Niemand würde in der heutigen Zeit ökologische Herausforderungen wie den Klimawandel oder die Abholzung der Regenwälder als etwas Gutes bezeichnen. Trotzdem tut niemand wirklich etwas dagegen. Warum wissen so viele theoretisch, was zu tun ist, um den Planeten zu schützen, aber tun es dann nicht?

Dinge auszublenden macht das Leben einfacher – Aber ist das der richtige Weg?
Es gibt da leider ein Problem: Wer bei solchen Themen wegschaut und die Augen verschließt, hat es unkomplizierter im Leben. Nehmen wir einmal an, jemand möchte aus Überzeugung weniger Auto fahren, um als Folge weniger Abgase zu produzieren. Dieser Jemand ist dadurch schon automatisch in seiner Mobilität vor allem für weite Strecken eingeschränkt und braucht im Schnitt dreimal so lange wie ein Autofahrer. Außerdem kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass Frauen sich lieber mit dem Auto abholen und herumfahren lassen, als mit dem Bus kommen zu müssen. Begründung meinerseits: Ich fahr weniger Auto, um die Umwelt zu schonen. Und im Hintergrund heizt der Prollo mit seinem BMW vorbei und zieht eine Abgaswolke hinter sich her. Die Frauen, die ich kennengelernt habe, haben nicht unbedingt negativ auf meine Autoabstinenz reagiert, aber positiv halt auch nicht. Wirklich nachvollziehbar war es nicht für sie.
Man kann es also in diesem Fall auf Folgendes reduzieren: Will ich mit meiner Angebeteten beispielsweise ins Autokino oder will ich gemeinsam mit ihr der Umwelt helfen? Letzteres bringt erstmal nur Nachteile mit sich und ob sich ein langfristiger Effekt zeigt, bleibt abzuwarten. Dann schalte ich den Fernseher an und erfahre: „Klimawandel nicht mehr zu stoppen. Abholzung der Regenwälder geht weiter.“ Dann denkt sich doch der Normalbürger und zugegeben auch ich manchmal: „Toll, da hätte ich auch mit dem Auto fahren können und es wäre aufs Selbe rausgekommen.“
Luxus versus Nachhaltigkeit
Trotzdem solltet Ihr Euch vielleicht zwei Fragen stellen:
1) Muss ich jetzt wirklich zu meinem Kumpel mit dem Auto fahren, wenn er doch eine Bushaltestelle direkt vor der Haustür hat? Warum nicht jetzt, wo es warm ist, zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren? Wer etwa aus beruflichen Gründen längere Strecken fahren muss, hat es da schon schwerer, aber man kann seinen Alltag oft auch ohne Auto bewältigen. Vor allem für Jugendliche ist das Autofahren noch etwas Neues und Aufregendes, aber in vielen Studentenstädten wie Bonn und Köln kommt man mit dem Rad manchmal sogar besser voran. Am Ende hat man dann sogar noch etwas für die Kondition getan.
2) Brauche ich unbedingt den Ford Mustang, der tausend Liter frisst, obwohl es auch ein anderes Auto gäbe, das genau dasselbe kann? Ursprünglich wurden diese Maschinen einmal entwickelt, um uns Menschen schneller von A nach B zu bringen. Wenn das also ihr Hauptzweck ist, warum also nicht ein Auto nehmen, das gut aussieht und weniger verbraucht?
Unser Kaufverhalten – Am besten möglichst preiswert
Unsere Bequemlichkeit äußert sich aber nicht nur beim Autofahren, sondern auch in unserem Kaufverhalten. Vor einiger Zeit bin ich bei Facebook auf ein kurioses Bild gestoßen. Darauf waren Hühnereier zu sehen, die man geschält und dann in Plastikschachteln gepackt hat. Ihr habt richtig gehört: Man hat die biologische Hülle, die das Ei von Natur aus besitzt, entfernt und sie durch eine aus Plastik ersetzt, die den gleichen Zweck erfüllt. Wahrscheinlich dachten die Hersteller: „Irgendwann werden sich die Menschen zu bequem sein, ihre Eier selbst zu schälen. Also machen wir das für sie.“
Solcher Plastikverbrauch ist heutzutage auch ein Problem, bei dem viele Leute wegschauen. Es gab eine Zeit, da habe ich persönlich regelrechte Gewissensbisse gehabt, wenn ich mir etwas in einer Plastikverpackung gekauft habe. „Das ist übertrieben.“, werden viele jetzt sagen, aber überlegt Euch folgenden Fakt: Diese Joghurt-Dose, die ich mir gestern nach der Arbeit gekauft habe, wird wahrscheinlich in 10.000 Jahren immer noch da rumliegen. Es ist in keiner Weise möglich, dieses ganze Plastik wieder in den natürlichen Kreislauf zu integrieren, es ist einfach Müll, der nicht verwertbar ist. Eine Alternative wären Glasbehälter, die einfach gespült und wiederverwendet werden können. Wie wäre es zum Beispiel damit, einfach mal die Milch in der Glasflasche zu kaufen? Das wirkt vielleicht nicht wie ein großer Schritt, aber wenn es viele tun würde es schon einen ganzen Berg Plastikmüll weniger auf der Welt geben.
Ökologische Kleidung muss nicht schlecht aussehen!
Wofür geben vor allem Jugendliche noch einen nicht unerheblichen Teil ihres Geldes aus? Richtig: Kleidung. Kaufe ich mir aber ein T-Shirt für 4,99 Euro kann ich mit fast hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass es irgendeinen Grund geben muss, warum dieses Shirt so billig sein kann. Meist ist es ein moralisch verwerflicher Grund.
Die Alternative wäre, sich einmal auf Internetseiten wie Avocadostore.de umzusehen. Der Name klingt zugegebenermaßen etwas exotisch, aber dort gibt es faire und ökologisch zertifizierte Kleidung in großer Auswahl. Dabei möchte ich in aller Deutlichkeit sagen, dass auf diese Art hergestellte Kleidung nicht so schlecht aussieht, wie oft klischeehaft angenommen. Es gab sogar schon Momente, wo mich Freunde gefragt haben wo ich denn diesen schicken Pullover her hätte. Als ich dann erklärte, es sei von einer dieser Öko-Marken, war das Interesse plötzlich verschwunden, als würde man solche Themen totschweigen wollen.
Mal ganz abgesehen davon, dass viele Firmen sich Öko und Fairtrade auf die Fahne schreiben und irgendwann rauskommt, dass ein Billiglohnbetrieb ebendieser Firma in Bangladesch in die Luft geflogen ist. Der Missbrauch solcher Siegel macht das Vertrauen in sie kaputt. „Das sind doch eh alles Lügner, da kann ich auch weiter das Billig-Produkt kaufen!“ Das ist die Argumentation der Fairtrade-Gegner. Mittlerweile gibt es aber durchaus Siegel, denen man vertrauen kann und die strengen Richtlinien unterliegen: GOTS zum Beispiel!
Natürlich muss man für diese Art Kleidung oft etwas tiefer in die Tasche greifen. Das ist aber nicht Wucher und viel zu teuer, wie viele denken. Es ist viel mehr das, was unsere Klamotten eigentlich kosten sollten, würde man auf nachhaltige Herstellung und faire Bezahlung aller Beteiligten achten. Wie wäre es anstatt zehn Billig-Shirts zu kaufen, stattdessen das Geld für vier Fairtrade-Shirts auszugeben? Mein Kleiderschrank besteht auch nicht nur aus Fairtrade, aber jeder Kauf unterstützt eine gute Sache und ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Das Fazit bleibt: Wer bei solchen Problemen nicht wegschaut, der hat es schwieriger. Man ist weniger mobil, bezahlt mehr Geld und fängt sich im Optimalfall noch ein hämisches „Du Öko!“ von seinen Mitmenschen ein. Warum dieses Wort in der heutigen Zeit als Beleidigung verwendet wird, ist mir ein absolutes Rätsel. Zum Schluss ein Zitat, schon tausendmal gehört aber immer noch sehr passend: Wir gehen mit unserer Welt um, als hätten wir noch eine zweite im Keller.
Ich stimme vielen Punkten zu, wie in etwa der Kritik an unserer Verpackungs- und Wegwerfkultur und am exzessivem Nutzen von Automobilen.
Allerdings habe ich drei kleine Kritikpunkte:
1. Ich vermisse den Hinweis, dass das Tragen gebrauchter Kleidung oder der Verzicht auf das besitzen einer umfangreichen Kleidergarnitur deutlich effektiver ist hinsichtlich der Reduzierung unseres ökologischen Fußabdrucks als der Kauf von Ökokleidung.
2. Kleidung die teurer ist, ist nicht grundsätzlich ethischer. Adidas lässt seine Schuhe auch in erbärmlichen Verhältnissen nähen. Was man hier bezahlt ist das Label und die Werbung. Was den ökologischen Fußabdruck angeht könnte sogar in den meisten Fällen die Faustregel gelten, dass teurere Kleidung hier oft den größeren Nettoimpakt hat.
3. “Öko” und “Bio” als Konzepte oder gar Richtlinien sind sehr häufig ideologisch geprägt und haben oft wenig mit dem tatsächlichen Impakt des Produktes auf unsere Umwelt oder die Gesundheit der Konsumenten zu tun – was jedoch eigentlich so gut wie immer suggeriert wird. Oft benötigt die Herstellung von Ökoprodukten zum Beispiel deutlich mehr Land und Energie – und ist damit nicht nur teurer, sondern auch oft umweltschädlicher. Die Kriterien an denen sich diese Label orientieren sind idR. unwissenschaftlich, willkürlich, oder orientieren sich sogar an irrationalen Ängsten oder Erwartungen der Konsumenten. Zum Beispiel gibt es Fälle, in denen in der Biolandwirtschaft größere Mengen deutlich (gesundheits-)schädlicherer Pestizide eingesetzt werden müssen, weil engstirnige Richtlinien den Einsatz eines deutlich effizienteren und harmloseren Stoffes verhindern, basierend allein darauf, dass er in der Natur nicht vorkommt. Auch die grundsätzliche Ablehnung von biotechnologisch verändertem Erbgut steht dem Umweltschutz und der Reduzierung von Treibhauseffekt und Landnutzung oft im Wege. (Ich sage damit nicht, dass in einer verantwortungsvollen und umweltfreundlichen Landwirtschaft alle Stoffe erlaubt sein sollten oder dass die Nutzung von Gentechnologie immer sinnvoll und “ethisch” ist.)
Im Grunde ist das ganze idR. eine Form von Bauernfängerei oder Quacksalberei. Was wir bräuchten wären reformierte Umweltschutzlabel nach modernen, wissenschaftlichen Prinzipien und ohne den ganzen Ballast an naturalistischer Esoterik, der da für gewöhnlich mit dranhängt 🙂
Erstmal freut es mich, dass sich jemand so detailliert mit meinem Artikel auseinandergesetzt hat. Das ist es, was man braucht: Eine Kommentarfunktion in der Leute über ihre Meinungen diskutieren.
Im Grunde stimme ich allen drei Punkten zu, der Artikel war schon ohnehin ziemlich lang und ich glaube man kann in so einem kurzen Statement nicht alles unterbringen.
1) Generell würde weniger Konsum in jeglicher Hinsicht (weniger Essen, weniger Kleidung kaufen usw.) natürlich mehr bringen, aber firstlife ist ja durchaus eine Plattform für Jugendliche und Jugendliche kaufen halt gerne Klamotten. Deswegen wollte ich eine Alternative aufzeigen.
2) Wenn bei Herstellung und Vertrieb eines Kleidungsstücks die Beteiligten (von der Näherin bis zum Verkäufer) alle halbwegs human bezahlt werden sollen, muss das Produkt am Ende einen gewissen Preis haben, damit überhaupt ein Gewinn erwirtschaftet werden kann und das Konzept auf Dauer funktioniert.
https://www.youtube.com/watch?v=sPVZxCZwDK4
In diesem Video bei 1:38 wird der Punkt angesprochen, der im Prinzip heisst: Teuer ist nicht gleich ökologisch. Denn im Prinzip ist die hier genannte Jeans (die nur als Beispiel dienen soll) nur die Hälfte wert und am Ende wird der Preis nochmal verdoppelt, wovon aber die beteiligten Arbeiter nichts abkriegen. Also stimme ich zu, die großen Marken wie Nike und Adidas sind teuer und halten sich trotzdem nicht an irgendwelche ökologischen und Fairtrade Standards. In dem Fall hat man also viel Geld ausgegeben und trotzdem Umweltverschmutzung und Billiglöhne unterstützt.
Zu 3) Dazu habe ich auch schon einiges gehört, ich glaube das Thema würde Stoff für noch einen ganzen Artikel bieten, wenn nicht mehrere.
Vielen Dank für die Anmerkungen.
Liebe Grüße,
Sven