Jeder Künstler kenne diesen Konflikt, sagt Karla Katz, die eigentlich anders heißt. Zum einen wolle man „die Welt nicht zumüllen mit Dingen, die keiner braucht“. Zum anderen komme mit dem Alter aber auch der Wunsch nach Geld. „Das Geld nimmt einem aber die Freiheit.“ An ihrem Stand ganz am Rande des Berliner Trödelmarktes steht ein Schild. „Porträts 300 Euro“, ein großer Gegensatz zu den restlichen Angeboten des Trödelmarktes. Von alten Puppen über Vasen bis hin zu Büchern – das meiste hier kostet weniger als 100 Euro. Auch äußerlich unterscheidet sich der Stand von den anderen. Rechts auf dem Tisch unter dem Pavillon befindet sich ein Karton voller Porträts, daneben ein Eimer mit Farbe, Pinsel und eine Thermoskanne mit heißem Tee. Davor steht, in einer braunen Hose mit Farbklecksen darauf, die Künstlerin.
„Ich weiß, dass meine Bilder teuer sind“, sagt Katz, während sie verschiedene Holzstücke zu einem Keilrahmen zusammensteckt. „Aber es ist so ein großer Zufall, dass ich auf der Welt bin.“ Aus ihrer Sicht ist schon die Entstehung des Universums ein großer Zufall. Noch geringer sei aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie als einer von acht Milliarden Menschen in dieser Stadt mit genau ihren Talenten und Schwächen auf die Welt gekommen sei. „So gesehen ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass ein Millionär vorbei kommt und drei meiner Bilder für je 1.000 Euro kauft.“ Katz spannt Leinen über den Rahmen und befestigt es. Sie verspricht sich nicht viel von dem heutigen Tag. Es ist das erste Mal, dass sie mit ihren Gemälden auf einem Markt steht, sonst arbeite sie immer im Atelier. Aber man müsse etwas unternehmen, um Geld zu verdienen. „Und ich will nicht mehr im Atelier rumsumpfen, wo nichts passiert.“
Katz wischt Flecken roter Farbe von einer Leinwand und sagt, dass es früher kein Problem gewesen sei, eine Ausstellung zu bekommen. Mittlerweile ist das schwerer, weil die Stadt „satt und von Künstlern überlaufen“ sei. Vielleicht ist ein anderer Grund dafür aber auch ihre Pause aus dem Kunstgeschäft bis vor zwei Jahren. Katz erinnert sich, dass ihre Ausstellungserfolge sie nach der Ausbildung zur Holzbildhauerin in Flensburg und anschließendem Kunststudium in Berlin nicht mehr glücklich gemacht haben. Deshalb nahm sich die junge Künstlerin eine Auszeit und ging für einige Jahre nach Amerika, wo sie gemeinsam mit einer Gruppe von Leuten das spirituelle Buch „Ein Kurs in Wundern“ studierte. „Dabei ging es darum, sich umzuprogrammieren, genug Mut und Vertrauen in sich selbst entwickeln und zu sehen, was weit über das menschliche Bewusstsein hinausgeht“, sagt Katz. Jeder sei frei gewesen, zu kommen und zu gehen, wie er wollte. Allerdings habe sich nach und nach eine gewisse Gruppendynamik entwickelt. „Irgendwann weiß man nicht mehr, was richtig und was falsch ist.“ Wenn man die Schnauze voll hat, sollte man einfach gehen, sagt Katz. Sie sei noch lange geblieben. Heute sagt sie, dass sie diese Zeit auf keinen Fall missen wolle. Auch hat sie noch Kontakt zu einigen ihrer damaligen Freunde. Trotzdem hat sie sich nach einigen Jahren entschieden, nach Deutschland zurückzukehren. Seit zwei Jahren lebt sie wieder in der Stadt.
Hier schauen die meisten Leute zwar mit Interesse auf ihre Bilder, doch beim Anblick der Preise laufen alle wieder weiter. Das scheint Katz aber nicht wirklich viel auszumachen, da sie die meiste Zeit einfach mit anderen Händlern spricht oder in ihr Skizzenbuch neue Ideen schreibt. Denn Katz freut sich, dass sie aktiv geworden ist und nicht nur alleine in ihrem Atelier ist.
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