Vorbilder haben einen sehr großen Einfluss auf unser Erleben und Verhalten. Was ist jedoch ein Vorbild? Und wer ist ein Vorbild? Diesen Fragen ist unsere Autorin Laura Mench nachgegangen.

Person A: „Hi, schick, deine neue Frisur.“
Person B: „Ja, findest du auch, dass ich jetzt fast so aussehe wie Lady Gaga?“
So oder so ähnlich kann ein gewöhnliches Alltagsgespräch die Bedeutung von Vorbildern offenbaren. Viele Menschen orientieren sich nicht nur in Fragen des Aussehens an Idolen, Verhaltensweisen können auch häufig von ihnen beeinflusst sein. Ein Vorbild muss aber nicht zwingend eine Person des öffentlichen Lebens sein.
Was ist ein Vorbild?
Laut Duden ist ein Vorbild eine Person oder Sache, die als [idealisiertes] Muster, als Beispiel angesehen wird, nach dem man sich richtet. Der Mensch schafft sich somit einen Fixpunkt der Orientierung. Jeder kann ein Vorbild sein. Egal, ob etwa durch aktives Engagement in der Gesellschaft, durch eine ranghohe Position oder einfach durch das Elternsein. Fragt man ein Kind, wer sein Vorbild sei, so werden, einer repräsentativen Umfrage zufolge 46 Prozent der Jugendlichen die Eltern zuerst nennen. Wächst das Kind heran, geht in die Schule und tritt in Kontakt mit anderen Kindern, so verschieben sich häufig die Orientierungsmuster. Die Eltern werden uncool oder gar peinlich. Man orientiert sich plötzlich an Personen des öffentlichen Lebens, zum Beispiel an einem Schauspieler der Lieblingsserie oder einer berühmten Sängerin.
In vielen Fällen kann eine Person auch mehrere Vorbilder haben. Dann wird sich aus den einzelnen Charakteren ein ganz persönliches Idealbild zusammengesucht. Zum Beispiel gefällt bei Person 1 das Aussehen, Person 2 jedoch ist bezüglich der persönlichen Ziele näher an dem Orientierungssuchenden und somit in diesem Fall relevanter.
Was sagt die Psychologie dazu?
Warum ein Individuum Vorbilder hat, lässt sich zum Beispiel mit der sozial-kognitiven Lerntheorie nach Albert Bandura erklären. Seinem Modell zufolge lernen Menschen durch Beobachtung. Er hat den Prozess des Lernens in zwei Phasen unterteilt: Die erste Phase (Aneignungsphase) besteht aus dem Aufmerksamkeitsprozess und dem Behaltensprozess.
Während des Aufmerksamkeitsprozesses konzentriert sich der Beobachter auf das Modell und nimmt bewusst Aussehen und Verhaltensweisen war. Sein Hauptaugenmerk liegt auf Verhaltensweisen, die für ihn von besonderer Bedeutung sind. Im Behaltensprozess werden die beobachteten Eigenschaften im Gehirn gespeichert, um sie gegebenenfalls abzurufen. Die Abrufbarkeit kann unter Umständen erst lange Zeit nach der Beobachtung sichergestellt werden.
Die zweite Phase ist die Ausführungsphase. Auch sie ist in zwei Prozessen unterteilt: Im Reproduktionsprozess beginnt das Individuum beobachtetes Verhalten nachzuahmen. Der zweite Prozess ist der Verstärkung- und Motivationsprozess. Hier spielt die Reaktion des Umfelds eine große Rolle. Durch Verstärkung, zum Beispiel ein Lob, werden neue Verhaltensweisen als gut befunden und danach häufiger gezeigt.
Somit lässt sich zusammenfassen, dass Vorbilder eine wichtige Orientierung für uns Menschen und unser Lernen sind. Wir erlernen und trainieren unser persönliches Verhalten durch die gewonnene Inspiration.
Nach welchen Kriterien suchen sich Jugendliche ihre Vorbilder aus?
Immer wieder hört man Erwachsene sagen, Jugendliche würden ihren Hauptfokus nur noch auf das Aussehen einer Person richten. Eine Studie aus dem Jahr 2015 belegt das Gegenteil. Befragt wurden 501 Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren. Erstaunlich ist dabei, dass 88 Prozent der Befragten soziales Engagement als wichtigste Eigenschaft ihres Idols benennen, dicht gefolgt von Ehrgeiz mit 77 und Intelligenz mit 73 Prozent. Das Aussehen ist hierbei weit abgeschlagen und verfehlt mit 10 Prozent das Treppchen bei weitem. Das unwichtigste ist für die Jugendlichen jedoch mit 4 Prozent die Berühmtheit an sich.
Meine persönlichen Vorbilder
Wenn ich selbst nach meinen Vorbildern gefragt werde, fallen mir genau zwei Personen ein: Gaby Köster und Ruth Moschner. Die Schauspielerin und Komikerin Gaby Köster ist für mich ein Vorbild, weil sie sich trotz der verbleibenden Einschränkung nach einem Schlaganfall ins Leben zurück kämpfte, um ein erfolgreiches Comeback zu feiern. Nach der Lektüre ihres Buches „Ein Schnupfen hätte auch gereicht“ war ich tief beeindruckt und seither dient sie mir in dieser Hinsicht als Vorbild.
Ruth Moschner ist mein zweites Vorbild, sie ist eine einzigartige TV-Moderatorin, sie präsentiert souverän ihre Shows und macht auf mich einen äußerst professionellen Eindruck. Um mein persönliches Ziel (meine Ausbildung zur Radio- und TV Moderatorin) erfolgreich abschließen zu können, orientiere ich mich tatsächlich ein bisschen an ihr und versuche den Inhalt meiner Ausbildung an ihrem Verhalten während einer Show nachzuvollziehen.
Ihr seht, Vorbilder sind für alle da. Sie dienen der Orientierung und der Lernbereitschaft für neues Verhalten. Ich möchte diesen Artikel mit einem Zitat, frei nach Ruth Moschner, abschließen: „Mach es wie eine Hummel, aufgrund ihrer Statur kann sie eigentlich nicht fliegen. Sie tut es trotzdem, weil sie es nicht weiß.“
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