Vor zwei Jahren spielte Alexander Schwolow noch in der 3. Liga. Danach ging alles ganz schnell: Nach nur einem Jahr in Bielefeld holte ihn sein Mentor Christian Streich zurück in den Breisgau. Jetzt ist er nicht nur die neue Nummer Eins, sondern mit 25 Jahren auch der zweitjüngste Stammtorwart der Bundesliga. Ein Gespräch über das „Normal sein“ im Fußball, den Auf- und Abstieg sowie seine Rolle beim SC Freiburg.

Herr Schwolow, im Gegensatz zu Ihren übrigen Tor-Kollegen gelten Sie als recht normal und nicht verrückt. Doch darf man als Torwart überhaupt normal sein?
Was ist denn normal? Ich glaube, dass Normalsein immer eine subjektive Wahrnehmung ist. Ich möchte mich als Mensch nur sehr wenig verstellen und mich nicht in ein bestimmtes Rollenbild drängen lassen. Ob es verrückt ist, dass man sich freiwillig in ein Tor stellt und sich Bällen entgegenwirft, darüber kann man diskutieren. Ich glaube, da sind Handballer noch eine Nummer weiter.
Vor zwei Jahren spielten Sie noch in der 3. Liga und dieses Jahr um die Teilnahme an der Europa-League. Der Sport ist einfach unheimlich schnelllebig. Beschreiben Sie die vergangenen Jahre.
Natürlich möchtest du als Profi immer den direkten Weg gehen. Rückblickend war der Weg über die 3. und 2. Liga in die Bundesliga für mich genau der richtige. Vor allem das Jahr in der 2. Bundesliga half mir bei der Weiterentwicklung meines Spiels und war somit sehr wichtig. Allerdings hingen diese Schritte auch wiederum mit einigen Faktoren sowie einer Verkettung glücklicher Umstände zusammen. Denn natürlich entpuppte sich der Abstieg des SC, mit dem der Wechsel von Roman Bürki zum BVB vollzogen wurde, für mich als Chance. Nur so wurde die Leihdauer von geplanten zwei auf ein Jahr verkürzt. Das sind Geschehnisse, die einfach nicht vorhersehbar sind.
Ihren Wechsel in die 3. Liga bezeichneten Sie damals als Absturz.
Als dritter und zweiter Torwart machst du dir selbstverständlich Gedanken, lauerst auf deine Chance und freust dich natürlich auch, wenn die Nummer Eins endlich wechselt. Somit ist man natürlich erstmal enttäuscht und nicht erfreut, wenn entgegen deiner Hoffnungen ein Rückschritt erfolgt. Dennoch denke ich gerne an diese Zeit zurück und habe der Arminia sehr viel zu verdanken. Als dortige Nummer Eins war ich Teil eines unglaublich starken Teams und durfte dort mit dem emotionalen Aufstieg in die 2. Bundesliga auch meinen ersten richtigen Erfolg im Profibereich feiern. Ich werde die Zeit nie vergessen. An meinem Beispiel wird deutlich, dass ein vermeintlicher Schritt zurück auch zwei Schritte nach vorne bedeuten kann.
Wie sehr hat Sie das Jahr in der 3. Liga im Hinblick auf Ihre weitere Laufbahn geprägt?
Für einen Torwart, der zuvor nur die Regionalliga kannte, war das trotzdem ein großer Schritt. Dies liegt aber auch an dem dortigen Umfeld. In Bielefeld herrscht eine große mediale Aufmerksamkeit. Hinzu kommt diese unglaubliche Unterstützung der Fans, weshalb du dich keineswegs als ein Spieler aus der 3. Liga fühlst. Das hat schon eher Zweit- oder Bundesligacharakter. Des Weiteren ist es keineswegs so, als würde dort kein guter Fußball gespielt werden. Für einen jungen Spieler oder Torwart bietet die Liga somit sicher gute Voraussetzungen zur Weiterentwicklung.

Auch als Sprungbrett in die Bundesliga?
Ja, das glaube ich schon. Allerdings benötigt es hierfür eine Mischung aus Glück und unbedingtem Willen. Beides war und ist bei mir der Fall. In dieser Liga hat jeder Spieler noch eine gehörige Portion Eigenverantwortung.
Nach zwei Jahren beim SC Freiburg folgte nun die vorzeitige Vertragsverlängerung. Was macht den SC Freiburg so besonders und welche Rolle spielte hierbei auch Ihr Mentor und Trainer Christian Streich?
Sowohl der Verein als auch der Trainer spielten hierbei eine große Rolle. Vor allem aber Christian Streich, unter dem ich bereits in der U19 trainierte. Er hat mich sowohl in meinem Spiel als auch in der der persönlichen Entwicklung aufgrund seiner zum Teil rauen aber auch wieder empathischen Art sehr geprägt. Mit meiner Verlängerung wollte ich dem Verein auch ein Stück Dankbarkeit erweisen.
„Ich kann auch mal ausrasten“
Schaut man auf Ihren Instagram-Account so findet man dort Fotos von einem guten Essen oder Spaziergang. Die meisten Ihrer Torwart-Gattung posten da eher ein Foto vor einem schnellen Auto. Mögen Sie es, anders zu sein als die anderen?
(lacht) Ich weiß nicht, ob ich da auf eine gewisse Art und Weise anders bin. Wohl eher bin ich ein wenig schreibfaul. Außerdem bin ich der Meinung, dass man vor allem als Person des öffentlichen Lebens immer genau abwägen sollte, was die Öffentlichkeit wissen und was privat bleiben sollte. Doch natürlich gehört es auch zu meiner Aufgabe oder meinem Job, die Fans an meinem Leben teilhaben zu lassen. Dies jedoch immer im Rahmen.
Stichwort „teilhaben lassen“: Geben Sie uns einen Einblick, wie tickt der private Alexander Schwolow?
Wie man auf Instagram sieht, gehe ich gerne spazieren (lacht). Nein, ich koche, schaue gerne Netflix und verbringe natürlich Zeit mit meiner Freundin sowie meinen Freunden. Außerdem unternehme ich gerne Fernreisen.
Sie wirken immer so ruhig, dabei war Ihr Vorbild Oliver Kahn. Wie passt das zusammen?
Ich kann auch mal ausrasten. Oliver Kahn, weil er in meiner Jugend einfach der große Star und Welttorhüter war. Allerdings fand ich Lehmann oder später auch Adler ebenfalls nicht schlecht und beide sind eher ruhig.
„Der Wert eines Menschen ist nicht in Beträgen zu messen“
Noch einmal zurück zum Sport: Wie beobachten Sie den derzeit herrschenden Millionen-Poker?
Ich glaube, jeder weiß, dass der Wert eines Menschen nicht in Beträgen errechnet werden kann, weshalb ich die Summe auch nicht auf den Spieler, sondern eher den Markt übertrage. Aber natürlich ist es komplett surreal und wir sollten uns auch fragen, ob wir das wirklich möchten.
Worauf dürfen sich die Fans des SC Freiburg auch ohne die Europa League freuen?
Natürlich wäre es schön gewesen, unseren Fans wieder europäischen Fußball zu bieten, doch vielleicht hat es bezüglich der Doppelbelastung auch etwas Gutes. Denn somit können wir uns nun ungestört von Woche zu Woche auf die Gegner vorbereiten. Sie werden eine Mannschaft sehen, die immer Vollgas gibt, bereit ist, alles reinzuhauen.
Abschließend: Wie lautet Ihr Ziel für die kommende Spielzeit?
Der Klassenerhalt und meine Leistung der vergangenen Spielzeit zu bestätigen bzw. wenn möglich noch weiter zu steigern.
Vielen Dank für das Gespräch!
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