Ein geräumiges Loft in Berlin Neukölln bildet den Schauplatz der neuen Politsendung „Volksvertreter“, bei der ein junger Bundestagskandidat auf drei wahlberechtigte Bürger trifft. Dabei erhält er den Auftrag, im Rahmen lockerer „Dates“ und eines gemeinsamen Abendessens die Bürger von sich und seiner Meinung zu überzeugen. Gastgeber ist der ZDF-Moderator Jo Schück.
Jo Schück, die sieben Folgen der Serie sind bereits im Kasten, drei davon wurden auch schon gesendet. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Ich glaube, dass man bereits jetzt merkt, welche kleinen Nuancen über eine lebhafte sowie konstruktive Diskussion entscheiden. Das heißt, Zusammensetzung und Auswahl der Personen und Themen sind maßgeblich für den Verlauf der Debatte. Psychologisch hoch spannend.
Eine Sendung, bei der die Politiker/innen zum Verlassen ihrer Komfortzone gezwungen sind, gab es so zuvor noch nie. Wie schwer war es, sie in die Sendung zu lotsen?
Natürlich ist es nicht einfach, eine Politikerin oder einen Politiker für einen ganzen Tag zu binden. Umso überraschender war es für mich, dass die meisten wirklich ziemlich schnell zugesagt haben. Allerdings hatten wir auch die Absicht, primär junge Kandidatinnen und Kandidaten für das Format zu gewinnen. Somit war es natürlich zugleich ein bisschen leichter, als wenn wir Merkel und Schulz angefragt hätten. Des Weiteren bot sich für sie somit auch eine Gelegenheit, den Wahlkampf zu eröffnen und zu üben. Dies in einem Rahmen, der auch noch Fehler zulässt.
Der Politiker und seine Meinung stehen im Vordergrund
Die ursprüngliche Idee der Sendung stammt aus Spanien. Einem Land, in dem ein großes Ungleichgewicht und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit herrschen. Müssen wir uns nun endgültig Sorgen machen?
Nein. Zwar stammt die Grundidee aus Spanien, doch unsere Umsetzung ist eine komplett andere. Dass Bürger auf Politiker treffen sollen, ist ja erstmal nichts Neues. In dieser Form und vor allem in dieser Dauer über nahezu 24 Stunden aber doch. Hier geht’s nicht bloß um den politischen Austausch, sondern auch um das persönliche Kennenlernen. Mit einem Politiker einen ganzen Tag zusammen zu sein und dabei herauszufinden wie dieser Mensch tickt, was ihn antreibt und schließlich zu seinem politischen Engagement bewog – Das war und ist unser Ziel. Was dabei herauskommt, kann man nun sehen.
Welche Kriterien gab es bei der Auswahl der Wähler und Mitdiskutanten?
Neben der Voraussetzung eines gewissen Grundinteresses an Politik haben wir vor allem darauf geachtet, dass wir wirklich Bürger aus allen Teilen der Gesellschaft nehmen. Uns war es wichtig, keine Verbandsfunktionäre oder Mandatsträger in die Sendung zu holen. Außerdem sollte es der Kandidat natürlich nicht zu einfach haben, das heißt, die politische Einstellung sollte schön unterschiedlich sein. Das macht es natürlich spannender.
Gab es Gegenwind?
Nein, die Idee stieß uneingeschränkt auf offene Türen und Ohren. Auch, weil sich ZDFneo ja im Zuge der bevorstehenden Bundestagswahl ein politisches Format gewünscht hatte.
Ergab sich also zu keinem Zeitpunkt die Überlegung, dem Format einen Platz auf dem Hauptkanal zu geben?
Von Beginn an war klar, dass unser Format auf ZDFneo und im Netz ausgestrahlt werden würde. Wenn das noch jemand im großen ZDF wiederholen möchte, hat er aber mein Einverständnis.
Sobald die Kamera an ist, schlüpft jeder Mensch in eine Rolle
Interessant ist, dass die Kandidaten durchweg als offen und authentisch bewertet werden. Wie war Ihr Eindruck?
Ich glaube, dass man, sobald die Kamera an ist, automatisch in eine Rolle schlüpft – sowohl der Politiker als auch der Bürger. Aber für unsere Kandidaten war es sehr schwer in die übliche Politrhetorik zu driften, denn schließlich wollten sie ja überzeugen. Das schaffe ich nur, wenn ich meinem Gegenüber das Gefühl gebe, seine Sprache zu sprechen. Und wenn doch mal einer in Parteisprech verfiel, folgte sofort der Appell „Wir wollen dich verstehen, also sprich bitte Deutsch mit uns!“ Sensationell!
Gerne sagen Sie, dass es einer Rückbesinnung auf das Grundhandwerk des Journalismus bedarf. Bildet das neue Format einen Teil davon?
Ich glaube, dass solch eine Sendung ein Mosaikstein dessen bildet, ja. Grundsätzlich gehören zur Rückbesinnung aber mehrere Facetten. Diese Sendung ermöglicht dem Zuschauer, sich auf einer einfachen und unterhaltsamen Weise an Politik zu beteiligen, auch ohne weitreichende Vorkenntnisse. Vor allem aber unterstreicht sie einen Aspekt: dass wir miteinander reden müssen. Dazu gibt es keine Alternative.
Wenn am 24. September Bundestagswahl ist, werden Sie dann bewusst auch ein Auge auf Ihre politischen Gäste und deren Ergebnisse werfen?
Natürlich, ich bin sehr gespannt, wie sich die Kandidaten schlagen. Ob sie es schaffen mit ihren mehr oder weniger guten Listenplätzen, hängt natürlich hauptsächlich davon ab, wie sie sich bei „Volksvertreter“ geschlagen haben (lacht).
Jo Schück, vielen Dank für das Interview.
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