Circa 857.000 Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren sind internetsüchtig. Das ermittelte die Innsbrucker Uniklinik im Jahr 2016. Was fast schon apokalyptisch scheint, ist inzwischen Realität geworden. Wie und ob wir überhaupt beeinflussen können, ob das Internet eine „gute“ oder „böse“ Rolle in unserem Leben spielt, ist eine Frage, die ich mir schon länger stelle.
Als Kind habe ich noch mit Steinen und Stöcken gespielt. Heute sehe ich manchmal schon 10-Jährige, die vor ihrem Smartphone für ein Instagram-Foto posieren. Ich bin froh, dass ich wenigstens noch eine internetfreie Kindheit erleben durfte. Trotzdem bin ich mir der vielen Vorteile, die uns das Internet heutzutage bringt, bewusst und nutze diese auch selbst gerne: So klein diese Geräte auch sind, so groß sind die Möglichkeiten, die sie uns bieten. Inspiration, Wissens- und Meinungsaustausch führen zu einer sogenannten „kollektiven Intelligenz“. Wir sind vernetzter als je zuvor – und das weltweit.
Dadurch werden – wenn teilweise auch nur digital – Berührungspunkte mit unterschiedlichen Menschen, Kulturen und Einstellungen geschaffen, die zu einer weltoffeneren Gesellschaft führen können. Gerade über Plattformen, wie zum Beispiel „Couchsurfing“ oder „AuPair-world“, gibt es inzwischen die Möglichkeit ganz leicht Kontakt zu Einheimischen aufzubauen und dadurch intensiver und auch noch günstiger zu reisen. Einen großen Teil des Internets machen außerdem die Sozialen Medien aus. Viele nutzen sie, um sich auszudrücken, sich über den Messenger zu vernetzen, sich gegenseitig durch ihre Post zu inspirieren oder um sich in ihren Storys selbst darzustellen. Eigentlich ein Privileg, oder?
Unzufriedenheit bis hin zur Depression durch Soziale Medien
Manchmal kommt es mir so vor, als sei Unzufriedenheit ein Phänomen unserer Generation und vielleicht tragen eben die Sozialen Medien auch einen Großteil dazu bei: Ich selbst mache regelmäßig die Erfahrung, dass mich übermäßiger Social Media-Konsum in großem Maße stresst. Ich habe das Gefühl, ständig präsent sein zu müssen. Tausende WhatsApp-Gruppen teilen einem unterschwellig mit, dass man etwas verpasst, wenn man jetzt nicht hier und da direkt mitliest und antwortet. Oder man bekommt ein schlechtes Gewissen, wenn man den Abend mal entspannt im Bett verbringt und nicht bei der Party dabei ist.
In den letzten Jahren hat sich hierfür sogar der Begriff „FOMO“, Fear of Missing out, auf Deutsch also: die Angst, etwas zu verpassen, entwickelt. Und ich glaube gerade, weil wir durch unser Handy mitbekommen, was immer und überall passiert, entsteht diese FOMO. Ein zweiter Stressfaktor ist das ständige Vergleichen. Auf Plattformen, wie Instagram oder Facebook, sehen wir regelmäßig, wer gerade etwas Tolles erlebt, wer mal wieder das schönste Abendessen kocht oder wer heute besonders viel Sport gemacht hat. Was hat diese Person, was ich nicht habe? Warum ist mein Leben nicht so aufregend? Ich glaube, der Gedanke des „Nie genug-Seins“ ist präsenter als je zuvor. Gerade für Nutzer*innen, denen nicht bewusst ist, dass Instagram und Co. uns fast immer eine sehr gefilterte Wahrheit zeigen, können die Sozialen Medien richtig gefährlich werden.
Die Technische Universität Wien stellte bei einer Umfrage fest, dass der übermäßige Konsum von Sozialen Medien nicht nur zu erhöhter Unzufriedenheit, sondern teilweise sogar zu Depressionen und Schlafstörungen bis hin zu Suizidgedanken führen kann. Wir wissen eigentlich, dass uns zu viel Zeit am Smartphone nicht gut tut. Trotzdem kommen wir aber nicht so recht davon los. Genau dann kann von einer Sucht gesprochen werden.
Soziale Medien – Suchtmedien?
MAIDS (Mobile and Internet Dependency Syndrome) heißt das Phänomen, welches unsere Abhängigkeit zum Smartphone und Internet beschreibt. Unser Handy bietet uns alles, was wir brauchen und wir passen uns ihm an. Es ist erschreckend, was für einen großen Stellenwert diese Geräte im Leben fast aller Menschen eingenommen haben. In der chinesischen Stadt Chongqing zum Beispiel gibt es seit 2014 einige Gehwege für die sogenannten „Smombies“, also die Smartphone-Zombies. Der Begriff bezieht sich auf die Menschen, die durch den permanenten Blick auf den Handybildschirm nicht mehr richtig wahrnehmen können, was um sie herum passiert und dadurch gefährdeter im Straßenverkehr sind.
Eigentlich eigenartig, oder? Gar nicht so verrückt scheint es allerdings, wenn wir einmal einen Blick auf die Straßen einer Stadt werfen. Da spielen sich zum Teil folgende Szenarien ab: Zwei Menschen sitzen an einem Tisch in einem Café. Gesprochen wird nicht miteinander, sondern beide sitzen sich schweigend und mit Blick auf die Handybildschirme gegenüber. Eine Gruppe Jugendlicher steigt in den Bus ein. Nachdem jeder einen Sitzplatz gefunden hat, wird sofort das Handy gezückt und nicht mehr miteinander geredet. Nur dann, wenn über den neuesten Instagram-Post einer Klassenkameradin diskutiert wird, kommen die Teenager ins Gespräch. Irgendwie macht es einen traurig, aber gleichzeitig sind wir alle ein Teil davon.
Generation „Selbstdarstellung“, „Handy-Sucht“ und „Generation der unbegrenzten Möglichkeiten“- vermutlich können wir uns in allem wiederfinden. Es ist ein sehr schmaler Grat, auf dem wir uns bewegen, wenn es darum geht, ob wir das Internet zu einer Bereicherung oder einer Belastung für unser Leben werden lassen. Vielleicht ist es wichtig, zu verstehen, wie wir richtig und vor allem bewusst mit dem Internet umgehen. Wir müssen einfach Face-to-Face-Gespräche unseren Smartphones und Laptops vorziehen und uns bewusst machen, dass Instagram und Co. uns nicht immer zeigen, wie die Dinge wirklich sind. Wir sollten das Handy beim nächsten Warten einfach mal bei Seite legen. Vielleicht finden wir so ja einen Weg im gesunden Umgang mit dem Internet, um so einerseits von seinen Vorteilen zu profitieren – ohne aber gleichzeitig zu Sklaven unserer eigenen Handys zu werden.
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