In Nordrhein-Westfalen tritt am 01. Mai 2013 eines der konsequentesten Nichtraucherschutzgesetze in Kraft. Diesen und anderen Projekten der aktuellen Landesregierung steht die oppositionelle CDU erwartungsgemäß kritisch gegenüber. Landtagsabgeordneter Rainer Spiecker MdL erklärt seine Positionen und ermutigt die Jugend zu mehr Engagement in Parteien und Kommunen.

Herr Spiecker, unter den Projekten der rot-grünen Landesregierung sind insbesondere drei, welche von der CDU-Fraktion abgelehnt wurden oder werden und wo der bisherige Status Quo erhalten bleiben soll. Eines davon ist das neue Nichtraucherschutzgesetz, welches am 1. Mai in Kraft tritt. Wieso ist für Sie Gesundheitsschutz weniger wichtig als wirtschaftliche Interessen?
Gesundheitsschutz ist selbstverständlich immer wichtig, keine Frage. Es ist aber auch so, dass gerade in der Gastronomie das Rauchen zur Kultur dazugehört. Wir zwingen ja keinen, ein Raucherlokal zu besuchen, wie es sie bisher geben durfte. Man muss auch eines unterscheiden: Es gibt die klassischen Ein-Raum-Lokale, wie die Eckkneipen. Dort wurde immer geraucht und es gibt dort einen Kundenkreis, für den das Rauchen zum persönlichen Wohlbefinden dazugehört. Außerdem gibt es diejenigen Lokale, die sich auf das bisherige Nichtraucherschutzgesetz eingelassen und viel Geld zur Schaffung abgetrennter Räumlichkeiten investiert haben. Die wirtschaftlichen Interessen beider Arten von Gaststätten wurden überhaupt nicht berücksichtigt. Ebenso sind die negativen Konsequenzen für Brauchtumsveranstaltungen, wie Schützenfeste oder Karnevalssitzungen zu sehen. Richtig ist natürlich, dass besonders das Personal in den Lokalen durch den Rauch gefährdet ist. Ich bezweifle aber, dass das Rauchen dem Personal tatsächlich so stark geschadet hat, wie es oft gesagt wird und es konnten uns auch seitens der Landesregierung keine Statistiken dazu vorgelegt werden. Ich bin außerdem ganz grundsätzlich der Meinung, dass wir den Bürger nicht bevormunden sollten: Du darfst das, du darfst das nicht.
Die Raucher werden durch dieses Gesetz aber nicht bevormundet, denn es darf jeder weiterhin rauchen – nur eben draußen oder zu Hause. Sind es nicht eher die Nichtraucher, die bisher eingeschränkt wurden, wenn sie berechtigterweise keine Lust auf Passivrauchen und miefende Kleidung haben und deshalb manche Lokale meiden mussten?
Wieso mussten sie diese meiden? Die meisten Lokale verfügen über einen Raucher- und einen Nichtraucherbereich, sodass jeder selbst entscheiden konnte, wo er hinging. Die anderen Lokale verfügen häufig über Abzugshauben. Es geht vor allem auch darum, nicht immer pauschal alle Raucher in die böse Ecke zu stellen. Rauchen ist schädlich, das ist klar und jeder Raucher sollte sich der Risiken bewusst sein. Das Gleiche gilt aber auch für Alkoholika. Man müsste dann auch konsequenterweise den Alkoholausschank verbieten und wer weiß, vielleicht kommt man ja in fünf Jahren auch auf diese Idee. Auf den Punkt gebracht, muss man doch in Sachen Reglementierung auch irgendwann einmal die Kirche im Dorf lassen. Wir hatten bisher ein hervorragendes Nichtraucherschutzgesetz, welches allen gerecht wurde.
Das neue Ladenöffnungsgesetz will die Durchführung verkaufsoffener Sonntage insgesamt restriktiver gestalten. Auch dies lehnt die CDU ab. Ist etwa auch hier die Wirtschaft wichtiger, als der Sonntagsschutz, dem sich doch gerade die C-Partei verpflichtet wissen sollte?
Bei diesem Thema spreche ich natürlich aus zwei Seelen: Einmal als Wirtschaftspolitiker und einmal als Christ. Als Christ kann man natürlich sagen, dass der Sonntag kein Einkaufstag ist. Das entspricht aber nicht mehr der Realität, denn das Kaufverhalten hat sich geändert. Die alte Landesregierung hat die Ladenöffnungen maßvoll geregelt, indem beispielsweise im Advent an nur einem Sonntag geöffnet werden durfte. Durch das neue Gesetz kann es nun in einer Stadt zwei verkaufsoffene Adventssonntage geben: einmal in der Innenstadt und einmal in der Peripherie, was ich durchaus gerecht finde, da diese dadurch gegenüber der Innenstadt nun nicht mehr benachteiligt wäre. Ich sage, dass, wenn wie bisher in den Kommunen eine Regelung, ein Kompromiss gemeinsam mit den Gewerkschaften und mit den Kirchen gefunden wurde, keine gesetzliche Neuregelung nötig gewesen wäre.
Wobei es doch ein positiver Aspekt des neuen Gesetzes ist, dass der Anlassbezug für einen verkaufsoffenen Sonntag wieder stärker herausgestellt wurde.
Das war ja im Prinzip vorher auch schon, dass ein gewisser Anlass gegeben sein musste. Außerdem reden wir von einer Öffnungszeit, die auf 13 bis 18 Uhr eingegrenzt ist, denn dass Morgens um 10 Uhr, wenn in den Kirchen die Gottesdienste stattfinden die Geschäfte nicht schon aufhaben müssen, ist klar. Es ging der Landesregierung auch bei diesem Gesetz nur darum zu dokumentieren, dass man etwas mache. Was aber gemacht wird, ist letztlich ein Abarbeiten an den Gesetzen der Vorgängerregierung.
Ein weiteres Projekt der Landesregierung ist die Herabsenkung des Alters zur Wahl des Landtages auf 16 Jahre. Wer reif genug für Kommunalwahlen sei, der sei es auch für Landtagswahlen heißt es im Koalitionsvertrag. Warum sieht die CDU das nicht so?
Das Kommunalwahlrecht ab 16 finde ich richtig, denn da geht es um den Bezug der Jugendlichen zu ganz konkreten Themen ihrer Kommune. Junge Leute sollen sich engagieren, sollen politisch werden. Wenn ich aber sehe, dass beispielsweise bei der Stadtjugendratswahl in Wuppertal gerade einmal 3,5 Prozent zur Wahl gegangen sind, dann kann es doch nicht sein, dass man jetzt den Jugendlichen ermöglicht, durch das Wahlrecht auch auf der Ebene der Landespolitik mitzuentscheiden, wenn sie sich noch nicht im eigenen unmittelbaren Umfeld politisch engagieren. Deshalb sage ich immer wieder: Die jungen Menschen müssen aktiv werden – sich engagieren in den demokratischen Parteien. Das ist ganz ganz wichtig.
Wobei aber doch die befürchtete geringe Ausübung des aktiven Wahlrechts in dieser Altersgruppe nicht Begründung dafür sein kann, dieses Wahlrecht generell vorzuenthalten.
Ich finde, wir sollten erst einmal dafür sorgen, dass sich die jungen Bürger in ihrer Kommune, in ihrem Wohnumfeld, in den Bezirksvertretungen engagieren und dort ihr Wahlrecht in Anspruch nehmen. Wenn wir dabei sehen, dass da Erfolge entstehen, dann können wir immer noch schauen, dass wir das Wahlrecht ab 16 auf die Landesebene ausdehnen. Ich glaube bei dem Thema sollte man Schritt für Schritt vorgehen.
Bei diesen drei nun besprochenen Themen, wollte oder will die CDU in NRW also beim Status Quo bleiben. Zum Abschluss die Frage: Was will die CDU denn hingegen positiv angehen und erneuern in dieser Legislaturperiode?
Was uns als Opposition wichtig ist, ist dass wir zunächst einmal das aufarbeiten, wo die Landesregierung Fehler macht und an diesen Punkten Alternativen aufzeigen. Wir sind natürlich der Meinung, dass während der schwarz-gelben Koalition von 2005 bis 2010 gute Gesetze gemacht wurden. Was die CDU in NRW – nicht als Fraktion, sondern als Partei – derzeit durch die Regionalkonferenzen macht, ist sich ihrer Grundsätze nach der verlorenen Landtagswahl neu bewusst zu werden und sich inhaltlich in den verschiedenen politischen Themenfeldern klar zu positionieren.
Schreibe einen Kommentar