Die „School of Joy” ist die einzige Schule in Palästina für geistig und körperlich behinderte Kinder. Unsere Autorin war einen Tag lang beim Unterricht dabei. Ihr Bericht zeigt die Dankbarkeit und den Weg der Schüler zu mehr Akzeptanz und Normalität.
Im Rahmen eines Austausches mit einer palästinensischen Schule besuchte ich unter anderem die School of Joy, die einzige Schule für behinderte Kinder in ganz Palästina. School of Joy (Schule der Freude), ein ziemlich ironischer Name für eine Schule, die von Kindern eines Gebietes mit bis zu 45 Prozent Arbeitslosigkeit besucht wird. Bekanntlich landen Minderjährige in Krisengebieten oft auf der Straße; wie geht es dann wohl den Behinderten?
Sich normal fühlen, ohne dabei schief angeschaut zu werden…
Umso überraschter war ich dann aber, als ich das Haus betrat: Kinder mit strahlenden Gesichtern liefen uns entgegen und betrachteten uns neugierig, da braunhaarige und blonde Menschen dort etwas ziemlich Seltenes sind. Der Leiter der Schule, Father Abu Sada, begrüßte uns sehr herzlich und führte uns erst einmal durch die Schule, wo die Kinder uns stolz ihre Klassenräume und Werkstätten zeigten. Danach wurde typischer arabischer Kaffee serviert und Father Abu Sada erzählte uns von der School of Joy, die er 1983 gegründet hat. Die Schule, die sich nur aus Spenden finanziert – weil sie von der palästinensischen Autonomiebehörde kein Geld erhält – wird zurzeit von 58 Schülern besucht, mehr als 50 weitere stehen auf der Warteliste.
Die Schüler sind zwischen 6 und 24 Jahre alt. Sie lernen dort elementare Sachen, wie Lesen, Schreiben und Rechnen aber auch handwerkliche Tätigkeiten, wie Schreinern oder Sticken. Außerdem lernen die Kinder die Techniken der Olivenholzschnitzerei, weil dies im Raum Bethlehem eine wichtige Einnahmequelle ist. Der Priester berichtet uns, wie wichtig diese in unseren Augen eher dürftige Schulausbildung für die geistig und/oder körperlich behinderten Kinder ist.
Behinderte Kinder werden als wertlos und als Last empfunden
In Palästina müssen die meisten Kinder schon früh etwas zum Lebensunterhalt der Familie beisteuern. Ohne ein wenig Hilfe können behinderte Kinder dies nicht und werden deshalb von ihren Familien oft als wertlos und als Last empfunden. Viele von ihnen landen auf der Straße oder werden von ihren Familien versteckt, weil sie als Schande angesehen werden. In der School of Joy können sie so lange bleiben, bis sie bereit sind, einen Beruf auszuüben. Ihre Eltern müssen nur Schulgeld zahlen, wenn sie Geld haben. Die Kinder besuchen von Montag bis Donnerstag und Samstag die Schule, Freitag und Sonntag ist unterrichtsfrei für den muslimischen und christlichen Gottesdienstbesuch. Die meisten Kinder bleiben von 8 Uhr bis ungefähr 17 Uhr in der Schule, da sie dort kostenlos Essen und Getränke erhalten. Ein Minibus transportiert die 10 Kinder, die am weitesten weg wohnen oder im Rollstuhl sitzen, zur Schule und wieder nach Hause.
Der Weg zur School of Joy ist allerdings für viele ein Problem, weil sie oft nicht die Fahrtkosten bezahlen können. Einige Kinder können deshalb nur die Schule besuchen, wenn Geld für Bustickets vorhanden ist. Vormittags haben die Kinder Unterricht, während sie nachmittags vor allem spielen und malen. Aber auch das ist gerade für die körperlich behinderten Kinder sehr wichtig, um die noch funktionierenden Muskeln zu trainieren. Darüber hinaus können die Kinder in dieser Zeit einfach einmal Spaß haben, ohne dass sie schief angeguckt werden.
Nach seinem kleinen Vortrag konnten wir Dinge, wie zum Beispiel kleine Krippen oder typisch arabische Stickarbeiten, der Kinder kaufen. Zum Ende unseres Besuches hatten wir noch Gelegenheit, mit den Jungen und Mädchen etwas zu spielen. Die Kinder, die bis auf wenige Ausnahmen nur arabisch sprechen, hörten uns zu, als könnten sie uns verstehen, wenn wir ihnen z.B. das Klatschspiel „Bei Müllers hat’s gebrannt“ beibrachten. Eine Sache, die wir vielleicht im Kindergarten oder in der Grundschule gespielt haben, die den Kindern aber wahnsinnig viel Spaß gemacht hat. Sie waren trotz ihrer Situation so fröhlich und aufgeschlossen, dass mir der Name der Schule dann doch sehr treffend schien. Diese Jungen und Mädchen verbreiteten so viel Fröhlichkeit mit ihrem Lachen und sind unglaublich dankbar, dass sie etwas lernen und Wertschätzung erfahren dürfen.
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