Trostfrauen. Der Name täuscht, denn mit Trost hat das Leben der ehemaligen Sexslavinnen der japanischen Armee aus dem Zweiten Weltkrieg wenig zu tun. Misshandelt und verachtet kämpfen die verbliebenen Frauen aus ganz Asien noch heute um die Anerkennung ihres Schicksals und um eine angemessene Entschuldigung der japanischen Regierung für dieses Kriegsverbrechen aus der dunklen Vergangenheit.
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Dass Japan im Zweiten Weltkrieg Verbündeter Deutschlands war, dürfte jedem klar sein, der zwischen der achten und zwölften Klasse einmal kurz im Geschichtsunterricht aufgepasst hat. Hitler schloss im September 1940 mit dem „Dreimächtepakt“ ein Abkommen, in welchem er sich gemeinsam mit dem ostasiatischen Staat und Italien gegen die Alliierten stellte. Was jedoch selten oder lediglich kurz in unseren Schulbüchern erwähnt wird, ist die Rolle, die Japan im 20. Jahrhundert in Ostasien spielte. Nicht erst seit Beginn des Zweiten Weltkriegs, sondern spätestens seit der Unterwerfung Koreas im Jahre 1910. Nach und nach eroberte das japanische Kaiserreich große Teile Asiens von China bis Indonesien. Während der Eroberung beging die japanische Armee zahlreiche Kriegsverbrechen. Eines der traurigsten und schockierendsten Kapitel in der Historie des damaligen Japans ist wohl das der sogenannten Trostfrauen.
Japans Feldzug in Asien und die Rolle der Ianfu
Der Name `Trostfrau` (Englisch: Comfort Women, Japanisch: Ianfu, Koreanisch: Uianbu) ist eine euphemistische Bezeichnung für Frauen und junge Mädchen, die während dem Zweiten Weltkrieg von Japan als Sexsklavinnen zu sogenannten Trosthäusern an die Fronten der japanischen Eroberungskriege gebracht wurden. Die `Trosthäuser` dienten den Soldaten als Orte der „Ablenkung von den Strapazen des Kampfes“ und sollten die Aufrechterhaltung der Moral in der japanischen Armee fördern. Anordnungen für die Errichtung dieser Sex-Gefängnisse kamen direkt aus dem japanischen Kaiserhaus – und das aus unterschiedlichen Gründen:
- nach dem Beginn der strapaziösen und rasanten Eroberung Chinas ab den 1930er Jahren vergingen sich die frustrierten und ausgelaugten japanischen Soldaten zusehends an der Zivilbevölkerung der eingenommenen Städte und Gebiete. Das wohl bekannteste Beispiel für die ausartenden Kriegsverbrechen ist der sogenannte „Rape of Nanking“, bei dem die Bürger der chinesischen Stadt Nanking vergewaltigt, ermortet und auf brutalste Weise misshandelt wurden. Um derartige Geschehnisse zu unterbinden ordnete das Kaiserhaus gemeinsam mit dem damaligen japanischen Militär die Errichtung sogenannter Trosthäuser an.
- Durch die zunehmenden Vergewaltigungen an den Fronten und durch die steigende Prostitution in Japan verbreiteten sich Geschlechtskrankheiten, was die japanische Regierung zu verhindern suchte.
- Für die japanische Regierung entstand durch die `Eintrittskarten´ für die Trosthäuser eine Einnahmequelle im teuren Krieg.
Ianfu – misshandelt, missachtet und verleugnet
Zur Anzahl der Trostfrauen selbst variieren die Zahlen je nach Quelle, meist wird jedoch von ca. 200.000 Frauen gesprochen. Dabei unterscheiden sich auch die Angaben über die Herkunft der Frauen und Mädchen. Klar ist, dass wohl die meisten aus Korea kamen, viele ebenso aus China, aber auch Frauen aus Südostasien und Japan selbst waren unter den Sklavinnen. Zwischen 20 und 50 Männer (auch hier variieren die Angaben je nach Quelle) musste eine einzige Frau pro Tag in einem kleinen Raum „empfangen“. Die Soldaten standen Schlange in den Trosthäusern. Ein Zimmer reihte sich an das andere, teilweise waren sie nur durch einen Vorhang getrennt. Krankheiten und Verletzungen der Frauen wurden, wenn überhaupt, nur notdürftig behandelt, die Versorgung der Frauen mit Essen und Trinken war schlecht.
Es gibt viele Dokumente und Zeugenaussagen betroffener Frauen sowie ehemaliger japanischer Soldaten, die diese Verbrechen belegen. Dennoch wurde das Thema bis heute von Japan nur widerwillig angesprochen und behandelt. Seit sich um 1990 die ersten Trostfrauen öffentlich zu ihren Erlebnissen äußerten, herrscht ein mediales und politisches Ringen zwischen Südkorea und Japan um die Deutungshoheit von Dokumenten, um die historische Verleugnung bzw. Anerkennung der Trostfrauen, um eine angemessene Entschuldigung Japans bzw. ein Unterlassen der Forderungen Südkoreas. Nicht nur, dass die ehemaligen Trostfrauen seit Jahrzehnten mit ihren schrecklichen Erinnerungen und Traumata leben müssen. Verharmlosung und Ignoranz ihrer Leiden waren und sind gängige Mittel japanischer Regierungen, um das Thema unter den Tisch zu kehren und eine historische Aufarbeitung zu umgehen.
![Comfort Women_01_02 (9)](https://www.firstlife.de/wp-content/uploads/2016/02/Comfort-Women_01_02-9-300x225.jpg)
Das `Trostfrauen-Abkommen 2015´ – zwischen Beachtung und Vergessen
Am 28. Dezember 2015 schlossen die Außenminister der japanischen und der südkoreanischen Regierungen, Fumio Kishida und Yun Byung-se, nun ein Abkommen zur „endgültigen und unwiderruflichen“ Beilegung des Konfliktes über die `Trostfrauen`. Nachdem seit Jahren der u.a. internationale Druck für eine Einigung gestiegen war, gelang es den Ländern, sich nun doch sich zu einigen. Zentrale Punkte sind u.a ….
- …eine Spende Japans in Höhe von 8,7 Millionen US-Dollar zur Entschädigung der betroffenen Frauen, welche in einen speziell dafür gegründeten Fonds fließt.
- …die Versetzung der `Statue eines Mädchens` – im Moment vor der japanischen Botschaft in Seoul – an einen anderen Ort in Seoul.
- …die Übermittlung einer Entschuldigung bei den ehemaligen Trostfrauen des japanischen Premierministers Shinzo Abe durch seinen Außenminister.
- …das Unterlassen weiterer Forderungen Südkoreas an Japan zum Thema.
Das Abkommen wurde vor allem in ganz Asien kontrovers diskutiert, vor allem die Berichterstattung der japanischen und koreanischen Medien wies dabei große Unterschiede auf. Die 46 verbliebenen Trostfrauen (46 von ehemals ca. 260 registrierten Frauen) selbst sowie zahlreiche internationale Organisationen zweifeln jedoch an der Ernsthaftigkeit des Abkommens. Japans Regierung wird vorgeworfen das Thema einfach und schnell vom Tisch zu räumen, um die Vergangenheit des Zweiten Weltkrieges vergessen zu können. Bereits Ende Januar hat Japan zudem in einem UN-Report den Zwang der Frauen zur Sexsklaverei geleugnet. Eine vollständige Anerkennug der Schicksale und Leiden ehemaliger Trostfrauen sieht anders aus. Es bleibt zu bezweifeln, dass die Trostfrauen in ihrem Protest und ihren Forderungen nach historischer Aufarbeitung des Themas sowie angemessener Entschuldigungen und Entschädigungen durch solch ein zweifelhaftes Abkommen nachgeben. Sie sind fest entschlossen, sich Gehör zu verschaffen und gegen das Vergessen ihrer Geschichten anzukämpfen.
Außerhalb Asiens wurde dem Abkommen nicht viel Beachtung geschenkt. Statements und Randbemerkungen flackerten lediglich kurz durch die Nachrichtenticker. Geschichte und vergangene Kriege erscheinen angesichts aktueller Konflikte und Krisen wohl eher zweitrangig. Und so wird es auch in den Geschichtsbüchern bei einer Randbemerkung über Japans Zweiten Weltkrieg bleiben. Schade… da wäre wohl so mancher Schüler aus seinem Tiefschlaf erwacht. Gute Nacht!
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