In einer Kleinstadt wie Lillehammer kann einem schon mal die Decke auf den Kopf fallen. Deswegen habe ich einen Städtetrip in Schweden gemacht. Außerdem habe ich das Trinkverhalten norwegischer Studenten beobachtet.

In Deutschland hat gerade das neue Wintersemester begonnen – ich bin mittlerweile schon über die Hälfte meines Auslandssemesters hinaus. Die Zeit vergeht fast so schnell, wie die Temperaturen sinken. Tagsüber kann man zwar momentan noch einige Sonnenstunden mitnehmen, aber abends verlasse ich das Haus nur noch ungerne. Am Wochenende muss man abwägen, ob die Party die abgefrorenen Hände und Füße wirklich wert ist. Die norwegischen Studenten lösen das Problem auf andere Weise und wärmen sich von innen mit Alkohol. Sie treffen sich schon um sechs Uhr abends zum sogenannten vors (sprich: forsch) – dem Pendant zum deutschen Vorglühen. Und die nächsten fünf bis sechs Stunden werden dann mit Bierpong, Ich-hab-noch-nie und anderen Trinkspielen verbracht. Ziel ist es, schon möglichst betrunken im Club oder in der Bar anzukommen, denn die Norweger wissen Eines: Alkohol im Einzelhandel ist teuer – aber auf der Party kostet er mindestens doppelt so viel. Im Club angekommen kann der partymotivierte Norweger dem Kurzen für zehn Euro dann trotzdem nicht widerstehen – ist ja auch ein echtes Schnäppchen und außerdem muss der Pegel ja gehalten werden. Wäre ja blöd, auf der tatsächlichen Party wieder auszunüchtern. Eigentlich halte ich Norwegen für ein relativ braves Land, aber die Feierkultur der Studenten zeigt, dass die Norweger auch anders können.
Nüchtern legen die Norweger dann allerdings eine 180 Grad Wendung in ihrem Verhalten hin. Fremden gegenüber wirken sie meist reserviert und wer als Austauschstudent Norweger kennenlernen will, muss schon selbst den ersten Schritt machen. Trotzdem sind sie ein äußerst freundliches Volk. Die Busfahrer zum Beispiel grüßen oft jeden einsteigenden Fahrgast und warten, wenn man mal ein bisschen knapp dran ist und einen Sprint zur Bushaltestelle hinlegt. Es lässt sich auf jeden Fall gut leben in Lillehammer, auch, wenn es nicht sonderlich groß ist. Zwar ist die Stadt mit circa 27.500 Einwohnern auch kein Dorf und sogar größer als meine Heimatstadt, allerdings kommen pro Quadratkilometer auch nur 58 Einwohner (in meiner Heimatstadt sind es übrigens 415). Eigentlich sehe ich hauptsächlich Wald, wenn ich aus dem Küchenfenster schaue. Ist zwar besonders im Herbst ein schöner Ausblick – trotzdem sehne ich mich manchmal nach ein bisschen mehr Stadt.

Deswegen habe ich eine Uni-freie Woche prompt dazu genutzt, ins Nachbarland Schweden zu fahren. Ich war zwar nur eineinhalb Wochen dort und auch nur in Stockholm, Malmö und Göteborg, trotzdem habe ich eines gelernt: Skandinavien ist nicht gleich Skandinavien. Das fing schon im Supermarkt an. Für Schokolade zahlt man nur halb so viel wie in Norwegen. Bier ist zwar billiger, hat im Supermarkt dafür aber höchstens 3,5 Prozent Alkohol. Und man konnte teilweise sogar noch ohne Jacke rausgehen, das habe ich in Norwegen seit Wochen nicht mehr gemacht. Außerdem habe ich den Eindruck, dass die Norweger das gemütlichere Volk sind, dafür kann Schweden mit seinen Großstädten punkten. Besonders gut hat mir Malmö gefallen. Ein hübscher Schlossgarten, belebte Fußgängerzonen und billiges Falafel sind genau das, was mein Studentenherz begehrt. Auch von Göteborgs Park war ich begeistert: Mitten im Park befindet sich eine Art kostenloser Wildpark mit Elchen, Rentieren, Robben und anderen einheimischen Tieren.
Trotzdem war ich nicht traurig, als es zurück nach Lillehammer ging. Die Bäume strahlen zurzeit in allen denkbaren Rot- und Gelbtönen und in den nächsten Wochen wartet ein Altweibersommer wie aus dem Bilderbuch auf uns. Und auch meine Vorfreude auf die Skisaison steigt langsam, denn die war schließlich einer meiner Hauptgründe, hier her zu kommen.
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