Los Angeles steht wie kein anderer Ort der Welt für den „American Dream“: Vom Tellerwäscher zum Millionär – oder zum IT-Girl. Ich war zehn Tage lang inmitten der „Stadt der Engel“ und habe mich selbst davon überzeugt, was dran ist an den Vorurteilen über die Metropole, die angeblich vor Glanz, Glamour und Stars nur so strotzt.
New York City – das war lange Zeit meine absolute Nummer eins. Ich träumte davon, die Stadt an der Ostküste der USA eines Tages zu besuchen und als Erwachsene dort zu leben. Ich klebte mir ein Wandtattoo der New Yorker Skyline über mein Bett und konnte es kaum erwarten sie endlich live und in Farbe (nicht in lila wie mein Wandtattoo) zu sehen. 2012 war es dann soweit. Ich durfte den Broadway entlang schlendern, zur Aussichtsplattform des Empire State Buildings hinauffahren und mich mit der Freiheitsstatue fotografieren. Ich schnupperte amerikanische Luft und wollte sie fortan nie wieder aus meinen Lungen lassen. Es musste also ein neues (Reise-)Ziel her. Getreu dem amerikanischen Motto „höher, schneller, weiter“ setzte ich mir in den Kopf noch vor meinem 25. Geburtstag die Westküste der USA, genauer gesagt Los Angeles, anzusteuern.
Meine Eltern mussten einige Vorträge und „beiläufige“ Anmerkungen darüber, wie toll ein Urlaub in Los Angeles wäre, über sich ergehen lassen, ehe sie einwilligten. So fand ich mich am 20. April 2017, mit 20 Jahren und nach ähnlich vielen Stunden auf den Beinen, auf dem LAX Airport wieder, 24 Fahrminuten vom Zentrum der „Stadt der Engel“ entfernt. An schlafen und Jetlag war auch nach elf Stunden Flug nicht zu denken. Dieser faszinierende Ort, den ich in zahlreichen Filme und Serien gesehen hatte, musste erkundet werden. Ich fragte mich: Stimmen die Klischees? Sind alle Einwohner von Los Angeles vom Schönheitschirurgen gestaltete Schauspieler? Ist das Disneyland tatsächlich so ein magischer Ort? Kann ich in den Universal Studios beim Filmdreh zugucken? Alle Fragen, die nicht nur ich, sondern sicherlich auch viele andere über Los Angeles und Südkalifornien haben, wurden mir in den folgenden zehn Tagen beantwortet.
Klischee 1: „Hollywood ist einer der glamourösesten Stadtteile von L.A.“
Wir waren in einem Hotel direkt im Stadtteil Hollywood untergebracht. Abgesehen von dem Walk of Fame, an dem sich Bars, Restaurants, Shops und Unterhaltungskünstler die Klinke in die Hand geben, gibt es in Hollywood jedoch nicht viel Sehenswertes. Der Walk of Fame ist eigentlich nichts weiter als ein Gehweg, in den seit den 1950er Jahren jedes Jahr bis zu 24 Platten, bestehend aus einem rosafarbenen Stern und einer Inschrift, eingelassen werden. Die Inschrift setzt sich zusammen aus dem Namen einer berühmten Person und einer runden Messingplatte mit einem von fünf Zeichen, das die Kategorie zeigt, in welcher der Star den Stern erhält. Diese Sterne sind also dazu da, Berühmtheiten des Showbusiness zu ehren. Inzwischen sind auf dem circa drei Kilometer langen Weg über 2.500 solcher Sterne zu finden. Nicht alle sind schon beschriftet, einige wurden bereits vorsorglich eingelassen. Übrigens: Einen Stern auf dem Walk of Fame bekommt man nicht einfach aus heiterem Himmel. Es gibt im Wesentlichen drei zu erfüllende Kriterien. Der Prominente muss in einer der fünf Kategorien (Fernsehen, Film, Radio, Musik, Theater) seit mindestens fünf Jahren berühmt und erfolgreich sein, besondere Leistungen in seiner Kategorie erbracht haben und gemeinnützige Projekte unterstützen. Der Verleihung eines Sterns geht eine offizielle Bewerbung mit Foto und Lebenslauf voraus. Eine fünfköpfige Jury entscheidet schließlich über eine Aufnahme auf dem „Gehweg des Ruhms“. Kostenlos ist das Vergnügen auch nicht. Bevor der Stern verliehen werden kann, wird eine Bewerbungsgebühr in Höhe von 30.000 Dollar fällig.
Läuft man den Walk of Fame entlang, erkennt man gut, ob es sich bei den Passanten um Touristen oder Einheimische handelt. Die Touristen schauen unentwegt auf den Boden, um den Namen ihres Lieblingsstars auf einem der Sterne auszumachen und sich mit ihm zu fotografieren. Die Einheimischen zeigen kein Interesse am bunten Treiben unter ihren Füßen. Obwohl sich der Gehweg über drei Kilometer erstreckt, tobt nur auf ca. 700 Metern des Weges wirklich das Leben. Dort, wo das TCL Chinese Theatre, Madame Tussauds, das Kino El Capitan und das Dolby Theatre errichtet wurden, tummeln sich die meisten Straßenkünstler und Star-Doubles. Das hat natürlich nicht nur einen großen Touristenandrang zur Folge, sondern auch laute Musik und ständiges Angequatsche. Schließlich wollen die Doubles für ihre Showeinlagen und ihre aufwändigen Kostüme bezahlt werden. Vor dem Chinese Theatre befindet sich auch der Stern von Michael Jackson. Wann immer ich an ihm vorbeigegangen bin, standen die Menschen für ein Bild mit dem Stern regelrecht Schlange.
Klischee 2: „Los Angeles ist eine Autostadt“
Ja! Los Angeles ist definitiv eine Autostadt, was nicht zuletzt an der großen Stadtfläche und dem mangelhaften öffentlichen Verkehrsnetz liegt. Die Straßen sind gut ausgebaut, aber zu jeder Tages- und Nachtzeit voller Fahrzeuge. Trotzdem lässt es sich gut fahren in L.A. und Umgebung, wie mein Vater verwundert festgestellt hat. Er kutschierte uns in unserem Mietwagen nicht nur durch das Stadtgebiet, sondern auch bis nach Malibu, Santa Monica und zum Disneyland – größtenteils ärgernisfrei. Das Autofahren ist trotz der Fülle so entspannt, da es in den USA teilweise andere Verkehrsregeln gibt. So darf man oftmals trotz roter Ampel rechts abbiegen. Man muss sich nur vergewissern, dass niemand behindert wird. Diese Regelung sorgt dafür, dass der Verkehr flüssiger läuft. Mein Vater konnte außerdem beobachten, dass die Amerikaner rücksichtsvoller und weniger egoistisch fahren als deutsche Autofahrer. Seiner Meinung nach wurde er viel öfter und schneller in eine Spur gelassen, als es in Deutschland der Fall ist. Auf den Freeways, eine größere Version deutscher Autobahnen, gibt es zudem eine „Carpool Lane“. Dies ist eine extra Spur nur für Fahrgemeinschaften. Mindestens zwei Personen müssen in einem Fahrzeug sein, um auf der Sonderspur fahren zu dürfen. Dadurch wird neben dem „car sharing“ (Auto teilen) auch der Verkehrsfluss gefördert.
Alles in allem hat das Autofahren in L.A. und Umgebung Spaß gemacht. Wenn ich im Auto saß und die fremden Gebäude, Landschaften und Straßenschilder an mir vorbeiziehen sah, spürte ich den besagten amerikanischen Flair. Im Radio liefen größtenteils die gleichen Lieder wie in Deutschland, doch die überschwänglichen Radiomoderatoren und erfrischenden Werbe-Einspieler erinnerten mich immer wieder daran, dass ich in einem anderen Land mit anderen Sitten bin und machten mir stets Lust auf den Tag und die Eindrücke, die mich erwarten würden.
Klischee 3: „In Los Angeles begegnet man an jeder Ecke einem Filmstar“
Los Angeles ist eine der Städte mit der größten Stardichte der Welt. Die Berühmtheiten, die es sich in ihren schicken Villen in Bel Air gemütlich gemacht haben, wissen allerdings auch ganz genau, wie sie sich neugierigen Touristen entziehen können. Bedauerlicherweise habe ich während meines gesamten Aufenthalts keinen Prominenten ausmachen können. Doch wie unser Tourguide Dennis zu sagen pflegte: „Die Kunst ist nicht, einen Star zu sehen, sondern ihn zu erkennen“.
Dennis ist die eine Hälfte der Reiseführer Sandra und Dennis, die in Los Angeles deutschsprachige Tagestouren anbieten. Da mein Vater kein Englisch spricht, schlug ich bei der Urlaubsplanung vor, eine Tagestour mit deutschen Reiseführern zu machen. Unsere Wahl fiel auf Sandra und Dennis, die uns nicht enttäuschten. Die Tour in einem gemütlichen Van führte uns quer durch L.A. bis hin zur Stadtregion mit dem Venice Beach. Als wir den Rodeo Drive, eine der teuersten Einkaufsstraßen der Welt, entlang fuhren, erzählte Dennis uns, dass er und seine Reisegruppe vor zwei Jahren dort Schauspieler Vin Diesel gesehen
hätten. Während wir den Sunset Strip passierten, ebenfalls berühmt für die dort angesiedelten Restaurants, zeigte Dennis uns Paparazzi-Fotos, auf denen Stars wie Halle Berry und Victoria Beckham beim Verlassen einiger der Lokale abgelichtet wurden. Doch so sehr ich auch Ausschau hielt, kein Prominenter kreuzte meinen Weg. Dabei liefen meine Eltern und ich durchs Reichenviertel Beverly Hills und besuchten den Griffith Park, eine bei den Prominenten zum morgendlichen Joggen sehr beliebte Parkanlage. Ich lies mich davon aber nicht herunterziehen. Am Walk of Fame begegnete ich ohnehin täglich Spiderman-, Marylin Monroe – und Michael-Jackson-Doubles und im Wachsfiguren-Kabinett Madame Tussauds Hollywood bekam ich schließlich meine Fotos mit Lady Gaga, Demi Lovato, Julia Roberts und Co.
Ein Star-Moment prägte mich jedoch am meisten. Ich besuchte das Grab von Michael Jackson auf dem riesigen Parkfriedhof Forest Lawn in Glendale. Sein Grab liegt in einem für die Öffentlichkeit nicht zugänglichem Mausoleum, aber auch knapp acht Jahre nach seinem Tod lagen am Tag meines Besuches noch Plakate, weiße Glitzerhandschuhe und Grußkarten vor dem Eingang. Fan bleibt eben Fan, egal wie viel Zeit vergeht.
Klischee 4 „Disneyland muss man gesehen haben“
Disneyland – ein märchenhafter Ort voller Prinzessinnen und solcher, die es gerne wären. Meine Erwartungen an den Disneyland Park in Anaheim waren hoch. Vor allem, weil wir zwei Tage zuvor die Universal Studios Hollywood besucht hatten. Das besonderen an den Studios ist, dass sie nicht nur aus Hallen bestehen, in denen Filme und Serien gedreht werden, sondern sich rund herum auch ein Freizeitpark mit Achterbahnen erstreckt. Diese Achterbahnen sind größtenteils vollanimierte 3D und 4D-Spektakel, die die Mitfahrer in fremde Welten eintauchen lassen. So konnte ich in den Universal Studios mit Harry Potter über das Quidditch-Feld fliegen und
den Simpsons auf einer wilden Reise durch Springfield folgen. Sogar in einen Minion wurde ich verwandelt, als ich in der Ich-einfach-unverbesserlich-Themenwelt war. Der Tag in den Universal Studios entpuppte sich als einer der spannendsten des ganzen Urlaubs.
Dementsprechend erwartete ich im Disneyland ähnlich Begeisterndes. Ich wurde allerdings stark enttäuscht. Trotz aufwändig gestalteter Märchenschlösser, niedlicher Disneyshops und Mickey-Mouse-Doubles störte mich, dass ein erheblicher Teil des Parks nur auf Kleinkinder ausgerichtet ist. Zu allem Überfluss waren drei actionreichere Bahnen aus technischen Gründen unbenutzbar. Von einem enttäuschten Parkgast mit Jahrespass schnappte ich auf, dass technische Probleme durchaus keine Seltenheit seien.
Die Universal Studios besuchten wir an einem Dienstag. Die Anzahl der Besucher war zwar hoch, aber noch erträglich, da sich die Massen auf dem großen Gelände verteilten. Mehr als 20 Minuten mussten wir vor den Fahrgeschäften nicht warten. Dahingegen eilt der gute Ruf dem Disneyland voraus, weshalb es selbst an einem Donnerstag rappelvoll war. Wartezeiten bis zu 90 Minuten waren vorprogrammiert.
Es bleibt jedem selbst überlassen, welchen Park er oder sie favorisiert, doch ich schau mir meine Disneyhelden lieber im Film an und begebe mich stattdessen mit Harry Potter auf eine actiongeladene 4D-Reise quer durch Hogwarts. Universal Studios top, Disneyland flop. Wenn du noch mehr aus erster Hand über die „City of Angels“ erfahren willst, schau dir auch Teil Zwei an. Da verrate ich dir unter anderem, ob in Malibu wirklich alle surfen können, ob in Kalifornien tatsächlich täglich die Erde bebt und wie teuer ein Urlaub in Los Angeles werden kann.
Chris
Auf jeden Fall ein Traum Urlaub grade, wenn man den Hollywood Sign besuchen kommt, einfach nur Toll.