Toxisch kennt man vor allem im Zusammenhang mit Beziehungen oder Menschen, die einem nicht guttun. Vor allem werden hierbei Verhaltensweisen und Eigenschaften genannt, die negativ und destruktiv sind. Doch was ist mit einem gut getarnten toxischen Verhalten in Form von Positivität? Sie wird selten erkannt und kann deswegen unserer mentalen Gesundheit schaden. Erfahre hier, woran du toxische Positivität erkennst und wie du dich davor schützen kannst.

Positivität und Optimismus sind sehr wertvolle Eigenschaften und Lebenseinstellungen, die uns gut durch schwierige Zeiten helfen können. Auch in kleinen Dingen ist sie kaum wegzudenken und machen unser Leben einfach schöner. Doch was passiert, wenn Positivität in eine toxische Form umschlägt und einfach zu viel wird?
Zu allererst ist es wichtig zu betonen, dass es hier wie so oft ist: Die Dosis macht das Gift.
Sind wir im Leben nicht optimistisch, dann fühlt es sich manchmal so an, als wären andere glücklicher oder hätten viel mehr Glück als wir, ganz egal, worum es geht. Sind wir an sich optimistisch, sind wir motivierter, lassen uns nicht unterkriegen und machen aus jeder Situation das Bestmögliche. Sind wir zu optimistisch, kann es in die Richtung umschlagen, dass wir uns selbst überschätzen, eine Tendenz zum Verdrängen entwickeln, hedonistischer und oberflächlicher werden.
Wie immer, beruht alles auf einer subjektiven Empfindung und muss vor allem uns selbst und unserem Umfeld guttun. Auch wenn es im ersten Moment banal klingt, kann auch Positivität negative Auswirkungen haben, wenn sie übermäßig präsent ist. Denn seien wir mal ehrlich: Würden wir die sonnigen Tage wirklich schätzen, wenn wir keine Regentage kennen würden? Sie wären für uns selbstverständlich, weil wir das Gegenteil nicht kennen würden.
Die Fassade der Positivität
Optimismus kann eine starke Kraft sein, die Menschen dazu inspiriert, Herausforderungen zu meistern und das Beste aus schwierigen Situationen zu machen. Die Kehrseite ist allerdings alles andere als schön: Manche Menschen nutzen Positivität als eine Art Maske, um ihre wahren Gefühle und Motive zu verbergen. Dies führt oft zu einer toxischen Form des Positivismus, die andere manipuliert und verletzt. Eine Fassade, die uns selbst vor der Welt verbergen soll, ist eine Art Schutz, der aus inneren Überzeugungen der Wertlosigkeit oder aus Minderwertigkeitsgefühlen erwachsen kann, damit wäre die Positivität nur gespielt und nicht echt. Sie wäre nur eine Überkompensation, die zwar nach außen hin wirkt, aber dem Menschen selbst nicht guttut. Schlimmer noch, sie kann auch das Umfeld negativ beeinflussen und zu einem blinden Fleck für Probleme werden.
Die Merkmale des toxischen Positivismus
Toxischer Optimismus zeigt sich in ganz verschiedenen Verhaltensweisen und Denkmustern. Ein Hauptmerkmal ist die Vermeidung von allem Negativen um jeden Preis, auch in Momenten in denen es durchaus angebracht wäre. Das äußert sich nicht darin, dass man schweigt, wenn man nichts Nettes zu sagen hat, sondern dass man dann umso positiver zu wirken versucht. Personen, die toxischen Positivismus praktizieren, weigern sich oft, negative Emotionen anzuerkennen oder zuzulassen, und drängen andere dazu, sich ebenfalls nur auf das Positive zu konzentrieren.
Dies kann zu einer unrealistischen und ungesunden Sichtweise der Realität führen. Eine realistische Betrachtungsweise einer Situation oder Sache hat immer zwei oder mehr Seiten, die sich, mal mehr und mal weniger, in Balance befinden. Es gibt Situationen, die uns aufregen und an unsere Grenzen bringen, es gibt Momente in denen niemand davor geschützt ist, zu leiden. Und solche Momente kann auch der größte Optimist nicht schönreden, weil sie eben nicht schön sind. Vor allem im Umfeld wirkt ein solches Verhalten wenig empathisch und sensibel, sondern ignorant und deplatziert. Er gibt anderen Menschen das Gefühl, dass ihre Gedanken und Gefühle ungerechtfertigt sind und nicht respektiert werden.

Anzeichen erkennen
Es ist wichtig, die Anzeichen von toxischer Positivität zu erkennen, um sich davor zu schützen. Gerade wenn Menschen davon betroffen sind, die wir schätzen und lieben, sollten wir mit ihnen das Gespräch suchen und die Ursachen finden. Erste Anzeichen können beispielsweise eine übermäßige Betonung von “guten Vibes” und “positiver Energie” sein, während jede Form von Negativität abgelehnt wird. Auch das Ignorieren von Problemen, Lösungsvorschlägen und das Vermeiden von emotionaler Tiefe können auf toxischen Positivismus hinweisen.
Anzeichen toxischer Positivität können vielfältig sein und sich in verschiedenen Verhaltensweisen und Denkmustern äußern. Hier sind einige häufige Anzeichen:
1. Schuldzuweisung bei negativen Gefühlen: Solche Menschen können dazu tendieren, die Schuld für negative Gefühle oder Ereignisse auf die Person zu schieben, die sie erlebt. Sie sagen dann beispielsweise: “Du bist einfach nicht positiv genug” oder “Du ziehst diese negativen Dinge selbst an”, anstatt Mitgefühl und Unterstützung anzubieten.
2. Bagatellisierung von Problemen: Toxisch positive Menschen neigen dazu, Probleme herunterzuspielen oder zu ignorieren. Sie sagen vielleicht etwas zu oft: “Alles wird gut” oder “Das wird schon vorbeigehen”, anstatt sich aktiv mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen und konstruktive Lösungen zu finden.
3. Mangel an Empathie: Betroffene können Schwierigkeiten haben, sich in die Gefühle anderer einzufühlen oder diese zu verstehen. Sie könnten dazu neigen, die Gefühle anderer herunterzuspielen oder zu ignorieren und stattdessen darauf zu bestehen, dass sie sich einfach “besser fühlen” sollten.
4. Fehlender Raum für echte Gefühle: In Umgebungen, die von toxischem Positivismus geprägt sind, wird oft kein Raum für echte und unkontrollierte Gefühle gelassen. Menschen könnten sich gezwungen fühlen, ihre wahren Emotionen zu unterdrücken oder zu verbergen, aus Angst vor Ablehnung oder Kritik.
5. Vermeiden emotionaler Tiefe: Oberflächlichkeit ist etwas, was jeder von uns hin und wieder an den Tag legt. Bei toxisch positiven Menschen ist es jedoch gang und gebe, tiefergehende Gespräche und Themen zu vermeiden, denn diese könnten sie runterziehen oder sogar entlarven.
Indem man sich bewusst macht, welche Anzeichen auf toxischen Positivismus hinweisen, kann man besser erkennen, wenn man selbst davon betroffen ist oder wenn man in einer Umgebung ist, die von toxischem Positivismus geprägt ist. Dies ermöglicht es, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sich davor zu schützen und stattdessen auf eine authentische und ausgewogene Sichtweise des Lebens zu setzen.
Auswirkungen toxischen Positivismus auf das persönliche Wohlbefinden
Toxischer Positivismus kann schwerwiegende Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden haben. Durch das Unterdrücken negativer Emotionen und das Vermeiden von Problemen können langfristig psychische und emotionale Probleme entstehen, aber auch im Alltag kann es dazu führen, dass offensichtliche Probleme ignoriert und vernachlässigt werden. Außerdem kann toxischer Positivismus zu einem Mangel an Empathie und zwischenmenschlicher Verbindung führen, da echte Gefühle und Bedürfnisse nicht anerkannt werden und andere sich dadurch unverstanden fühlen.
Strategien zum Schutz vor toxischem Positivismus
Es gibt verschiedene Strategien, um sich vor toxischem Positivismus zu schützen. Zunächst ist es wichtig, sich der eigenen Gefühle bewusst zu sein und sie zu akzeptieren, sowohl positive als auch negative. Sie gehören zu jedem Menschen dazu und niemand muss sich dafür schämen, sie zu haben. Außerdem sollte man darauf achten, sich von Menschen zu distanzieren, die toxischen Positivismus praktizieren, und stattdessen Beziehungen zu Menschen aufzubauen, die echte Unterstützung bieten und Raum für authentische Gefühle lassen.
Hat man trotzdem einen solchen Menschen in seinem näheren Umfeld, kann es hilfreich sein, es direkt anzusprechen und auf eine reflektierte Reaktion zu hoffen. Meiner Erfahrung nach sind toxisch positive Menschen jedoch wenig einsichtig und fühlen sich mit ihrer Einstellung und ihrem Verhalten absolut im Recht. Gerade wenn das der Fall ist, ist es wichtig, eigene Grenzen zu setzen und sich nicht beeinflussen zu lassen. Manchmal hilft nur eine Trennung und/oder Abgrenzung von solchen Menschen.
Den Weg zum positiven Selbst finden
Optimismus bedeutet nicht, negative Emotionen zu ignorieren oder zu leugnen, sondern sie als Teil des menschlichen Lebens anzuerkennen und zu akzeptieren. Es geht darum, eine ausgewogene Sichtweise auf die Realität zu entwickeln und sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte des Lebens zu würdigen und trotzdem nicht die Freude zu verlieren. Indem man sich auf authentische Positivität konzentriert, kann man ein erfüllteres und zufriedeneres Leben führen, das auf echter Selbstakzeptanz und Mitgefühl basiert. Und trotzdem sollte man sich immer vor Augen führen, dass Optimismus meistens nicht von alleine kommt, man muss ihn sich erarbeiten und die positive Lebenseinstellung bewahren.
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