Es ist schwer, sich den Heiligen Geist vorzustellen. Und dennoch feiert die Kirche an Pfingsten den Heiligen Geist, der nach christlichem Glauben zur Dreifaltigkeit Gottes gehört. Benedikt Bögle erklärt, warum sie das tut und was es mit dem Heiligen Geist auf sich hat.
Unter Gott, dem Vater, kann man sich etwas vorstellen. Oft wird er als alter Mann dargestellt, in wallende Gewänder gehüllt, mit einem langen, weißen Bart. Nun, ob Gott wirklich so ist, sei dahingestellt. Aber unter einem „Vater“ können wir uns etwas vorstellen. Jeder hat einen Vater oder zumindest so etwas wie eine Vaterfigur – so können wir es vielleicht zumindest erahnen, was es bedeutet, von Gott als dem Vater zu sprechen. Auch Gott als den Sohn, als Jesus Christus, können wir uns wenigstens ein klein wenig vorstellen. Er war ein Mensch wie wir, lebte vor 2.000 Jahren auf unserer Erde, hat geliebt wie wir und gelitten – und er starb, wie auch wir einmal sterben werden. Zudem sind wir ja alle Söhne. Also können wir auch irgendwie Gott als Sohn denken. Aber Gott als Geist? Geister sind seltsame, halbtote Wesen. Sie können nett sein, als Hausgeister etwa in J. K. Rowlings Harry-Potter-Erzählungen. Oder aber sie sind gruselig, wie in den vielen Horrorromanen und -filmen. Und so soll Gott nun sein? Ein „heiliger“ Geist?
Christus ist ganz beim Vater
Der Heilige Geist, an den Christen glauben, hat mit solchen Gruselgespenstern jedoch nichts gemein. Am Pfingstfest, das 50 Tage nach Ostern gefeiert wird, bezeugen Christen, was sie meinen, wenn sie vom Heiligen Geist sprechen. Jesus Christus ist am Kreuz gestorben. Christen glauben daran, dass er aber den Tod durch seine Auferstehung besiegt hat und „zum Himmel emporgehoben“ (Lk 24,51) wurde, wie es an Christi Himmelfahrt gefeiert wird. Damit ist nicht etwa der Sternenhimmel gemeint, es ist vielmehr ein Bild dafür, dass Jesus nun ganz beim Vater und nicht mehr in unserer Welt ist. Und was machen die Jünger Jesu? Sie freuen sich! Sie sind nicht traurig oder niedergeschlagen, verzweifelt oder enttäuscht. Im Gegenteil, sie waren „in großer Freude.“ (Lk 24,52)
Wieso? Das war nur unter einer Voraussetzung möglich: Jesus hatte ihnen vor seiner Himmelfahrt einen Beistand versprochen. „Ich werde euch die Gabe, die mein Vater verheißen hat, zu euch herabsenden. Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet.“ (Lk 24,49). Das ist erst einmal kryptisch. Was ist die Gabe, was die Kraft aus der Höhe? Das Johannesevangelium erzählt eine ähnliche Geschichte. Nachdem Jesus am Abend vor seinem Leiden mit seinen Jünger zu Abend gegessen hatte, bevor er von einem seiner besten Freunde verraten und verkauft wurde, hat er eine lange „Abschiedsrede“ an seine Jünger gehalten. Man könnte sagen, es war eine Art geistliches Testament. Jesus sagt in dieser Rede, es sei gut, dass er gehe. „Denn wenn ich nicht gehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen.“ (Joh 16,7) Das also ist die Kraft, die aus dem Himmel kommt: Ein Beistand.
Der Heilige Geist verleiht unvorstellbare Kräfte
Wie das genau geschieht, erzählt wiederum der Evangelist Lukas. Neben seinem Evangelium hat er auch über die frühen Jahre der jungen Kirche in der sogenannten „Apostelgeschichte“ berichtet. Dort erzählt er, die Jünger seien in Jerusalem gewesen, zehn Tage nachdem Jesus in den Himmel verschwand. „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ (Apostelgeschichte 2,2-4).
Das hört sich nach einem ziemlichen Durcheinander an. Alle reden in fremden Sprachen. Diese Bildersprache will ausdrücken, wie stark die Kraft des Heiligen Geistes ist. Er ist bei den Menschen, er beseelt sie, leitet sie. Und das so intensiv, das plötzlich Menschen aus Israel in allen denkbaren Sprachen reden, obwohl sie diese nie gelernt haben. Genau deswegen sind die Jünger nicht traurig, als Jesus in den Himmel fährt, sondern freuen sich: Denn an seiner statt kommt der Beistand, der Heilige Geist zu den Menschen.
Gibt es nun drei Götter?
Die Kirche hat sich damit anfangs sehr schwer getan. Haben wir denn nun drei Götter? Einen Vater, einen Sohn und dazu noch einen Geist? Nein, das lehnte die Kirche schnell ab. Ein einziger Gott ist es, das glauben die Christen, aber er besteht in drei Personen. Und deswegen wird der Heilige Geist und seine Herabkunft auf die Menschen gefeiert: An Pfingsten. Bis zu diesem Fest dauert die Osterzeit. Die Christen glauben, dass Jesus Christus nicht nur seinen eigenen Tod überwunden hat, sondern dass wir alle an seiner Auferstehung teilhaben werden. Das heißt: So wie er starb, müssen auch wir einmal sterben; aber so wie er auferstand, wird auch unser Leben nicht mit dem Tod enden. Das ist eine so gewaltige, freudige Botschaft, dass man sie nicht nur an einem Tag feiern kann. Deshalb dauert die Osterzeit für die Christen volle 50 Tage, an ihrem Ende steht das Pfingstfest, das spätestens seit dem fünften Jahrhundert nach Christus gefeiert wird.
Pfingsten ist eine gute Gelegenheit, den Heiligen Geist neu in das Zentrum zu stellen. Auch wenn wir ihn uns nicht vorstellen können. Aber der Heilige Geist ist die Zusage Gottes, dass er uns Menschen nicht im Stich lässt, uns nicht alleine hier zurücklässt. Nie. Unter keinen Umständen.
Frank Seeger
Hallo Benedikt,
…an einem Punkt muss ich etwas Wichtiges anmerken… oder schreibst Du nur an Männer? Wir sind nicht alle “Söhne”… Deine Leserinnen sind Töchter…
Und das hat jetzt nichts mit Gendersprache zu tun…
Und das zweite…die Menschen sprachen nicht in verschiedenen Sprachen, sondern jeder hörte sie in seiner Mundart (Muttersprache)
Der Geist Gottes wirkt das Verstehen und Begreifen… und schenkt uns das Zuhören…
Das braucht unsere Welt so dringend!
Danke Benedikt für Deinen Blog 😉