Auf 45 Seiten berichtet das internationale Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) unter dem Titel „Verfolgt und vergessen?“ von der weltweiten Christenverfolgung. In den vergangenen zwei Jahren hat sie stark zugenommen. Woran das liegt und in welchen Ländern Christinnen und Christen besonders gefährdet sind.
Rund um den 20. November, dem „Red Wednesday“, erinnert ACN seit 2015 jährlich an verfolgte Christen in aller Welt. Rot erstrahlen an dem Tag kirchliches und staatliche Gebäude. In diesem Jahr wurde passend dazu der Bericht „Verfolgt und Vergessen?“ veröffentlicht. Dieses Jahr gab es Aktionen in 23 Ländern. In Deutschland haben rund 200 Pfarreien mitgemacht, darunter die Kathedralen in Paderborn, Fulda und Augsburg.
Christen leiden weltweit verstärkt unter Verfolgung
„Die Lage der Christen hat sich in vielen Ländern verschlechtert“, erklärte die Geschäftsführende Präsidentin von ACN, Regina Lynch. Sie verwies darauf, dass Verfolgung und Diskriminierung nicht nur Christen, sondern auch Angehörigen anderer religiöser Minderheiten betreffen.
Im Bericht „Verfolgt und vergessen?“, den ACN alle zwei Jahre herausgibt, sind für den Zeitraum von Sommer 2022 bis Sommer 2024 globale und regionale Analysen von Christen in 18 Ländern enthalten.
Schicksale aus erster Hand sind im Bericht enthalten
Der Bericht enthält Zeugenaussagen aus erster Hand von Überlebenden antichristlicher Angriffe sowie Details zu Vorfällen, die auf Informationen von Projektpartnern und Kontakten von ACN beruhen. Besonders besorgt blickt das Hilfswerk auf die Lage in Afrika. Dorthin habe sich vom Nahen Osten aus das „Epizentrum islamistischer Gewalt“ verlagert, erklärte Lynch.
In den untersuchten afrikanischen Ländern wie Burkina Faso, Mosambik oder Nigeria lösten „islamistische Angriffe eine Massenmigration christlicher Gemeinschaften aus“, heißt es in „Verfolgt und vergessen?“. Diese Entwicklung werfe „Fragen zum langfristigen Überleben der Kirche in afrikanischen Schlüsselregionen auf.“ China, Eritrea und der Iran sind für Lynch Beispiele für Länder, „in denen Christen als Feinde des Staates ins Visier genommen werden.“ In anderen Ländern setzten staatliche und nichtstaatliche Akteure „Gesetze zunehmend als Waffe ein, um Christen und andere Minderheiten zu unterdrücken.“
Nur in Vietnam hat sich die Situation leicht verbessert
Wiederholt finden sich im Bericht Schilderungen von Entführungen und Zwangskonversionen christlicher Frauen und Mädchen, zum Beispiel in Pakistan. Dazu kommen oft abwertende Beiträge über Christen in Schulbüchern.
Einzig in Vietnam seien leichte Verbesserungen für Christen festzustellen, bilanziert ACN. Das Land habe zum Beispiel diplomatische Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl aufgenommen. Neu in der 18-jährigen Geschichte von „Verfolgt und Vergessen?“ ist ein Bericht zur Lage im mittelamerikanischen Nicaragua. Dort geht die Ortega-Regierung massiv gegen die Christen vor.
Nigerianischer Bischof sprach über islamistische Bedrohungen
Aus erster Hand konnte bei der Vorstellung des Berichts Bischof Gerald Mamman Musa aus Katsina im Nordwesten Nigerias berichten. Die Region sei zu einem Brennpunkt organisierter Kriminalität und des gewalttätigen Extremismus geworden. Neben dschihadistischen Gruppen wie „Boko Haram“ stellten Milizen aus dem Nomadenstamm der Fulani mittlerweile eine noch „größere Bedrohung“ dar. Die Gewalt treffe Muslime wie Christen, betonte der Bischof. Allerdings litten Christen „unverhältnismäßig stark“: So seien zwischen 2019 und 2023 über 16.000 Christen getötet worden.
Entführungen von Priestern und kirchlichen Mitarbeitern seien mittlerweile an der Tagesordnung. „Angriffe auf Kirchen, Entführungen und Morde sollen Angst schüren, das Gemeinschaftsleben stören und die Aufmerksamkeit auf die Anliegen dieser Gruppen lenken“, sagte der Bischof.
Diskriminierung von Christen im Beruf und in der Gesellschaft
Christen seien am Arbeitsplatz, in der Politik oder in der Rechtsprechung diskriminiert, da in zahlreichen nigerianischen Bundesstaaten die Scharia gelte. Die Ursachen für Intoleranz seien vielfältig, beruhten häufig aber auch auf einer Unkenntnis der Lebensweise und Ansichten der Angehörigen der jeweils anderen Religion.
Musa forderte deshalb umfassende Bildungsbemühungen und Initiativen für Religionsfreiheit und Frieden: „Wir Christen Nigerias danken ACN für die Unterstützung in Krisenzeiten.“ Bischof Gerald Mamman Musa ergänzte, dass Verfolgung und Gewalt nicht zu einem Rückgang der religiösen Praxis geführt hätten. Das Gegenteil sei der Fall: „Die Christen, die getötet wurden, haben ihr Blut nicht umsonst vergossen. Viele Menschen werden angezogen vom Glauben.“
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