Die Schokonikoläuse, die seit Oktober wieder in den Regalen zu finden sind, beweisen, dass die Nikolaus-Tradition in unserer Kultur tief verankert ist. Oft wird sie jedoch für kommerzielle oder pädagogische Zwecke instrumentalisiert. Doch wer war der Nikolaus eigentlich – ein Vorbild oder doch nur eine Kultfigur?
Für die meisten Kinder ist der sechste Dezember ein Tag, der das Warten auf Weihnachten verkürzt und im wahrsten Sinne des Wortes „versüßt“. Jeder erinnert sich noch an die große Vorfreude, als wir die Stiefel herausgestellt haben und dann morgens direkt zu unseren Schühchen oder Teller gerannt sind, um die Nikolausgaben in Empfang zu nehmen.
Doch beim genaueren Hinsehen fällt auf, dass wir über den Nikolaus selbst nicht mehr viel wissen. Oft vermischt sich die Vorstellung vom Nikolaus mit dem Weihnachtsmann oder er wird als bloßes Zeichen der Vorweihnachtszeit abgetan. Dabei steht eine christliche Tradition dahinter, von der man viel über Uneigennützigkeit, tätiger Nächstenliebe und selbstloser Güte erfährt.
Der Begriff „Nikolaus“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Sieg des Volkes“. Der Name macht also schon deutlich, dass es sich bei dem ersten heiligen Nicht-Märtyrer der katholischen Kirche um eine Art Schirmherr des gesamten Volkes handelt.
Die Wandlung des Nikolaus
Die Legende vom Bischof aus Myra erzählt von einem Christ, der sich für Arme und Benachteiligte, für Fremde und Bürger der Bischofsstadt einsetzte. Der Legende nach starben die Eltern vom Nikolaus früh. Sie hinterließen ihm ein großes Erbe, dennoch wurde er nicht glücklich. Vor Traurigkeit wurde er so müde, dass er gegen einen Krug voller Schriftrollen stieß. Als er die Schriftstücke aufsammeln wollte, begann er zu lesen. Auf einer Rolle stand: “Da war ein reicher Mann, der lebte herrlich und in Freuden. Da war aber auch ein Armer, der lag hungernd vor seiner Tür und wollte nur Brotsamen, die den Reichen vom Tische fielen. Doch diese gönnten die Reichen dem Armen nicht. Als der Arme starb, wurde er von den Engeln in den Himmel getragen. Auch der Reiche starb. Doch es kamen keine Engel, ihn zu holen.”
Nikolaus bemerkte, dass er den Reichen aus der Geschichte glich. Daraufhin entschied Nikolaus, sich ab dem nächsten Tag zu verändern und den Bettler aus der Erzählung zu suchen. Er fand den ärmsten Mann der Stadt vor den Stadttoren. Als er ihm Geld geben wollte, bemerkte er, dass in seinen prunkvollen Gewändern keine Taschen eingearbeitet waren. Er nahm seine Kette und schenkte sie dem Bettler. Doch damit war Nikolaus noch nicht zufrieden, er beschloss auch noch seine Gewand und seine Schuhe zu verschenken. Als er nach Hause ging, bemerkte er, dass ihm warm ums Herz wurde. Er erinnerte sich an die Worte, die Jesus Reichen Menschen predigte: “Willst du mir angehören, so verschenke alles was dir gehört an die Armen.” Nikolaus wollte nun Jesus folgen und befahl seinen Bediensteten, sein Hab und Gut zu verschenken. Er selbst begab sich auf eine Pilgerfahrt.
Auch in der heutigen Gesellschaft scheint vielen die Tasche in ihren Gewändern zu fehlen. Menschen, denen es gut geht, sehen sich oft nicht in der Pflicht und werden auch nicht verpflichtet, hilfesuchende Menschen zu unterstützen. Gutverdiener hinterziehen Steuern, um noch reicher zu werden und entziehen sich damit jeglicher Verantwortung für die Gemeinschaft. Die Nikolauslegende betont hingegen, dass man als Mensch, der nur für sich alleine lebt, auf Dauer keine Erfüllung erlebt.
Verantwortung für Hilfesuchende übernehmen
Nikolaus kam wieder zurück nach Myra und wurde Bischof der Stadt. Als solcher sorgte er sich um Waisen und baute Kinderheime. Er ließ auch ein Haus für die alten Seeleute bauen, die nicht mehr aufs Meer hinaus konnten. Er bewies sich als Anwalt der Schwachen und Hilflosen.
Als eine Hungernot die Stadt erreichte, war selbst der Bischof verzweifelt. Eines Tages erreichte ein Schiff mit einer Kornladung Myra. Nikolaus versuchte den Kapitän zu überreden, einen Teil der Ladung an die Menschen in Myra zu verschenken. Dieser befürchtete jedoch Ärger von dem Handelsherren, falls dieser bemerkt, dass zwölf Säcke der Ladung fehlen. Nikolaus versichterte ihm aber, dass alles gut werde. Der Kapitän beschloss Nikolaus zu vertrauen und als er auf den Handelsherren traf, bermerkte dieser keinen Unterschied zu seiner Bestellung. Dies glich einem Wunder. Die Geschichte zeigt, dass man keine Angst vorm Teilen und Abgeben haben sollte.
Die Legenden vom Nikolaus zeigen, dass dieser viel mehr ist als bloß eine Kultfigur. Ob er tatsächlich existierte, ist nicht geklärt. Aber es auch nicht entscheidend, ob er wirklich existierte, heilig ist oder über einen hohen pädagogischen Wert verfügt. Am Ende sollte er doch vor allem eins sein für unsere Gesellschaft: Vorbild. Gerade in der heutigen Zeit sollte man am Nikolaustag kurz innehalten und sich fragen, ob man nicht selbst im Zeichen der Nächstenliebe aktiv werden sollte. Jeder kann auch erst klein anfangen, indem er einfach den Stiefel des Zimmernachbarns befüllt.
Dieser Beitrag wurde finanziell möglich gemacht durch das Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg. Schaut Euch auch die Homepage an: http://institut-walberberg.de/index.php?cID=1
Ulrike Baldermann
Ich find’s toll, dass mal jemand den Hintergrund von Nikolaus erklärt, und auch die Aktualität zeigt. Spannend !
Norbert Stahl
Vielen Dank für die vielen hilfreiche Informationen, die auch für unsere Zeit sehr aktuell sind!
Ingo Baldermann
Wie gut, uns in dieser kauffreudigen Zeit an die Armen vor unserer Tür zu erinnern: 300 000 Wohnungslose in unserer reichen Republik, und dann erst all die vor Hunger und Gewalt Geflüchteten an den Außengrenzen Europas, in Lagern eingezäunt – Dein Nikolaus weiß Wege zu helfen, auch gegen die Rechnungen der Reichen – wie gut, Dank Dir, Sophia