Bereits am 2. Mai hatten wir in Deutschland mehr Ressourcen verbraucht, als unser Planet innerhalb eines Jahres erneuern kann. Der sogenannte „Earth Overshoot Day“ rückt von Jahr zu Jahr immer näher an den Jahresbeginn. Obwohl unser Planet verzweifelt nach Hilfe schreit, sind wir oft noch nicht bereit dazu, unser tägliches Leben nachhaltiger zu gestalten. Was ist es, das uns zurückhält? Ein Plädoyer.
Wer Nachhaltigkeit in sein Leben integrieren möchte, muss gewisse Veränderungen vornehmen, die auch den einen oder anderen Verlust mit sich ziehen. So müssen wir auf Plastiktüten verzichten, faire Kleidung kaufen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Daraus ergibt sich, dass wir bei jedem Einkauf an einen Stoffbeutel denken, viel Geld in faire Kleidung investieren und unsere Zeit beim Warten auf verspätete Züge verschwenden müssen. Nachhaltigkeit scheint unser Leben somit viel komplizierter zu machen, als es sowieso schon ist. In anderen Worten: Wir stecken mitten in unserer Komfortzone fest und verschließen unsere Augen vor dem Weg hinaus.
Mit Komfortzone ist etwa das Einsteigen in Autos gemeint, die unmittelbar vor unserer Haustüre stehen. Es ist das Einkaufen von Fast Fashion, die für wenig Geld unseren Schrank füllt. Genauso ist es das Benutzen von Shampoo in Plastikflaschen, weil unsere Haare dadurch seit zehn Jahren makellos scheinen. Die Komfortzone ist die kleine Blase, in der wir uns sicher und wohl fühlen. Auch ist sie ein Käfig, in dem wir gefangen sind und dem wir nicht entkommen werden, solange wir ihn nicht realisieren. Doch wieso würden wir das überhaupt versuchen wollen? Wieso würden wir unsere Sicherheit zurücklassen? Die Komfortzone bringt das Schlimmste aus uns heraus – Egoismus.
„Wir sind so sehr damit beschäftigt, unsere Komfortzone als einen unberührten Ort zu erhalten“
Egoismus bringt uns dazu, konstant nur über unser eigenes Leben nachzudenken. Egoismus macht uns blind für diejenigen, die tagtäglich mit Schlimmerem konfrontiert sind. Wir sind so sehr damit beschäftigt, unsere Komfortzone als einen unberührten Ort zu erhalten, dass wir die Konsequenzen für unsere Handlungen nahezu vollständig ausblenden. Es ist uns schlichtweg egal. Es betrifft uns immerhin nicht. Unsere Kühlschränke sind gefüllt mit den Nährstoffen, die unser Körper benötigt und das Dach über unserem Kopf schützt uns vor bedrohlichen Stürmen. Nichts hält uns davon ab, das Leben zu leben, das wir schon so lange kennen.
Es ist eine Tatsache, dass die Menschen, die am meisten leiden, die sind, welche am wenigsten für unsere Situation verantwortlich sind. Wir sind Experten darin geworden, unsere persönliche Verantwortung von uns zu schieben. So glauben manche, Nachhaltigkeit sei noch nicht relevant, andere wiederum denken, dass es die alleinige Pflicht des Staates und der Wirtschaft sei, nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Nichtsdestotrotz müssen wir uns ins Gedächtnis rufen, dass Dinge immer schneller passieren, als wir es uns vorstellen können und dass auch unsere individuellen Handlungen Nachwirkungen mit sich ziehen. Wer leidet am anderen Ende des Kleiderständers? Wer muss vor dem Anstieg des Meeresspiegels fliehen, den die Erderwärmung verursacht hat?
„Wollen wir wirklich weiterhin die Menschen sein, zu denen wir geworden sind?“
Nachhaltigkeit mag nichts sein, das wir von einem Tag auf den anderen in unser alltägliches Leben einbringen können. Genauso ist es kein kurzfristiges Ziel. Nachhaltigkeit ist der einzige Weg, unseren Planeten als einen lebenswerten Ort zu erhalten. Wir sind nicht dazu in der Lage, das zu erreichen, wenn wir still in unserer Komfortzone verweilen, unsere Gedanken sich nur um unser eigenes Wohl drehen und wir unsere persönliche Verantwortung ignorieren. Somit gibt es nur eine Frage, die wir uns nun stellen müssen: Wollen wir wirklich weiterhin die Menschen sein, zu denen wir geworden sind?
Schreibe einen Kommentar