Warum entscheiden sich heutzutage Menschen noch dazu, einer Religion anzugehören und aktiv den Glauben in der Kirche zu leben? Warum ist das heutzutage so aus der Mode geraten? Bringt es nur Nachteile mit sich? Natürlich, es gibt in der Kirche immer wieder Vorkommnisse, die man nicht gutheißen kann, wie z.B. die Missbrauchsfälle. Aber das ist nur ein kleiner negativer Teil, der leider allzu oft das Positive an Glaube und Religion überdeckt.
Es ist Sonntagmorgen, acht Uhr. Ein grelles Klingeln weckt mich aus meinen Träumen. Warum klingelt der Wecker einer Studentin an einem Sonntag, nach einer anstrengenden Uniwoche und einem langen Samstagabend, um diese Uhrzeit? Richtig, oder falsch, je nachdem, was ihr nun gedacht habt. Die Kirche ruft. Ich kämpfe mich also aus dem Bett und setze mich an den Frühstückstisch, um irgendwie wach zu werden. Nach einem Besuch im Bad geht es dann bei jedem Wind und Wetter (und besonders im Winter kann das sehr dunkel und kalt sein) in die Kirche. Dort empfängt einen meist ein großes, kaltes Gebäude, das nur im Hochsommer ganz angenehm sein kann. Ich gehe trotzdem mit guter Laune, denn für seinen Glauben kann man schon mal kleine Opfer bringen, in die Kirche hinein und setze mich in eine der Kirchenbänke. Besonders viele Besucher sind nicht um mich herum. Die meisten von ihnen sind auch eher Menschen im höheren Alter. Aber egal, ich bin ja hier, um den Gottesdienst zu feiern und das geht auch mit einer kleineren Gruppe – möchte man meinen.
Die Glocken erklingen, die Orgel setzt mit ihren dumpfen Klängen ein und der Pfarrer betritt mit seinen Ministranten die Kirche. Ein sehr vertrauter Ablauf. Der Pfarrer beginnt den Gottesdienst, es folgen Lesungen und das Evangelium, unterbrochen von Liedern, die leider kaum jemand mitsingen kann und nur wenige überhaupt verstehen. Da sehen sich selbst die älteren Kirchengänger fragend an. Während der Gottesdienst im vollen Lauf ist, überlege ich fieberhaft, wie ich mich anders hinsetzen könnte, um meinen ohnehin strapazierten Rücken nicht auch noch diesem stechenden Schmerz der Kirchenbank auszusetzen. Na zumindest wird das Ganze durch Stehen und Knien abgewechselt. Der Pfarrer versucht mittlerweile in seiner Predigt den Besuchern den Glauben näherzubringen. Nach der Eucharistie und den Hinweisen, was in derselben Woche noch stattfindet, verlässt er wieder den Raum und die Besucher strömen aus der Kirche. Mit ihnen auch ich.
Da kommen Fragen auf
Und da stehe ich nun vor der Kirche, trete den Heimweg an und überlege mir: Für mich gehört es dazu, Sonntag in die Kirche zu gehen (und wenn das nicht geht, gibt es notfalls ja noch sechs andere Wochentage, an denen Gottesdienste stattfinden). Aber wie handhaben das die anderen Gläubigen? In meiner Heimatgemeinde gibt es vielmehr Gläubige, als die paar Menschen, die ich in der Kirche sehe. Aber warum ist das so? Ich lasse den Gottesdienst noch einmal Revue passieren. Was bleibt bei einem ersten Besuch im Gedächtnis? Kann man es der Jugend verübeln, dass sie sonntagfrüh keine Lust zum Aufstehen hat? Auch die harten Kirchenbänke, die Lieder und die Gestaltung der Gottesdienste bewirken nicht gerade einen Freudensprung. Und dieses Phänomen lässt sich nicht nur in einer römisch-katholischen Kirche betrachten.
Warum mache ich das also?
Jetzt fragst du dich vielleicht, warum ich da überhaupt hingehe bzw. auch noch Theologie studiere. Und was bewegt die anderen Menschen dazu, in die Kirche zu gehen, am Glauben festzuhalten und diesen auch auszuleben? Sicher, hierzu gibt es die verschiedensten Beweggründe, von Gewohnheitssache bis hin zu schlimmen- oder besonders schönen Ereignissen, die einen (wieder) zum Glauben bringen. Aber was genau bewegt nun einen jungen Menschen dazu? Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es Gott gibt und es ist einfach gut zu wissen: Egal was passiert, es ist immer jemand da, der das Ganze in der Hand hat. Das heißt nicht, dass dadurch nun alles eitler Sonnenschein ist. Oft genug geht einmal was daneben, ob nun schlechte Noten, ein Todesfall in der Familie, oder schlimmer Streit mit geliebten Menschen. Aber das alles ist eben nicht das Ende der Welt.
Es kommt auch nicht darauf an, dass nur wenige Menschen im Gottesdienst sind. Mir geht es nicht darum, von möglichst vielen Gläubigen dort gesehen zu werden, sondern einen Ort der Ruhe weg vom Alltag zu haben. Mir ist auch bewusst, dass an der Gestaltung der Gottesdienste noch einiges verändert werden kann. Aber nur jammern um sich damit eine Ausrede zu schaffen bringt nichts. Ich selbst handhabe das z.B. so: Wenn mir der Gottesdienst in der Heimatgemeinde zu eintönig wird, dann probiere ich einfach mal andere Gemeinden aus. Das ist ja das Schöne an einer weltweiten Gemeinschaft. Und um einen noch größeren Einblick in diese Gemeinschaft zu bekommen und später auch aktiv dabei helfen zu können, Probleme zu lösen, habe ich mich für das Theologiestudium entschlossen. Jetzt könnte man natürlich noch mit den Missbrauchsfällen oder einzelnen Personen argumentieren, die die Glaubwürdigkeit der Kirche beschädigen. Aber mal ehrlich? Bei allein schon 1,214 Milliarden Mitgliedern der römisch-katholischen Kirche (was ja nur einen Teil der Christenheit darstellt) sind so viele Menschen, denen der Glaube Kraft und Halt für ihr Leben gibt, was bei all der Aufregung über die vielen großen und kleinen Dinge, die in der Kirche und unter den Christen schlecht laufen, nicht aus dem Blick geraten sollte.
Schreibe einen Kommentar