Es ist der Traum vieler junger Sportler: Ein Sportstipendium für eine Universität in den USA zu bekommen. Die Vermittlungsorganisation „Scholarbook“ aus Neuhäusel bei Koblenz hilft dabei. Aber wie funktioniert das ganze System eigentlich? Wir haben uns mit Thomas Bojanowski, einem der Gründer unterhalten. Er war Leichtathlet bei der SG Neuhäusel und der LG Rhein-Wied und später selber mit einem Sportstipendium an der Wake Forest University in Winston-Salem (North Carolina).

Herr Bojanowski, wie kam es zu der Gründung von Scholarbook?
2009 hat ein guter Freund, Simon Stützel, ein Sportstipendium für seinen Master an der Queens University in Charlotte bekommen, nachdem er an der BA in Mannheim ein wirtschaftliches Studium abgeschlossen hatte und bereits gute Jobaussichten hier in Deutschland hatte. Allerdings hätte er damals dann mit dem Leistungssport aufhören müssen. Er kommt aus Anhausen und ist damals für die LG Rhein-Wied gestartet. Mittlerweile, nach Rückkehr aus den USA, hat er mehrere deutsche Meistertitel gewonnen und war auch schon für die Nationalmannschaft im Einsatz. Ohne sein Studium in den USA wäre das nicht möglich gewesen. Weil es ihm so gut gefiel und er sich so super im Sport verbessert hat, haben wir deshalb Ende 2009 Scholarbook gegründet um weiteren Sportlern diese Möglichkeit zu eröffnen.
Welche Voraussetzungen müssen die Interessierten erfüllen, um vermittelt zu werden?
Akademische Mindestvoraussetzung für ein Sportstipendium ist das Fachabitur. Aus sportlicher Perspektive variieren die Voraussetzungen zwischen den einzelnen Sportarten. In den Sportarten mit einer deutschen Meisterschaft, wie Leichtathletik, Schwimmen, Golf und Tennis, ist normalerweise die Teilnahme an eben dieser deutschen Meisterschaft Voraussetzung. Im Fußball sollten die Sportler mindestens in der Bezirksliga spielen, um gute Grundlagen für ein Sportstipendium zu haben. Je höher das sportliche Niveau ist, desto höher ist natürlich aber auch die Chance auf finanziell gute Angebote. Wie man hier bereits jedoch auch sehen kann, hängen die Voraussetzungen von vielen Faktoren ab.
Wie läuft die Vermittlung der Sportler ab?
Grundlegend beginnt die mögliche Zusammenarbeit mit den jungen Sportlern durch eine kostenlose und unverbindliche Chanceneinschätzung, die jeder Sportler auf unserer Homepage ausfüllen kann. Die Daten gelangen zu unseren Athletenbetreuern, die dem Sportler eine Einschätzung über mögliche Chancen eines Sportstipendiums geben. Nach einem darauffolgenden persönlichen Beratungsgespräch des Betreuers mit dem jeweiligen Sportler und dessen Entscheidung für das Studium in den USA startet dann der Vermittlungsprozess. Dieser teilt sich in mehrere Schritte auf.
Im ersten Schritt geht es darum, Voraussetzungen des Sportlers für ein Sportstipendium zu schaffen. Hierzu gehören beispielsweise die Englisch-Tests, welche absolviert werden müssen, oder das Erstellen eines Highlight-Videos des Sportlers, für welches Videomaterial gesammelt werden muss. Der zweite Schritt ist der Kontakt zu den interessierten Trainern. Der Kontakt ist individuell auf den jeweiligen Sportler zugeschnitten, sodass dieser die für ihn optimale Entscheidung treffen kann. Nach der Zusage bei einer Universität gelangt der Sportler zum letzten Schritt: Hier handelt es sich um alle administrativen Schritte der jeweiligen Uni, welche zu absolvieren sind. Der Prozess endet mit dem Erhalt eines Stipendiumsvertrags als Grundlage für das benötigte Visum. Danach kann der Flug gebucht werden und die Vorfreude steigen.

Wie stressig bzw. zeitintensiv ist es, in den USA zu studieren und gleichzeitig Sport auf hohem Niveau zu betreiben?
Der Tagesablauf ist sehr durchstrukturiert und sieht in der Regel folgendermaßen aus:
Von 9 bis 12.30 Uhr Vorlesung (man kann die Pläne als Athlet vor den „normalen Studenten“ zusammenstellen). Dann geht es zum Mittagessen, gefolgt von Hausaufgaben sowie Vor- und Nachbereitung der Uni. Von 15 bis 17.30 Uhr geht es zum Training plus Physio etc. Dann folgt das Abendessen mit den Teamkollegen in der Mensa. Freitag und Samstag sind oft Wettkämpfe und Turniere – man wird jedoch bestmöglich unterstützt und muss sich um nichts kümmern außer beim Training präsent zu sein und sein Bestes zu geben. Hotels, Reisen zu Wettkämpfen, Spielen werden von dem Trainerteam organisiert. Die Professoren nehmen außerdem Rücksicht auf die Sportveranstaltungen und unterstützen die Athleten anstatt Ihnen Steine in den Weg zu legen.
Wie viele Sportler konnten bisher vermittelt werden und was sind die populärsten Sportarten bzw. was die „exotischsten“?
Wir konnten bereits ca. 1500 Sportler bei ihrem Traum nach Amerika unterstützen und vermitteln. Während es zu Beginn hauptsächlich Schwimmer und Leichtathleten waren (sind jetzt an zweiter und dritter Stelle) ist mittlerweile Fußball die populärste Sportart – bei Jungs wie auch bei den Mädels. Weitere Kernsportarten sind Tennis und Golf, aber auch Triathlon. Wir konnten aber auch schon in vermeintlichen Randsportarten wie Fechten, Rudern, Sportschießen, aber auch in den American Sports, Basketball und Football erfolgreich Athleten vermitteln.
Was gibt es sonst noch Interessantes zu berichten?
Besondere Highlights bieten sich vor allem Im Fußball durch ein Probetraining, auch Showcase genannt. Zu diesem Anlass kommen ca. 30 Coaches von unterschiedlichen amerikanischen Universitäten nach Deutschland. Die Spieler haben hier also besondere Chancen „live“ zu überzeugen, mit Coaches in Kontakt und Verhandlungen zu treten und sich für ihre Traumuniversität zu empfehlen. In diesem Jahr war die ARD Sportschau bei unserem Showcase mit dabei und wir haben mit über 100 Spielern und 40 Spielerinnen zwei tolle Tage erleben dürfen. Die nächsten Probetrainings finden Ende Mai in Frankfurt und Paris und Mitte Dezember in Hannover und Stuttgart statt.
Weitere Informationen: https://www.scholarbook.net/de/
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