Der Legende nach soll der heilige Georg einen Drachen getötet haben. Auch wenn dies nicht den historischen Tatsachen entsprechen dürfte, steckt vielleicht ein Körnchen Wahrheit dahinter: Der Drache kann für Leid und Versuchungen stehen. Von Benedikt Bögle.

Gesicherte Fakten über den heiligen Georg gibt es – wie bei vielen anderen Heiligen der ersten christlichen Jahrhunderte – kaum. Gleichzeitig gab es schon sehr früh eine Verehrung des heiligen Georg, die dafür spricht, dass es den heiligen Mann gegeben hat. Er soll am Anfang des vierten Jahrhunderts nach Christus gestorben sein. Georg stammte aus Kappadokien auf dem Gebiet der heutigen Türkei und war als Soldat in verschiedenen Regionen des römischen Reiches eingesetzt. Als Soldat kam er auch nach Libyen in die Stadt Silena. Dort soll ein furchtbarer Drache gehaust haben, dessen Atem die Menschen der benachbarten Stadt angeblich töten konnte.
Kinderopfer für den Drachen
Die Einwohner gaben dem Drachen Schafe zu fressen, um ihn zu besänftigen. Die Schafe aber waren irgendwann alle verbraucht und der König musste beschließen, dass dem Drachen an ihrer statt Kinder übergeben wurden. Eines Tages fiel das Los auf die Tochter des Königs. Er weigerte sich zunächst, sie dem Drachen zu opfern. Die Bürger der Stadt drohten allerdings mit einer Revolution: Der König hatte das Gesetz erlassen, sie alle hatten ihre Kinder geopfert – nun musste auch der König selbst seinen Beitrag leisten. Schweren Herzens schickte er seine Tochter zu dem Drachen. In diesem Augenblick tritt der Soldat Georg auf den Plan und tötet den Drachen.
Georg gefährdet sein eigenes Leben
Dass es Drachen nicht gibt, ist klar. Diese Legende könnte einen wahren Ursprung haben, eine Naturkatastrophe vielleicht, die das Leben der Menschen bedrohte und die Georg beendete. Wahrscheinlicher ist aber, dass eine Eigenschaft des heiligen Georg aufgegriffen und in die Bilder vom furchtbaren Drachen gekleidet wurde: Christliches Leben ist immer auch ein Kampf gegen Drachen gewesen – die Drachen der Sünde und die des Leides. Zunächst: Georg sieht das Leid der Bewohner von Silena, die ihre Kinder verlieren. Er zögert nicht, sein eigenes Leben in Gefahr zu bringen, um das Leben der Königstochter zu retten. Das entspricht dem, was Jesus selbst seinen Jüngern gesagt hatte: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Johannes 15,13)
Kampf gegen Versuchungen
Und schließlich ist christliches Leben immer auch ein Kampf gegen die Sünde. Überall scheinen in unserem Leben Versuchungen zu lauern, die uns vom richtigen Weg abbringen sollen. Schon Jesus selbst wird in der Wüste vom Teufel versucht. Schon Adam und Eva hören auf den Rat der Schlange, im paradiesischen Garten eine Frucht des verbotenen Baumes zu essen. Nicht ohne Zufall erinnert ein Drache mit seinem schuppigen, langgezogenen Körper an eine Schlange. Der Kampf des heiligen Georg mit dem Drachen kann so auch ein Symbol dafür sein, dass der Heilige in seinem Leben immer wieder den Versuchungen widerstand und damit die Schlange der Verführung besiegte.
Opfer der Christenverfolgungen
Am Ende seines Lebens fiel der heilige Georg der Christenverfolgung zum Opfer. Er weigerte sich – wie so viele andere Christen – den heidnischen Göttern zu opfern und musste diese Weigerung mit seinem Leben bezahlen. Auf grausame Weise wurde er zu Tode gefoltert. Auch dies erinnert an das Schicksal so vieler anderer christlicher Märtyrer der frühen Jahrhunderte – etwa an Florian, Katharina oder Agatha. Ihnen allen war ihr Glaube, ihr Zeugnis für Jesus Christus, wichtiger als ihr Leben.
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