Seit etwa einem Jahr gibt es die Partnerschaft “Lazos de amistad – Bänder der Freundschaft” zwischen Deutschland und Kolumbien. Es ist ein von Jugendlichen getragenes Projekt, das von Gegenseitigkeit geprägt ist: In Kolumbien werden sozial benachteiligte Jugendliche gefördert und die jungen Menschen in Deutschland gewinnen Einblicke in die lateinamerikanische Lebensweise, Kultur und Religiosität.
Harving ist ein junger Mann aus dem Valle, der Region um Cali in Kolumbien. Er wohnt mit seiner Mutter und seinen jüngeren Geschwistern in sehr einfachen und armen Verhältnissen. Das Haus ist nicht verputzt, die kleinen Fensterscheiben sind zum Teil zerbrochen. An seinem Haus ist unter anderem die Idee für das Projekt entstanden. Pater Gabriel Naranjo Salazar CM ist als Mitinitiator des Projektes Harvings örtlicher Betreuer. Harvings Eltern leben getrennt, seine Geschwister sind von mehreren Vätern. „Er geht jeden Morgen ohne Frühstück aus dem Haus, weil es im Haus einfach nichts gibt“, schildert Pater Gabriel.
Jetzt studiert er an einer öffentlichen Universität Chemie auf Lehramt. Sein Problem liegt jedoch nicht an den vergleichsweise niedrigen Studiengebühren dort, sondern an den sonstigen Kosten, die auf ihn zukommen. Dazu gehören die Transportkosten zur Uni, die pro Tag vielleicht 1,40 Euro betragen. Manchmal hat er Kurse von 8 bis 10 Uhr morgens und 16 bis 18 Uhr abends und kann in der Zwischenzeit nicht nach Hause fahren, weil die Tickets so teuer sind. In Kolumbien haben die in Deutschland üblichen Studentenrabatte nämlich Seltenheitswert. Pater Gabriel betont seinen sehr großen Sinn für soziale Verantwortung. Harving teilt sehr viel mit seinen Geschwistern, auch wenn es eigentlich sein persönlicher Besitz wäre. Pater Gabriel hat ihm einmal ein Brathähnchen in der Stadt gekauft, damit er etwas essen konnte. Da hat er es nicht gleich selbst gegessen, sondern eingepackt und mit nach Hause genommen, um es mit seinen Geschwistern zu teilen.
Effektiv, nachhaltig und freundschaftlich
Der Lehramtsstudent Alexander Sieler (26) ging während seines Aufenthaltes in Kolumbien zusammen mit Pater Gabriel an Harvings Haus vorbei und dank der Schilderungen P. Gabriels über Harvings Situation und die Förderung, die er durch ihn bereits erhält, kam Alexander die zündende Idee für den Aufbau des Projekts. Bewegt von der Armut der Jugendlichen in Kolumbien wollte er nach seiner Rückkehr nach Deutschland sein Bedürfnis zu Helfen in die Tat umsetzen: „Ich habe viel Armut gesehen und mich dann lange informiert, wie man einem solchen Land am besten helfen kann. Bildung ist der Schlüssel!“ Die ideelle und finanzielle Unterstützung Jugendlicher in Ausbildung oder Studium, wie in Harvings Fall, sollte also das Hauptziel des Projektes werden, denn es ist die effektivste und nachhaltigste Hilfe, die man den Jugendlichen vor Ort zukommen lassen kann. Durch eine gute Ausbildung haben die jungen Menschen nämlich die Chance, einen besser bezahlten Beruf ergreifen zu können, um die Lebensbedingungen für sich und ihre Familien dauerhaft verbessern zu können.
Unter dem Motto „Jugendliche helfen Jugendlichen“ konnte Alexander in seiner sauerländischen Heimat sofort weitere junge Unterstützer finden. Statt formell und bürokratisch sollte das Projekt jedoch eine bewusst freundschaftliche Ausrichtung bekommen, was einen Umgang auf Augenhöhe mit den Geförderten einschließt. Bürokratisch war hingegen das langwierige Prozedere, bis die Eintragung als Verein beim Amtsgericht abgeschlossen und der Bescheid über die Gemeinnützigkeit vom Finanzamt ausgestellt wurde. Ab Februar 2012 durfte sich das Projekt fortan „Lazos de amistad – Bänder der Freundschaft e.V.“ nennen, dessen Vorsitzender Alexander seitdem ist.
Die freundschaftliche Begegnung zweier Kulturen
Der Verein wird von einem ausschließlich mit jungen Menschen besetzten Vorstand geführt und kümmert sich hier in Deutschland hauptsächlich um die Spendenwerbung und die Ausrichtung von Veranstaltungen und Infotreffen, um den Menschen hier die Mentalität, die Kultur und auch die Religiosität der Lateinamerikaner näherzubringen.
Am Sonntag, den 09. Juni war beispielsweise Pater Gabriel als Leiter der kolumbianischen Gruppe, begleitet von der Präsidentin der CLAR (Confederación Caribeña y Latinoamericana de Religiosas/os) Schwester Mercedes Casas Sánchez aus Mexiko beim Verein zu Besuch. Morgens wurde die Heilige Messe der Gemeinde in Finnentrop in Form einer “Kolumbienmesse” gestaltet und gefeiert. Es folgte ein öffentlicher Akt im Schloss Bamenohl für den Spenderkreis und weitere Interessierte. Darauf folgte ein intensiver Vortrags-,Gesprächs,- und Musikabend. Alexander Sieler schilderte hierbei seine Erfahrungen mit Armut in Kolumbien und Pater Gabriel hielt einen Vortrag über die aktuelle Situation, sowie über persönliche Erfahrungen mit Jugendlichen vor Ort. An diesem ganzen Tag konnte eine Begegnung beider Kulturen stattfinden und zwar auf freundschaftliche Weise, wie es ganz im Sinne von “Lazos de Amistad” ist. Die Menschen in Deutschland lernten die lateinamerikanischen Besonderheiten kennen und wurden gleichzeitig für die dortigen sozialen Probleme sensibilisiert.
Aktuell wird eine Veranstaltung im Rahmen der 72-Stunden-Aktion des BDKJ zu dieser Partnerschaft , mit rund 35 Jugendlichen aus Finnentrop und Bamenohl in Anwesenheit von Pater Gabriel geplant.
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