Vor mehr als 150 Jahren schuf Charles Dickens seine weltweit berühmte Weihnachtsgeschichte. Dieses sozialkritische Werk hat kaum etwas von seiner Aktualität verloren.

Wer heute Weihnachten feiern will, braucht vor allem eines: Geld. Viel Geld. Denn die ganze Feier kostet. Das beginnt mit dem Weihnachtsbaum und seinem Schmuck, geht über Geschenke bis hin zum opulenten Festmahl an den Feiertagen. Weihnachten wird wohl nicht zu unrecht immer wieder als kommerzialisiertes Fest bezeichnet, mit dem vor allem große Kaufhausketten noch größere Gewinne einfahren können. Das ruft viele Kritiker auf den Plan – doch das ist nicht erst seit heute so.
Schon vor mehr als 150 Jahren trat ein Kapitalismuskritiker auf den Plan und schuf eine der bekanntesten Weihnachtsgeschichten: 1843 erschien „Eine Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens, im Original „A Christmas Carol“. Dickens, einer der bekanntesten britischen Autoren, schildert darin den Weihnachtsabend des geizigen Geldverleihers Ebenezer Scrooge. Dieser führt nach dem Tod seines Partners Marley das Kontor eigenständig weiter und denkt nur an Geld. Profit ist die einzige Größe, die sein Leben bestimmt. Als er am Abend vor Weihnachten nach Hause kommt, erscheint ihm sein verstorbener Kollege als Geist. Er müsse nach seinem Tod weiter unter den Menschen wandeln, weil er im Leben nichts Gutes habe vorweisen können. Daher wolle er nun Scrooge warnen: Er soll sein Leben ändern, um nach dem Tod nicht dasselbe Schicksal zu erleiden.
Drei Geister in einer Nacht
Daher besuchen den Geldverleiher im Laufe der Nacht drei Geister, die sein Leben verändern sollten: Zunächst kommt der Geist der vergangenen Weihnacht. Er führt Scrooge dessen früheres Leben vor. Da war er glücklich, obwohl er so gut wie kein Geld besaß. Während der Lehre war er ein fröhlicher, junger Mann, später war er sehr verliebt in seine Verlobte. Doch im Lauf der Zeit wurde er immer gieriger, wollte immer noch mehr Geld verdienen und sparen, sodass ihn seine Verlobte letztlich verließ. Scrooge, mittlerweile schon angeschlagen, hat den Reigen der Geister aber noch nicht überstanden.
Das Budget bestimmt die Weihnachtsfeier
Als nächstes kommt der Geist der gegenwärtigen Weihnacht. Er zeigt Scrooge nicht die Feste, die schon in der Vergangenheit liegen, sondern zeigt ihm, wie andere Menschen Weihnachten feiern. Zunächst ist da sein liebenswerter Angestellter Bob Cratchit. Er hat es nicht leicht mit seinem Chef, verdient so gut wie kein Geld und muss eine ganze Familie ernähren. Unter diesen Missständen leidet vor allem sein Sohn Tim, der krank ist und gute ärztliche Betreuung bräuchte – die jedoch ist nicht zu finanzieren. Der wohl drohende Tod des kleinen Jungen wirft einen Schatten über die Weihnachtsfeier der Familie. Dann zeigt der Geist Scrooge, wie fröhlich sein Neffe Weihnachten feiern kann. Eigentlich wäre er selbst auch zur Feier eingeladen gewesen, kam jedoch nicht. Weihnachten sei ja ohnehin nur Schwachsinn, so seine Begründung.
Schließlich verlässt ihn auch dieser Geist wieder. Er muss dem letzten Geist weichen, dem der zukünftigen Weihnachten. Er zeigt Scrooge seine Zukunft. Der mittlerweile tote Mann wird von niemandem beweint. Im Gegenteil: Die Menschen freuen sich über seinen Tod, so kann man den Verstorbenen wenigstens noch um einige Gegenstände seiner Erbschaft erleichtern. Das kann Scrooge nicht kalt lassen. Und lässt ihn auch nicht kalt. Er ändert, wie vom ersten Geist beabsichtigt, sein Verhalten. Gleich am nächsten Tag, erwacht und von allen Geistern verlassen, stiftet er der Familie seines Angestellten Cratchit einen großen Truthahn, um ihnen ein wenig Weihnachtsfreude zu ermöglichen. Er entschuldigt sich bei Männern, die ihn am Tag zuvor um eine Spende für Arme und Bedürftige gebeten hatten – damals noch hatte er sie schroff abgewiesen, nun trägt er mit einem ordentlichen Betrag zu den sozialen Zwecken ihres Vereins bei.
Dickens großer Erfolg
Dickens‘ Weihnachtsgeschichte war und ist unfassbar erfolgreich. Bis heute wurde die Geschichte knapp 30 Mal verfilmt, dazu kommen zahlreiche Hörspielfassungen und Theaterstücke. Das liegt sicherlich auch an der sozialkritischen Tendenz der Erzählung. Charles Dickens, geboren 1812, kritisiert in vielen seiner Werke die zeitgenössische, englische Gesellschaft. Und er wusste, wovon er sprach: Schon als 12-Jähriger musste er die Familie ernähren, weil sein Vater im Gefängnis saß – Kinderarbeit war zur damaligen Zeit alles andere als unüblich.
Gerade die Weihnachtsgeschichte von Dickens entfaltet auch heute noch eine große Wirkung. Denn die Probleme von damals mögen sich gewandelt haben, ganz verschwunden aber sind sie sicherlich nicht. Während wir im Westen Weihnachten mit üppigen Mählern und zahlreichen Geschenken feiern, verhungern weltweit immer noch Menschen. Dabei kommt es an Weihnachten gar nicht auf Essen und Geschenke an. Was der Kern des Festes ist, fasst der kleine Junge von Scrooges Angestelltem am Ende des Werkes zusammen: „Gott segne jeden von uns!“
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