Im Zentrum des dritten Adventssonntags steht die Freude. Durch alle drei Lesungen der katholischen Liturgie zieht sich dieses Thema, wie unser Autor Benedikt Bögle erklärt.
Der dritte Adventssonntag trägt den Titel „Gaudete“. Das ist lateinisch und heißt übersetzt „Freut euch“. Die katholische Liturgie stellt jedem Sonntag einen Eröffnungsvers voran. Am dritten Sonntag im Advent stammt dieser aus dem Philipperbrief: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Denn der Herr ist nahe. (Philipperbrief 4,4-5) Die Freude ist das große Thema dieses Sonntags. In der Liturgie wird das durch eine eigene Farbe ausgedrückt: Vielerorts tragen Priester an Gaudete ein rosa Messgewand, in einigen Kirchen ziert für den dritten Advent eine rosa Kerze den Adventskranz. Violett, die eigentliche liturgische Farbe des Advents, wird schon ein klein wenig aufgehellt. Die Geburt Jesu scheint schon ein klein wenig auf diesen Sonntag.
Oft werden Religionen gerade nicht mit Freude verbunden. Verbissen erscheinen Religionen bisweilen, alles andere als entspannt. Kann Religion Freude bereiten, ja: Spaß machen? Vielmehr scheinen doch unzählige Regeln zu bestehen, Verhaltensvorschriften, Anweisungen. Nicht zuletzt ist da doch immer auch die Angst vor dem „Jüngsten Gericht“, bei dem am Ende der Zeiten alle Sünden der Menschen aufgedeckt werden. Wie kann die Kirche da von Freude sprechen?
Evangelium: Johannes wird befragt
Zunächst ist im Evangelium (Johannes 1,6-8.19-28) wieder die Rede von Johannes dem Täufer, der in der Wüste lebt und dort Umkehr und Vergebung predigt. Das beunruhigt die religiöse Elite in Jerusalem: Wer ist denn dieser Mann? Mit welcher Legitimation kann er die Vergebung der Sünden predigen? Daher kommt eine Gesandtschaft aus Jerusalem in die Wüste, bestehend aus Priestern und Leviten. Sie befragen den Täufer: „Wer bist du?“ (Johannes 1,19) Eine direkte, positive Antwort gibt Johannes nicht. Er erklärt zunächst nur, wer oder was er nicht ist.
Er sei nicht der Messias, sagt Johannes. Er sei auch nicht Elija. Der Prophet Elija war nicht gestorben, sondern in den Himmel entrückt worden. Das Judentum erwartete daher die Wiederkunft dieses großen Propheten. Bis heute decken viele jüdische Familien am Pesach-Fest, an dem der Auszug aus Ägypten gefeiert wird, einen zusätzlichen Teller auf, falls in dieser Nacht Elija wiederkehren sollte. So werden Gastfreundschaft und die Erwartung des Propheten symbolisiert. Es wäre ja denkbar, dass Johannes dieser Elija sei – ist er aber nicht, wie er selbst bekundet.
Johannes ist nicht selbst das Licht
Damit ist eines klar: Johannes ist nicht die eigentliche Zentralfigur. Vermutlich gab es in den ersten frühchristlichen Jahrzehnten noch eine Gemeinde von Täufer-Anhängern, die glaubten, Johannes sei der Messias, nicht Jesus. Dem tritt das Evangelium entschieden entgegen, wenn es den Täufer selbst Zeugnis ablegen lässt über sich selbst. Er ist es, der dem Herrn den Weg bereiten will. Er ist die „Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!“ (Johannes 1,23). Das ist die Legitimation, nach der die Priester und Leviten gefragt hatten. Dies ist der Grund, weshalb Johannes tauft: Er will die Welt auf Jesus vorbereiten. „Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.“ (Johannes 1,8)
Am Schluss des Abschnitts weist Johannes dann ganz deutlich auf Jesus hin: „Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt und der nach mir kommt; ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren.“ (Johannes 1,27) Dieser Abschnitt fasst die Absicht des Advents zusammen: Auf der einen Seite geht es um Jesus. Seine Ankunft wird an Weihnachten gefeiert, durch das heutige Evangelium scheint das Fest schon ein bisschen durch. Gleichzeitig soll der Advent aber auch eine Zeit der Vorbereitung sein. Die Aufgabe des Johannes soll sich jeder Christ aneignen: Eine Stimme sein, die mitten in der Welt den Herrn ankündigt.
Erste Lesung: Option für die Armen
Die erste Lesung des dritten Adventssonntags (Jesaja 61,1-2a.10-11) weist ebenso auf Jesus hin. Der Prophet spricht hier von der Aufgabe, die er von Gott übertragen bekam: „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist.“ (Jesaja 61,1) Genau diese Worte benutzt Jesus, als er in der Synagoge von Nazareth seine „Antrittsrede“ hält. Die Berufung des Propheten bezieht er direkt auch auf sich selbst.
Und damit ist der Kern der Sendung Jesu ausgemacht: Es geht in erster Linie nicht um Sünden und die dafür gerechte Strafe. Es geht nicht um den Zorn Gottes. Es geht um eine „Option für die Armen“, um Erlösung und Heil für alle, die leiden. Diese Botschaft wird dem Titel des heutigen Sonntags gerecht:
„Gaudete“, „Freut euch“.
Ja, Religionen stellen Regeln auf. Sie wirken verkniffen, mühsam, anstrengend. Und sicher: Die Religionsgemeinschaften sind nicht immer perfekt. Wie in jeder Gruppe gibt es auch hier Menschen mit kleinen und großen Fehlern. Doch der Kern ist die eigentliche Botschaft. Und im Christentum ist dies das „Evangelium“, das heißt übersetzt „frohe Botschaft“. Auch wenn es manchmal nicht so wirkt: Im Christentum geht es um Freude.
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