Immer wieder kommt es zu Diskussionen rund um religiöse Symbole am Arbeitsplatz – sei es das Kreuz im Büro oder das Kopftuchtragen einer Lehrerin. Arbeitsstätten sind kein rechtsfreier Raum und so ringt dort die Religionsfreiheit mit den Interessen der Arbeitgeber (Berufsfreiheit) und der Neutralitätspflicht des Staates.

Ein Bericht in der Schwäbischen Zeitung schlug große Wellen. Danach soll es den Beschäftigten der Ravensburger Drogeriefiliale Müller untersagt worden sein, religiöse Symbole zu tragen. Die Drogeriemarkt-Kette dementierte ein solches Verbot, wonach die Halskette mit Kreuz genauso tabu gewesen wäre wie das Tragen von Kopftüchern. Mit Verweis auf die religiöse Neutralität und eine vermutlich falsch interpretierte Regelung entzieht sich das Unternehmen dem direkten Konfrontationskurs zur grundrechtlich geschützten Religionsfreiheit seiner Angestellten. Dabei ist die Idee eines totalen Verbots religiöser Symbole am Arbeitsplatz keinesfalls uninteressant und wird zukünftig wohl noch häufiger die Gerichte beschäftigen.
Derzeit entscheidet der Europäische Gerichtshof über den Fall einer Rezeptionistin einer belgischen Sicherheitsfirma, die gekündigt wurde, da sie mit Kopftuch arbeiten wollte, was jedoch untersagt war. Von Bedeutung dürfte dabei auch die Einschätzung der Generalanwältin Kokott sein, die die Auffassung vertritt, dass keine Diskriminierung wegen der Religion vorliegt, sofern der Arbeitgeber religiöse Symbole am Arbeitsplatz generell verbietet. Die These kann als gewagt angesehen werden, könnte jedoch ein richtungsweisendes Urteil produzieren.
Religionsfreiheits-freundliche Rechtsprechung
Grundsätzlich herrscht in Deutschland eine sehr religionsfreiheits-freundliche Rechtsprechung. Dies lässt sich nicht zuletzt an den gekippten Kopftuchverboten erkennen. Zwar können Arbeitgeber vom Direktionsrecht gedeckt eine Kleiderordnung aufstellen, jedoch müssen Sie dabei die Glaubensfreiheit der Beschäftigten berücksichtigen. Daneben könnte die (negative) Religionsfreiheit anderer Beschäftigter durch das Tragen religiöser Kleidung bzw. Symbole beeinträchtigt sein. Schließlich ist möglicherweise die Berufsfreiheit des Arbeitgebers eingeschränkt. Neben der Religionsfreiheit verstößt eine Weisung, die das Tragen religiöser Symbole verbietet, auch gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, sofern es keine sachlichen Gründe hierfür gibt. Einen solchen sachlichen Grund stellt beispielsweise die Beschäftigung bei einem kirchlichen Arbeitgeber dar.
Gerade vor dem Hintergrund, dass in der Abwägung des Einzelfalles der Religionsfreiheit ein besonders hoher Stellenwert zugesichert wird und unternehmerische Interessen stets auf religiöse Belange der Angestellten Rücksicht nehmen müssen, erscheint es fraglich, ob ein generelles Verbot religiöser Symbole am Arbeitsplatz überhaupt zulässig ist. Immerhin stellt auch eine Diskriminierung aller Religionen eine Diskriminierung aufgrund der Religion dar.
Die Religion kann man nicht an der Pforte abgeben
Wichtig ist, dass die Religionsfreiheit nach Art. 4 Grundgesetz eben nicht nur das Tragen von Kopftüchern und Kippas schützt, sondern auch christliche Glaubenssymbole wie beispielsweise eine Kreuzkette oder ein Heiligenarmbändchen erfasst. Von Beschäftigten – gleich welchen Glaubens – zu verlangen, dass sie ihre religiösen Symbole an der Pforte abgeben oder in den Spind hängen und erst zum Feierabend wieder abholen, stellt einen großen Eingriff in die Religionsfreiheit dar. Ohne einen sachlichen Grund, wie beispielsweise bei der Anordnung des Tragens eines Helmes statt einer Kippa auf einer Baustelle, dürfen solche Eingriffe nicht geschehen.
Im Falle der Drogeriebelegschaft dürfen die Beschäftigten wohl auch weiterhin Kreuze tragen, während andere um ihre Rechte kämpfen müssen. Das Thema bleibt weiterhin aktuell und ist mit zahlreichen Problemen verbunden. Sicherlich gibt es sensible Bereiche, wie beispielsweise Justiz, Schul- und Erziehungswesen, in denen es ein gesteigertes Interesse an Neutralität gibt, doch darf man nicht dazu übergehen, Religion aus unserem Alltag zu verbannen und zu einer Privatsache zu degradieren, der im gesellschaftlichen Zusammenleben kein Platz mehr eingeräumt wird.
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