ich dabei alles erlebt habe, lest ihr in meinem nächsten Bericht.
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