In diesem Artikel erfahrt ihr, was uns den Weg zu nachhaltigem Handeln erschwert und wie wir die Psychologie nutzen können, damit es uns gelingt, uns umweltbewusster zu verhalten.
Den Meisten von uns ist inzwischen bewusst, dass es den Klimawandel gibt. Viele verhalten sich sicher auch immer bewusster im Umgang mit unserer Umwelt. Dennoch bedeutet mehr Wissen nicht automatisch mehr nachhaltiges Handeln. Es ist nämlich gar nicht so einfach, Menschen dazu zu bringen, an ihren gewohnten, oft automatisch ablaufenden, Verhaltensweisen etwas zu verändern.
Der lange Weg zu umweltbewusstem Handeln
Warum Wissen nicht unbedingt Verhaltensänderung bedeutet, dafür kann die Psychologie interessante Erklärungsansätze bieten. Die Psychologie dient insbesondere dazu, das Erleben und Verhalten von Menschen zu erklären und vorherzusagen, sowie aktiv zu verändern. Und genau dies ist auch im Kontext der Nachhaltigkeit möglich. Auch hier können wir mit Hilfe der Psychologie besser verstehen, warum Menschen welches Verhalten zeigen oder unterlassen. Daraus können wir Überlegungen ableiten, wie wir Menschen dazu bringen können, sich umweltbewusster zu verhalten oder wie sie es eigenständig umsetzen können.
Der Weg von der Problemerkennung bis hin zum Handeln und zur Verhaltensänderung ist ein langer. Haben wir erst einmal erkannt, dass es ein Problem gibt, an dem sich etwas ändern muss, ist das ein bedeutsamer erster Schritt. Wichtig ist dann aber auch, dass wir uns von diesem Problem emotional betroffen fühlen. Ist dies nicht der Fall, ist es auch weniger wahrscheinlich, dass wir denken, es wäre an uns, zu handeln. Es stellt sich außerdem die Frage, ob wir uns verantwortlich für dieses Problem fühlen. Fühlen wir uns (mit-)verantwortlich, kann sich die Motivation bilden, etwas verändern zu wollen. Selbst dann aber kann es noch passieren, dass wir doch nicht zum Schritt der Handlungsintention kommen. Hier kommt das Thema „Selbstwirksamkeit“ ins Spiel. Nur wenn wir überzeugt sind, etwas bewirken zu können, werden wir uns dazu entschließen, zu handeln und etwas zu verändern.
Übertragen wir diese ganzen Schritte nun einmal auf das Thema Nachhaltigkeit:
Die Theorie des Auflösungsniveaus
Wir erkennen, dass es den Klimawandel gibt und, dass dieser ein Problem darstellt. Wir hören in den Nachrichten davon, dass das Eis in der Arktis schmilzt und dass es irgendwann aufgrund der globalen Erwärmung nicht mehr möglich sein wird, auf der Erde zu leben. Es klingt zwar bedrohlich, aber die Folgen des Klimawandels sind zum Teil räumlich und zeitlich so weit entfernt, dass wir uns nicht direkt betroffen fühlen. Genau dieses Phänomen beschreibt die „Theorie des Auflösungsniveaus“. Sie besagt, dass nahe Ereignisse – sowohl zeitlich als auch räumlich – im Gedächtnis detaillierter und feiner vorgestellt werden als ferne Ereignisse, die abstrakt und schemenhaft abgebildet werden.
Ein aktuelles Beispiel für diese Theorie sind die Unwetter, die in Deutschland vor einigen Wochen vielerorts leider großen Schaden angerichtet haben. Sicherlich fühlen sich viele von uns davon emotional betroffen. Wir haben die Katastrophe entweder selbst erlebt, kennen andere, die betroffen waren, oder aber wir fühlen uns durch die räumliche Nähe mit bedroht.
Verantwortung, Motivation und Selbstwirksamkeit
Nehmen wir also an, eine Person würde sich, zum Beispiel aufgrund der aktuellen Ereignisse, vom Klimawandel betroffen fühlen. Dann könnte der Gedanke aufkommen: „Trage ich zur Klimaveränderung bei?“ Diese Person würde dann vielleicht überlegen: “Ich fahre Auto, ich konsumiere Fleisch, ich fliege hin und wieder in den Urlaub“ – und so zu dem Schluss kommen, dass auch sie zur Verschmutzung der Umwelt beiträgt.
Aus dieser Realisation kann sich die Motivation bilden, sich umweltbewusster zu verhalten. In einem nächsten Schritt kommt dann die Frage auf: „Kann ich durch mein Handeln etwas verändern?“ In der Psychologie wird dies auch als „Selbstwirksamkeitserwartung“ bezeichnet. Nur wenn wir überzeugt sind, dass wir mit unserem Handeln den Klimawandel stoppen oder reduzieren können, werden wir uns dazu entscheiden, etwas zu tun. Gerade diese Überzeugung ist bei vielen von uns möglicherweise nicht so stark ausgeprägt. Gedanken wie „Was kann ich als Einzelner schon verändern?“ kommen auf. Wir müssen uns also bewusst machen, dass jede Reduktion der Umweltverschmutzung bedeutsam ist und dass wir zumindest einen kleinen Beitrag dazu leisten können. Je mehr Menschen etwas verändern, desto größer wird auch die positive Wirkung sein.
Die Intentions-Verhaltens-Lücke
Gehen wir einmal von dem Idealfall aus, jedem von uns wäre bewusst, dass es das Problem des Klimawandels gibt. Wir fühlen uns betroffen und wir sehen unseren eigenen Anteil daran. Die Motivation, etwas zu verändern, hat sich ebenfalls entwickelt. Und wir glauben sogar, etwas bewirken zu können. Unsere Intention, zu handeln und etwas zu verändern, ist also da. Selbst dann ist aber noch nichts von außen Sichtbares geschehen.
Und auch an diesem Punkt können wir noch von unserem Handeln abgehalten werden – wenn es uns nicht gelingt, unsere Intentionen umzusetzen.
Die psychologische Theorie der „Intentions-Verhaltens-Lücke“ besagt, dass es oft Diskrepanzen gibt zwischen dem, was wir erreichen wollen und wie wir uns tatsächlich verhalten. Dazu tragen u.a. unsere Gewohnheiten bei, in die wir immer wieder automatisch zurückfallen. Oft fehlt uns zudem ein genauer Plan der Umsetzung. Wir setzen uns ein Ziel, das zwar beschreibt was wir erreichen wollen, aber nicht wie, wann und wo.
Wie wir uns austricksen, ohne es zu merken
„Ich möchte mich umweltfreundlicher verhalten. Heute fahre ich aber mit dem Auto in die Stadt. Damit spare ich viel Zeit und auf die Bahn ist ja eh kein Verlass. Außerdem kostet mich eine Bahnfahrt mindestens das gleiche wie die Autofahrt, wenn nicht sogar mehr.“
Klingt doch nach einer plausiblen Erklärung, oder? Das Beispiel veranschaulicht ganz gut das Phänomen der kognitiven Dissonanzreduktion – eine weitere Theorie aus der Psychologie. “Kognitive Dissonanz” entsteht, wenn wir zwei Kognitionen haben, die nicht zueinander passen. Das löst ein unangenehmes Gefühl aus. Um dieses zu reduzieren, reden wir den Widerspruch entweder klein oder aber wir finden Gründe und Rechtfertigungen dafür, warum wir uns anders verhalten, als wir es eigentlich wollten. Machen wir das jedoch zu häufig und schaffen es deswegen nicht, unseren Zielen näher zu kommen, kann das problematisch werden.
„Wenn-Dann-Pläne“
Eine Strategie ist es, konkrete „Wenn-Dann-Pläne“ zu entwickeln. Sie sind dafür da, uns auf die kritische Situation vorzubereiten, sodass wir genau wissen, wie wir in dieser Situation handeln wollen. Ein sinnvoller Wenn-Dann-Plan könnte beispielsweise lauten: „Wenn ich Sonntag morgens Brötchen haben möchte, fahre ich mit dem Fahrrad zum Bäcker. Wenn es regnet, fahre ich entweder trotzdem mit dem Fahrrad oder aber ich verzichte auf die Sonntagsbrötchen und esse etwas, was ich noch zu Hause habe“ Dieser Plan ist konkret. Er beschreibt eine bestimmte Situation und es ist klar, wie ich mich verhalten möchte, wenn diese eintritt. Gut ist es auch, wenn ich in meinen Wenn-Dann-Plänen mögliche Störfaktoren berücksichtige, die mich daran hindern könnten, meinen Plan umzusetzen. Dass es mal an einem Sonntag regnet, ist gar nicht so unwahrscheinlich. Aber auch für den Fall habe ich eine gute Lösung parat. Ein Wenn-Dann-Plan wäre es dahingegen nicht, wenn ich mir lediglich vornehme: „Ich möchte weniger Auto fahren“ Denn es bleibt undefiniert, wie dieses Ziel erreicht wird, in welcher Situation wir uns wie verhalten und wie wir bei Hindernissen reagieren.
So klappt’s mit der Umsetzung! – Tipps für den Alltag von einer Psychologin
Es gibt einige Punkte, die uns daran hindern können, etwas an unserem Verhalten zu ändern. Mit einem gewissen Bewusstsein sowie Selbstvertrauen und Flexibilität aber können wir diese Hindernisse überwinden und es schaffen, uns umweltbewusster und nachhaltiger zu verhalten.
Anbei findet ihr ein paar Tipps, die euch auf eurem Weg zu mehr nachhaltigem Handeln helfen können:
Wissen aneignen
Eignet euch aktiv Wissen an. Ihr entscheidet, was ihr mitbekommt.
Eigene Verhaltensmuster erkennen und reflektieren
Seid ehrlich zu euch selbst: Wo tragt ihr zur Umweltverschmutzung bei? Welche, vielleicht für die Umwelt ungünstigen Gewohnheiten habt ihr?
Ideen für Veränderung sammeln
Überlegt, was und wie ihr etwas an eurem Verhalten verändern könnt.
Motivation erkennen und fördern
Denkt darüber nach, was euch dazu motiviert, euch umweltbewusster zu verhalten. Es fällt uns leichter, auf ein Ziel hinzuarbeiten, wenn wir wissen, warum wir das Ziel erreichen möchten.
Konkrete und realistische Pläne für die Umsetzung aufstellen
Stellt euch konkrete Wenn-Dann-Pläne auf und berücksichtigt mögliche Hindernisse. Seid dabei realistisch. Wir können und müssen nicht auf einmal alles verändern. Jeder kleine Schritt zählt und jede Veränderung ist wichtig.
Fortschritt konsequent evaluieren
Beobachtet euren Fortschritt und wertschätzt ihn.
Pläne ggf. anpassen
Wenn ihr merkt, dass ihr euer Ziel, so wie ihr es aktuell gesetzt habt, nicht erreichen könnt, nehmt das wahr und erlaubt euch, den Plan ggf. anzupassen. Es hilft wenig, auf unrealistische Ziele hinzuarbeiten. Wenn nötig, schraubt die Erwartungen an euch lieber etwas zurück – zum Beispiel von dem Ziel „Ab sofort fahre ich kein Auto mehr“ zu „Für meinen Weg zur Arbeit nehme ich die Bahn anstelle des Autos“. Es ist mehr wert, mit kleinen Veränderungen Erfolg zu haben, als sofort auf eine ganz große Umstellung hinzuarbeiten. Unerreichbare, zu hoch gesetzte Ziele können uns frustrieren. Diese Frustration hält uns davon ab, dass es uns gelingt, etwas zu verändern.
Neue Gewohnheiten aufbauen – Die Übung macht’s!
Gebt euch Zeit. Wir handeln oft automatisiert und unseren Gewohnheiten entsprechend. Das hat seinen Sinn. Denn nur so sind wir in der Lage, wichtige Dinge automatisiert auszuführen, ohne dass sie uns jedes Mal viel Energie kosten. Auch im Kontext des umweltbewussten Verhaltens wird es euch passieren, dass ihr in alte Gewohnheiten zurückfallt. Erlaubt euch Fehler, seid geduldig mit euch selbst. Seid gleichzeitig aber überzeugt davon, dass es möglich ist, neue Gewohnheiten aufzubauen. Euer neues Verhalten wird euch nach einiger Zeit und Übung deutlich leichter fallen, als es das vielleicht zu Beginn tut.
Und denkt daran: Ihr könnt schon heute einen bedeutsamen Teil zu unserer Welt von morgen beitragen!
Schreibe einen Kommentar