Ein Mensch mit Borderline-Störung hat Schwierigkeiten, seine Emotionen bewusst wahrzunehmen und adäquat zu regulieren. Eine Therapie kann dem Betroffenen helfen, seine (wahren) Gefühle wieder ins Bewusstsein zu rufen. Der Schlüssel heißt: Atmen und Fühlen.
Eine Differenzierung der Begrifflichkeiten „Gefühl“ und „Emotion“ schafft eine bessere Verständlichkeit für die Borderline-Störung. Ein „Gefühl“ ist per Definition eine Wahrnehmung durch Sinne(-seindrücke) oder auch Empfindung genannt. Unter einer „Emotion“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Die emotional instabile Persönlichkeitsstörung zeichnet sich durch unbewusste, nicht durchdachte Handlungen des Betroffenen aus, welche zumeist negative Konsequenzen zur Folge haben. Kündigungen, Freundschaftsabbrüche oder Liebesbeziehungen, die im Desaster enden stellen nur einige der vielen Beispiele dar. Doch hätte man diese langfristigen Konsequenzen, resultierend aus dem destruktiven Verhalten des Borderliners, abwenden können? Nein. Es ist geschehen, weil dem Menschen mit Borderline-Erkrankung eines fehlte: Das Wissen um seine Erkrankung. Kann dies durch die Bewusstwerdung besser werden? Ein eindeutiges „Ja!“.
Bewusstwerdung ist der Schlüssel
Im Rahmen der Therapie lernt ein Betroffener seinen eigenen Verantwortungsbereich kennen und mit seinen Gefühlen und Emotionen besser umzugehen. Ein Trigger von außen ist erst mal nur ein Auslöser für ein Gefühl, welches in ihm eingeschlossen ist und noch nicht aufgelöst wurde. Sobald der Betroffene gelernt hat, seinen Handlungsimpuls nicht immer auszuführen, sondern in sich hineinhorcht und so seinem Gefühl auf den Grund geht, hat er schon einiges gewonnen. Doch wie funktioniert es, seinen wahren Gefühlen auf den Grund zu gehen und diese adäquat zu benennen? Und wie kann der Erkrankte seine Gefühle regulieren, ohne in dysfunktionale Verhaltensweisen zu fallen und sich und seinem Umfeld zu schaden? Die Antwort ist simpel: Atmen und fühlen! Atmen hilft uns, inne zu halten und in den Kontakt mit uns selbst zu gehen. Meditation und kohärentes Atmen ist ein Hilfsmittel, welches bereits im Buddhismus Anwendung findet, um sich seiner selbst bewusst zu werden.
Verdrängte Gefühle als Ursache für schädigende Verhaltensweisen
Menschen mit Borderline haben in den meisten Fällen ihre Gefühle abgespalten und in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins verdrängt, um sie dort nie wieder spüren zu müssen. So allerdings beraubt der Betroffene sich aller Gefühle und kratzt jede Emotion und jedes Gefühl lediglich an der Oberfläche an – auch die positiven. Es gilt, sich diesen verborgenen Gefühlen zuzuwenden, um ein besseres Verständnis für sich und seine Gefühlswelt und sein Gefühls(er-)leben zu erhalten. Natürlich oder leider geht es nicht im Alleingang, seinen wahren Gefühlen auf den Grund zu gehen. Die Psychotherapie mit einer / einem im besten Fall erfahrenen Therapeutin / Therapeuten hilft in vielen Fällen, in dieses Gefühl rein zu atmen und es so an die Oberfläche zu holen und schlussendlich in einer Analyse aufzulösen und zu verarbeiten. So beginnt der Betroffene sich und seine Verhaltensweisen besser zu verstehen und bekommt allgemein eine positiveres Grundgefühl für sich selbst. Er muss sich nicht weiter selbst verurteilen für unverhältnismäßige Verhaltensweisen, bei welchen er anderen und sich selbst eventuell geschadet hat.
Gefühle beiseite schieben – Die Königsdisziplin des Borderliners
Im fortgeschrittenen Stadium seiner Therapie kann der Borderliner mithilfe seiner erlernten Skills seinen Gefühlen und Emotionen langsam im Alleingang auf den Grund gehen und lernt immer mehr, sich selbst besser zu regulieren.
Ich selbst hatte und habe ein Problem mit der Wahrnehmung meiner Gefühle. Ich bin erstens nicht immer bereit dazu, mich meinen Gefühlen hinzugeben oder diese anzuhören noch habe ich die Zeit, mich diesen zuzuwenden, weil ich weiß, dass ich dann in emotionale Nöte gerate und nicht mehr effektiv meiner Arbeit nachgehen kann. Also packe ich diese erst einmal bei Seite und widme mich diesen zu einem späteren Zeitpunkt. Ich muss lernen, mein Verhalten und Handeln so anzupassen, damit mein inneres Kind, der verletzte Anteil meiner selbst, nicht in Vergessenheit gerät und sich dann an anderer Stelle impulsiv äußert.
Der Schlüssel, um innere Gefühlsblockaden zu lösen: Atmen
Um diesen Gefühlen auf den Grund zu gehen, muss ich atmen. Dies kommt in meinen Tagesabläufen oft zu kurz. Oft atme ich mehr flach im Hals als in meine Brust hinein. So habe ich mich aber unter Kontrolle. Als Möglichkeit, richtig zu atmen, habe ich nun das Joggen für mich entdeckt. Bei dieser Aktivität habe ich die Möglichkeit, tief in mich hinein zu atmen und nebenbei meine (An-)Spannungszustände stückweise zu lösen. Oder ich meditiere, gehe achtsam im Wald spazieren, genieße ein Heißgetränk und wende all meine Aufmerksamkeit auf meine eigene Person. Weiterhin führe ich oft einen inneren Dialog mit mir selbst und frage mich, was ich jetzt genau brauche. Es ist mein inneres Kind, welches mir dann die Antwort gibt.
Im Rahmen der Selbstfürsorge kann ich mir dann selbst etwas Gutes tun und brauche keinen anderen Menschen mehr, welcher mein derzeitiges vorherrschendes Bedürfnis stillen muss. Sagen wir, ich fühle mich ungeliebt und brauche nun Bestätigung eines mir geliebten Menschen und ich sende diesem ein „Ich vermisse dich“ in der Hoffnung ebendieses zurück zu erhalten, dann handelt es sich hier um eine manipulative Handlung. Die Krönung ist dann den anderen anzugehen, wenn nicht die gewünschte Reaktion zurückkommt. Hat nicht viel mit bedingungsloser Liebe zu tun.
Einen anderen Menschen zu (be-)nutzen, um seine eigenen Bedürfnisse zu stillen, ist ebenso Missbrauch, wie viele Borderliner es in ihrer Kindheit erleben mussten.
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