Die Corona-Krise offenbart, wie wandelbar unsere Arbeitswelt ist. Kürzere Arbeitszeiten, Home-Office und Videokonferenzen sind nur einige Beispiele dafür, dass Nine-to-Five-Lohnarbeit kein Naturgesetz darstellt. Nun soll experimentell geklärt werden, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) für die Zukunft der Arbeit mitgedacht werden muss.
Ins Leben gerufen wurde das Projekt vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Zudem sind der Verein „Mein Grundeinkommen“, das Max-Planck-Institut und die Universität zu Köln beteiligt – durchaus namhafte Organisationen also.
Wie soll das Experiment ablaufen?
Rund 120 Teilnehmer aus Deutschland sollen über einen Zeitraum von drei Jahren (zwischen 2021 und 2024) monatlich 1200€ erhalten. Das Geld ist steuerfrei und muss in keiner Weise erarbeitet werden. Die Teilnehmer dürfen in dieser Zeit weiterhin einem Beruf nachgehen. Somit sind die 1200€ für einige ein zusätzliches Einkommen oder natürlich eine finanzielle Absicherung.
Kann das Experiment neue Erkenntnisse liefern?
Positiv ist in jedem Fall, dass die Idee eines BGE mittlerweile in der Wirtschaftsforschung ernst genommen wird. Die experimentelle Testung verspricht zudem eine größere gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema. Auch die Höhe des Grundeinkommens bewegt sich in einem Rahmen, der von Befürwortern des BGE als angemessen angesehen ist.
Die Problematik
Ein großes Problem ist allerdings der Zeitpunkt der Studie. Im Jahr 2021 wird die Corona-Krise sicherlich noch nicht überstanden sein. Das Testen eines Grundeinkommens während einer Pandemie stellt nicht gerade den Normalfall dar. Außerdem soll die Studie nur drei Jahre laufen. Viele Zukunftsforscher prognostizieren für die kommende Arbeitswelt eine zunehmende Zahl an Selbstständigen. Wer diesen Schritt nun im Zuge des Experiments wagen will, hat zwar eine finanzielle Absicherung, was ein riesiger Vorteil ist, aber sie ist auf drei Jahre begrenzt. Danach steht der Selbstständige vor den altbekannten Unsicherheiten.
Auch die Anzahl der Teilnehmer ist problematisch. Mindestens 120 Menschen sollen mitmachen. Nach derzeitigem Stand wird diese Zahl noch geringfügig nach oben korrigiert. Da die Teilnehmerzahl aber so niedrig ist und die Probanden in der gesamten Bundesrepublik verstreut sind, wird keine Gesellschaft simuliert, in der Strukturen herrschen, in die sich das BGE einfügt. Die Gesellschaft verändert sich dadurch nicht.
Ausblick
Am Ende wird das Grundeinkommens-Experiment womöglich nur ein willkommener Zuverdienst für die Teilnehmenden sein. Der kurze Zeitraum der Studie gibt ihnen nicht die Möglichkeit, ihr Arbeitsleben grundsätzlich oder dauerhaft zu verändern. Die Probanden müssen sich weiterhin einer Gesellschaft anpassen, in der die meisten Menschen ohne BGE leben. Vielleicht steht ein Ergebnis schon vor Beginn des Experiments fest: Es braucht nicht nur ein bedingungsloses Grundeinkommen, es braucht auch eine gesellschaftliche Veränderung und eine neue Arbeitswelt.
Jonas Prien
Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist ein Ausdruck der Gefahr in einer neuen, arbeitslosen Gesellschaft. Aufgrund des steigenden Einflusses Künstlicher Intelligenz (KI) und autonomer Systeme in der Wirtschaft sinkt die Bedeutung von menschlicher Arbeitskraft. Die Gewinner dieser Entwicklung sind jene, die die Daten besitzen und damit die KI beherrschen, also die großen internetbasierten Firmen Apple, Facebook, Google, Alphabet, Alibaba etc. Von ihrer ökonomischen Macht beraubt können die Arbeiter nichts mehr tun, außer mit ihren Almosen von etwas mehr als 1000 Euro, die letztlich durch Steuern der Konzerne bezahlt sind, ihr Dasein zu fristen.
Hannes Rolfs
Danke für den Kommentar. Mehr zu dem Thema BGE und veränderte Arbeitswelt auch hier: https://www.firstlife.de/das-bedingungslose-grundeinkommen-eine-frage-des-menschenbildes/