Eine heilige Jungfrau aus Ägypten soll ihren Glauben mit dem Leben bezahlt haben. Sie weigerte sich, den Göttern zu opfern und konnte die führenden Gelehrten des römischen Reiches vom christlichen Glauben überzeugen. Eine Legende, die nach der Vernünftigkeit des Glaubens fragt. Ein Beitrag von Benedikt Bögle.

Was man glaubt, kann man nicht beweisen. Das gilt für das ganze Leben, es gilt für das Vertrauen, das man anderen Menschen entgegenbringt, es gilt für die Hoffnungen, die man in Beziehungen setzt, auf die Erwartungen, die man an die Zukunft stellt. Wer glaubt, weiß eben nicht. Das betrifft natürlich auch die Art und Weise, wie wir über den Glauben an Gott sprechen: Dass es einen Gott gibt, dass dieser Gott barmherzig ist, dass er die Welt erschaffen hat, dass er sich in der Heiligen Schrift mitteilt – all das ist dem Beweis nicht zugänglich. Gleichzeitig kann sich auch der Gottesglaube einer vernünftigen Reflexion unterwerfen. Das geschieht etwa an den Universitäten, wo wissenschaftlich an den theologischen Fakultäten über den Gottesglauben, seine Geschichte, seine Ausformungen geforscht und gelehrt wird.
Glaube und Vernunft – eine Symbiose
Für das Christentum war dieser Aspekt des Glaubens von Anfang an von zentraler Bedeutung. Christen wollten ihren Glauben auf eine vernunftgemäße Basis stellen. Davon zeugen viele kirchliche Schriftsteller der ersten Jahrhunderte, so etwa der heilige Bischof Augustinus von Hippo, der die christliche Theologie bis heute stark beeinflusst. Davon zeugt aber auch die Geschichte einer Heiligen: Katharina von Alexandrien. Ihr Leben ist heute historisch kaum mehr greifbar. Man vermutet, die Jungfrau sei zwischen 306 und 313 nach Christus gestorben. Die Tochter eines Königs soll sie gewesen sei und hochgebildet. Genau dies wurde ihr zum Verhängnis. Die Überlieferung ist an dieser Stelle nicht eindeutig. Entweder bemerkte Kaiser Maxentius ihre Klugheit oder aber Katharina von Alexandrien wurde Zeugin der Christenverfolgungen und versuchte, den Kaiser davon zu überzeugen, die Christen nicht weiter zu verfolgen.
Eine Frau gegen fünfzig Männer
Jedenfalls soll Kaiser Maxentius die fünfzig gebildetsten Männer seines Reiches zusammengerufen haben. Sein Ziel: Die Gelehrten sollten Katharina argumentativ bezwingen und sie von ihrem christlichen Glauben abbringen und vom heidnischen Glauben überzeugen. Genau das Gegenteil geschah: Katharina überzeugte die Gelehrten allesamt von der Wahrheit des christlichen Glaubens. Der Zorn des Kaisers soll grenzenlos gewesen sein: Zunächst ließ er die Gelehrten umbringen und verurteilte dann auch Katharina zum Tod. Sie sollte gerädert werden, doch das Rad zerbrach. Erst beim zweiten Mal starb Katharina.
Opfern oder sterben
Soweit die Legende, deren historische Authentizität wir heute nicht mehr abschließend klären können. Katharina steht aber für viele Christen in den frühen Jahrhunderten, die gezwungen waren den Göttern zu opfern. Weigerten sie sich, mussten sie sterben. Viele von ihnen gaben dem Druck nach, andere konnten durch Bestechung eine Bestätigung erwerben, die bescheinigte, sie hätten tatsächlich den Göttern geopfert – auch wenn sie das gar nicht getan hatten. Viele aber weigerten sich und mussten ihr Bekenntnis zum christlichen Glauben mit ihrem Leben bezahlen. Auch deshalb war sich die Kirche lange unsicher, wie sie mit denen umgehen sollten, die den Göttern geopfert hatten: Konnte man sie wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufnehmen? Wie konnten sie ihre Reue beweisen?
Für diese Christen steht auch Katharina von Alexandrien. Sie ist ein Bild all derer, die ihren Glauben bis zum Tod bezeugten. Sie ist aber auch ein frühes Beispiel dafür, dass das Christentum um einen vernünftigen Glauben rang: Nicht ein Glaube, der ohne jeden Zweifel beweisbar wäre, aber ein Glaube, der sich stets mit Vernunft seiner eigenen Basis nähert.
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