Es ist relativ einfach im Bezug auf die Klimakrise, die Hoffnung zu verlieren. Doch es gibt genug Gründe, zuversichtlich zu bleiben. Ein Gespräch mit Verena Kantrowitsch von „Psychologist 4 Future“.
Wie viele andere Menschen auch habe ich in meinem, wenn auch nur kurzem Leben schon einige Situationen erlebt, in denen alles so gut wie ausweglos schien. Trotzdem hat es immer irgendwie funktioniert. Irgendwie habe ich das Ruder immer wieder herumreißen können. Derzeit steckt unsere gesamte Gesellschaft allerdings in einer Krise, über die wir nicht so viel Kontrolle haben, wie über unsere persönlichen Krisen. Die Rede ist von der Klimakrise.
Natürlich kann ich mir eine Bambuszahnbürste ins Bad stellen und mit dem Fahrrad zum Supermarkt fahren. Ich kann meinen Vermieter darum bitten, Solaranlagen auf das Dach zu montieren oder sich gegen Erdgas zu entscheiden. Damit alleine rette ich unseren Planeten allerdings nicht. Die größeren Hebel sitzen mit ihren schicken Anzügen in teuren Büros in Städten wie Berlin, Peking oder Washington und schauen nur zu, wie unser Zuhause mehr und und mehr in Flammen aufgeht. Das macht es relativ einfach, in eine Hoffnungslosigkeit zu verfallen und sich ohnmächtig zu fühlen. Nichtsdestotrotz gibt es auch genug Gründe, zuversichtlich zu bleiben.
Die Erzählung einer mutigen Minderheit
Es ist ein Freitag, als ich kurz nach meiner Mittagspause auf den Zoom-Einladungslink klicke. Gespannt und ein wenig aufgeregt sitze ich vor meinem Laptop, auf dessen Bildschirm ich in nur wenigen Minuten das Bild von Verena Kantrowitsch von den„Psychologists 4 Future“ sehen werde. Sie hat zugesagt, mit mir über die Hoffnungslosigkeit in der Klimakrise zu sprechen. Nachdem wir uns begrüßt haben, beschließen wir, uns zu duzen.
Noch bevor ich ihr die erste Frage stellen kann, beginnt Verena zu erzählen, was ihr persönlich Hoffnung gibt. Es sind die zahlreichen Menschen, die sich derzeit für das Thema engagieren; Menschen, die das Thema vor Kurzem noch gar nicht so richtig auf dem Schirm hatten. Dabei berichtet sie, dass ihr die Problematik rund um das Klima auch erst vor etwa drei Jahren bewusst geworden ist. Zuvor habe sie ironischerweise noch ein Buch über das Überwinden von Flugangst geschrieben.
Egal, um welche Veränderung es sich handelt: Es braucht eine mutige Minderheit, welche die Mehrheit mitnimmt. Selbst 25 Prozent einer Gesellschaft seien genug. Verena glaubt, dass wir gerade so einen Augenblick erleben. So wie es unter anderem von Martin Luther King eine Geschichte des großen gesellschaftlichen Umbruchs gibt, kann es auch von Greta Thunberg diese Erzählung einmal geben. Eine Erzählung von der Schülerin, die alleine ihren Unterricht schwänzte und später mit zahlreichen weiteren jungen Menschen die Klimadebatte ins Rollen brachte. Es zeigt: Du bist wichtig, weil du andere anstecken und eine Bewegung mittragen kannst. Verena betont, dass darin eine besondere Stärke des Aktivismus liegt. Soziale Unterstützung und Gruppen seien immer förderlich.
Es ist aber nicht nur der Aktivismus an sich, der daran glauben lässt, dass noch nicht alles verloren ist. In unserem Gespräch bringt Verena mehrmals Bürger*innenräte ins Spiel. Zugegebenermaßen verliere ich selbst nicht selten den Glauben an die Menschheit. Bürger*innenräte zeigen uns jedoch, dass Menschen über ein Gerechtigkeitsempfinden verfügen. Menschen sind bereit für Veränderungen, wenn sie sehen, dass sie sinnvoll sind. Es braucht nicht einfach nur Informationen. Es braucht den Austausch und eine echte Verantwortung.
Negative Emotionen lähmen uns
Wenige Minuten später frage ich sie vorsichtig, ob Hoffnung allein überhaupt ausreicht. Vielleicht braucht es zusätzlich noch Gefühle wie Angst, die Menschen dazu verleiten, etwas zu tun. Immerhin fordert Greta Thunberg in ihrer Rede vor den Vereinten Nationen die Politiker*innen auch dazu auf, in Panik zu verfallen. Verena sieht das anders. Negative Emotionen sind sehr dosiert einzusetzen, sonst lähmen sie uns. Es sei wichtig zu beachten, dass Greta sich auf Menschen bezieht, die dazu in der Lage sind, wichtige Entscheidungen zu treffen. Menschen, deren Hoffnung auf Leugnung basiert und auf einem Glauben, dass das schon irgendwie wird, brauchen diesen „Aha“-Moment, einen kurzen Weckruf. Mehr aber auch nicht. Die meisten von uns brauchen aber eher Lösungen und positive Energie: Lust auf Veränderungen!
Spätestens an dieser Stelle sollte auch die Medien ihre Ohren spitzen. Schließlich bestimmen sie maßgeblich, mit welchen Bildern wir tagtäglich konfrontiert werden. Redakteur*innen entscheiden darüber, was wir über Flutkatastrophen und Waldbrände erfahren. Journalist*innen formulieren die Fragen zu den Kosten von angemessenem Klimaschutz statt denen der ungebremsten Klimakrise. Es liegt an ihnen, dass in dieser Krise nur über Probleme und nicht deren Lösung kommuniziert wird. Es liegt an ihnen, dies zu hinterfragen. Es liegt aber auch an uns, sie achtsam zu konsumieren.
Es bringt uns nichts, zu verzweifeln
Dennoch müssen wir auch darüber sprechen, wie es uns mit all diesen Bildern geht. Die Hoffnungslosigkeit braucht einen Raum, um zu wissen: Wir sind damit nicht allein. Gleichzeitig dürfen wir aber auch unsere Erfolge nicht vergessen. Was haben wir bisher erreicht? Was macht das Ziel noch erstrebenswerter? Oder anders: Was macht unser Leben trotz dieser Krise lebenswert? Für Verena ist das die Zeit mit Menschen, für mich vor allem die Natur.
Letztendlich bringt es uns auch nichts, zu verzweifeln. Sobald wir uns hinsetzen und uns gegenseitig einreden, eine bessere Welt sei sowieso nicht machbar, haben wir den Kampf bereits verloren. Klar, es ist vielleicht aussichtslos. Vielleicht schaffen wir es nicht mehr. Die Möglichkeit besteht. Es kann uns aber auch gelingen, belegen selbst Studien. Diese Perspektive sollte uns leiten, damit wir guten Gewissens sagen können, wir haben unser Bestes gegeben.
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