Einen Sender aus der Taufe zu heben und wenige Jahre später wieder zu Grabe zu tragen, das können nicht viele Medienmacher von sich behaupten. Jo Schück kann das. Der Kulturmoderator merkte schon früh, dass sein Herz für Kultur und Politik schlägt. Mit uns sprach er über den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit sowie seine größten Momente im Journalismus.

Herr Schück, womit haben Sie den heutigen Tag verbracht?
Schück: (lacht) Zur Vorbereitung auf unsere Aspekte-Sendung und meine bevorstehende Reise nach Fukushima für das Auslandsjournal habe ich den Tag vor allem mit Lesen und Telefonieren verbracht.
Journalismus: Die Vielseitigkeit gepaart mit Verantwortung ist beglückend
Was fasziniert Sie am Beruf des Journalisten und am Führen von Interviews?
Schück: Vor allem das Privileg, in neue und immer verschiedene Lebenswelten eintauchen zu dürfen. So kann ich heute den Hartz-IV-Empfänger und morgen den Hollywoodstar befragen. Dadurch erhalte ich einen Einblick in alle gesellschaftlichen Schichten und darf zugleich darüber berichten. Diese Vielseitigkeit gepaart mit Verantwortung empfinde ich als sehr beglückend.
Der Weg in den Journalismus gestaltet sich oftmals als steinig. Welchen Weg nahmen Sie?
Schück: Mein Weg bestand aus zahlreichen Praktika, einem Studium der Publizistik sowie einem Volontariat beim ZDF. Außerdem schrieb ich ganz klassisch als freier Mitarbeiter für lokale Zeitungen.
Wie kommt es, dass Sie sich für Politik und Kultur interessieren?
Schück: Prinzipiell schlug das Pendel bei mir schon immer zwischen Kultur und Politik, weil beides für mich miteinander verknüpft ist. Denn sprechen wir über Kultur, führen wir zugleich auch eine politische Debatte. Politik wird durch die verschiedenen Kulturen gestaltet, aber Politik gestaltet eine Gesellschaft und somit auch wieder ihre Kultur. In beidem fühle ich mich sehr wohl.
Vertrauen: Rückkehr zu den Grundtugenden unserer Arbeit. Raus aus der Komfortzone
Sie gestalten die Sendung Aspekte, das Investigativdokuformat ZDFZoom sowie bald auch mal das Auslandsjournal. Welchen Eindruck haben Sie: Verliert der Journalismus an Vertrauen in der Bevölkerung?
Schück: Ich will nicht pauschalisieren. Dennoch hat der Journalismus ein erwiesenes Glaubwürdigkeitsproblem und dies vor allem bei einem Klientel, welches sich populistischen Parteien anschließt. Vor allem müssen wir uns mit einer Lösung dieses Problems befassen und uns die Frage stellen, wie wir diese Menschen wieder erreichen. Wir müssen unsere Arbeit wieder transparenter und erklärender gestalten. Wir müssen raus aus der Komfortzone. Auch bedarf es einer Rückbesinnung auf das Grundhandwerk unseres Berufs, der gründlichen Recherche sowie der verständlichen Aufbereitung. Auf der anderen Seite: Es sind doch goldene Zeiten des Journalismus! Noch nie war es wichtiger, Sachverhalte zu erklären und plausibel einzuordnen.
Welche Gründe sehen Sie für diesen Vertrauensverlust?
Schück: Wenn wir über einen Vertrauensverlust sprechen und uns plötzlich wieder mit den Grundtugenden des Journalismus auseinandersetzen, lässt es darauf schließen, dass in den vergangenen Jahren Fehler gemacht wurden. Dazu gehört zum einen mangelnde Transparenz, zum anderen eine zum Teil zu starke Nähe zu politischen Institutionen. Umso positiver ist es, dass die Menschen wieder hinterfragen, sich nicht mehr berieseln lassen. Wir leben in einer zunehmend politisierten Gesellschaft, die Leute beteiligen sich am politischen Diskurs. Das ist doch positiv zu bewerten.
Die sozialen Medien sind Teil einer positiven Entwicklung
Viele Internetblogs präsentieren sich als Alternative zum sogenannten „Mainstream“. Gerade durch Social Media werden Falschmeldungen und Gerüchte schnell und weit verbreitet. Woran erkennen Sie, ob eine Quelle seriös ist? Und inwieweit können Bücher heute noch einen Teil zur Aufklärung beitragen?
Jo Schück: Grundsätzlich gab es Falschmeldungen auch vor dem Modewort „Fake News“. Insofern erkenne ich die Seriosität einer Meldung mithilfe des klassischen Handwerks. Ich glaube zudem, dass die Relevanz eines Buches, ob nun analog oder digital, keineswegs zurückgegangen ist. Denn in einem Buch erfahre ich immer noch mehr Details und Hintergründe als zum Beispiel in einem 2-minütigem Beitrag in der Tagesschau.
Zugleich werden andersdenkende, innovative Magazine immer beliebter. So zum Beispiel das neue Magazin der FAZ „Quarterly“. Gelingt der Kampf gegen die Verrohung der Sprache durch die sozialen Medien?
Schück: Der These, dass „die Jugend“ wegen der sozialen Medien kein Interesse mehr an tiefgründigen Texten hat oder verroht, kann ich nicht zustimmen. Ja, natürlich gibt es diese Menschen, doch die Verrohung darauf zu reduzieren, das wäre zu einfach gedacht. Grundsätzlich sehe ich auch die sozialen Medien als positive Entwicklung. Im Gegenteil, gerade auch aufgrund dieser Tendenzen entdecken die etablierten Medien nun ihre innovative Seite.
Früher wartete man gespannt auf das heute-journal, weil man dort erfuhr, was der Tag gebracht hat. Heute sind Informationen sofort und jederzeit abrufbar. Glauben Sie, dass es die herkömmlichen Nachrichtenformate bald gar nicht mehr braucht?
Schück: Eine tiefgründige Aufarbeitung der Themen wird glaube ich in den kommenden Jahren immer essenzieller. Eine konzentrierte und umfassende Einordnung kann kein Blogger der Welt anbieten, allein schon aus Geldgründen. Doch gerade diese Form des Berichtens bietet zum Beispiel ein heute-journal, weshalb dieses Format auf jeden Fall weiterhin eine hohe Bedeutung haben wird. Zumal es nun völlig egal ist, ob ich meine Nachrichten nun um 21:45 Uhr oder um 22:30 Uhr konsumiere. Ein weiteres Argument gegen den Kulturpessimismus.
Die Berlinale: ein Highlight für jeden Kulturmoderator
Aspekte erhielt mit Ihnen einen neuen jungen Charakter. Erzählen Sie über ihre Highlights.
Schück: Ein Highlight für einen Kulturmoderator bildet natürlich die Berlinale, das größte deutsche Filmfestival. Zum einen weil man dort ungeheuer produktiv ist, zum anderen aber auch unheimlich spontan agieren muss. Das bedeutet, man hat zwar Ideen, kann aber dennoch nichts planen. Einfach großartig.
Bevor Sie den männlichen Part des derzeitigen Aspekte-Teams besetzten, sah man Sie vor allem bei ZDFkultur. Wie sehr bedauern Sie die Absetzung des Senders und geht dem ZDF damit nicht wieder ein wenig jugendliche Frische verloren?
Schück: Interessanterweise kann ich wohl oder übel behaupten auch als junger Moderator bereits einen Sender sowohl aus der Taufe gehoben als auch wieder zu Grabe getragen zu haben. Natürlich ist es schade und bedauerlich, dass dieses Experiment nach solch kurzer Zeit wieder beendet wurde. Vor allem aber tut es mir für die Menschen leid, die dort sehr viele Ideen und noch mehr Herzblut hineingesteckt haben. Gerne denke ich an die Zusammenarbeit sowie unseren Teamspirit zurück. Eine tolle Erfahrung, welche ich nicht missen möchte.
Vor einiger Zeit durften Sie den türkischen Autor und Publizisten Can Dündar interviewen. Nun sitzt der WELT-Korrespondent Yücel in Untersuchungshaft. Wie steht es um die Pressefreiheit?
Schück: Natürlich sind Meinungs- und Pressefreiheit elementare Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie. Daher ist die Entwicklung in der Türkei bedrohlich. Nur Diktatoren haben Angst vor einer freien Meinungsäußerung.
Trump bildet ganz sicher eine Gefahr für unsere Zivilgesellschaft
Wenn man derzeit über Politik und Pressefreiheit spricht, kommt man an einem Namen natürlich nicht vorbei: Donald Trump. Wie lautet ihre Einschätzung, ist er wirklich so gefährlich oder doch primär ein schlechter Satiriker?
Schück: Da er seine zum Teil absurden Versprechungen zu realisieren versucht, nehme ich diesen Mann sehr ernst. Auch er ist eine Gefahr für unsere Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung. Es ist unsere Aufgabe als Zivilgesellschaft dem mit aller Entschlossenheit gegenzusteuern.
Die USA gelten als Paradebeispiel einer gespaltenen Gesellschaft. Natürlich werden die sogenannten Protestwähler irgendwann merken, dass auch ein Präsident wie Trump die verlorengegangenen Kohlejobs nicht mehr zurückzaubern kann. Derzeit ist ihnen das aber egal, da er seine Versprechen versucht einzulösen. Und vor allem, weil sie einen Erfolg verbuchen konnten, seine Wähler sind ja auch Wahlgewinner. Somit nehmen sie auch seine Lügen in Kauf. Hinsichtlich des Wahlergebnisses bedarf es zugleich auch mehr Selbstkritik im Lager der Demokraten.
Ein Interview mit der zukünftigen US-Präsidentin Michelle Obama
Noch mal zu Ihnen: Was macht Jo Schück, wenn er nicht vor der Kamera steht?
Schück: In meiner Freizeit gehe ich gerne, so wie es sich für einen Kulturmoderator gehört, ins Theater oder besuche Konzerte. Des Weiteren lese ich und mache Musik. Der perfekte Abend besteht jedoch aus dem Zusammensein mit guten Freunden, gutem Bier sowie dem Besuch eines ebenso guten Konzertes.
Welchen Menschen möchten Sie unbedingt einmal interviewen?
Schück: Sehr gerne möchte ich die zukünftige US-Präsidentin Michelle Obama interviewen.
Zum Abschluss, welches Buch empfehlen Sie als passionierter Leser?
Schück: Ich habe gleich mehrere Buchtipps parat. Da wäre zum Beispiel die Fortsetzung des Buches „Unbehauste“ Teil 2. An diesem Werk habe ich ebenfalls mitgeschrieben. In diesem Buch geht es um heimatsuchende Menschen. Menschen, die in der Hoffnung auf Schutz in ein anderes Land geflüchtet und nun dort auf der Suche nach einer Perspektive sind. Außerdem empfehle ich das Sachbuch „Das Ende der Demokratie“ von Yvonne Hofstetter sowie „Homo Deus“. Ein sehr spannendes Buch, weil es sich mit der Art unseres zukünftigen Lebens auseinandersetzt. Wie werden wir als Gesellschaft miteinander leben? Welche Konsequenzen aber auch Vorteile besitzt Digitalisierung? Was kommt nach der Demokratie wie wir sie kennen? Fragen, mit denen sich die aktuelle Politik nur bedingt befasst.
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