Es wird viel gestritten um das „C“ in dem Namen von CDU und CSU. Gleich zu Beginn des Parteiprogramms der CSU heißt es: „Wir sind die Partei mit klarem Kompass. Wir handeln nicht aus Stimmungen, sondern aus Werten. Die christliche Werteorientierung ist unveränderliche Grundlage unserer Politik.“ Eine ideale Partei für konservative Wähler, könnte man zumindest meinen. Doch hält die CSU, was sie verspricht?
Eine Partei, die sich dem „christlichen Menschenbild“ verpflichtet fühlt, darf dieses nicht nur wie ein schmückendes Banner vor sich hertragen, sondern muss sich auch an diesem hohen Anspruch messen lassen. Wenngleich jede politische Position auf ihre christliche Ausrichtung hin diskutiert werden kann, sollen in diesem Artikel vor allem fünf Positionen der CSU genauer betrachtet werden, die eng in Zusammenhang stehen mit aktuellen christlichen Debatten.
1. Die Flüchtlingspolitik
Täglich ist in den Medien und von Politikern anderer Parteien zu hören, wie kritisch der „Rechtsruck“ der CSU zu sehen sei – gerade unter christlichen Aspekten.
Einer der Vorwürfe an die CSU von tendenziell eher linken Mitbewerbern der politischen Parteienlandschaft ist, die CSU missachte mit ihrer strengen Flüchtlingspolitik das urchristliche Prinzip der Nächstenliebe. Tatsächlich sind sich wohl alle einig, dass es für jeden Christen eine selbstverständliche Aufgabe sein muss, demjenigen zu helfen, der in Not ist und um Hilfe bittet. Ebenso einig dürften sich alle sein, dass das hundertfache Sterben auf dem Mittelmeer, die mörderische Kriege in vielen Herkunftsländern und auch die bittere Armut in vielen Ländern Osteuropas und Afrikas eine humanitäre Katastrophe darstellt, welche dringend europäisches Handeln erfordert.
Würde eine Partei dies leugnen oder ignorieren, sowie den Standpunkt vertreten, Hilfe sei nicht notwendig, so könnte man ihr mit Fug und Recht absprechen, nach christlichem Menschenbild zu handeln. Dies ist aber in keiner Weise in der CSU der Fall. Der Streitpunkt war nie und ist nicht, ob man Flüchtlingen helfen soll. Der Streitpunkt ist, wie dies geschehen soll.
Die CSU vertritt die Ansicht, dass offene Grenzen niemandem helfen: Weder den Millionen, die es gar nicht aus ihren Ländern heraus schaffen, noch den Millionen, die sich teilweise mit völlig falschen Erwartungen auf eine gefährliche Reise Richtung Europa aufmachen und häufig in Ländern ankommen, die finanziell und organisatorisch vollkommen überlastet sind.
Wer vor Krieg und Tod flüchtet, kurz, wer ein Recht auf Asyl hat, wird auch nach Meinung der CSU selbstverständlich als Flüchtling anerkannt und versorgt.
Wer aus wirtschaftlichen Grünen geflohen ist und kein Recht auf Asyl hat, muss nach Vorstellung der CSU in die Heimat zurückkehren. Ein begrenztes Land hat nicht unbegrenzte Möglichkeiten und muss es auch gar nicht haben. Wichtig ist, dass alles im Rahmen der eigenen Möglichkeiten unternommen wird, den Flüchtlingen zu helfen: auch und vor allem vor Ort, wo die Not am Größten ist. Dies möchte auch die CSU.
2. Der Kreuzerlass
Söders Kreuzerlass führte ebenfalls zu hitzigen Diskussionen. Die Befürworter sagten, die Anweisung, in allen bayerischen Behörden ein Kreuz anbringen zu lassen, symbolisiere die tiefe Verwurzelung unserer Kultur mit der christlich-abendländischen Tradition. Die Kritiker hingegen sehen im Erlass eine Instrumentalisierung des Kreuzes, welches nach eigenen Aussagen Söders kein Bekenntnis zu einer Religion, sondern zu einer Kultur sei.
Tatsächlich ist es wohl kaum von der Hand zu weisen, dass politisches Kalkül und Symbolpolitik von Söder zu seinem Entschluss motiviert haben. Und selbstverständlich ist es auch richtig, dass das Kreuz nie nur Symbol einer Kultur sein kann. Aufgabe der Christen ist es aber gerade deshalb, die Kraft der Aussage des Kreuzes zu erklären und den Erlass zu nutzen, um die Wichtigkeit des Christentums für Staat und Gesellschaft zu erklären. Wenngleich also der Erlass nicht so fromm motiviert war, wie es eventuell wünschenswert gewesen wäre, so ist der Beschluss an sich nicht unchristlich, sondern im Gegenteil eine hervorragende Chance, das christlich-abendländische Profil im gesellschaftlichen Diskurs neu zu stärken.
3. Werbeverbot für Abtreibung
In kaum einem anderen Punkt hat die gesamte Union so sehr bewiesen, dass sie sich dem christlichen Menschenbild tatsächlich zutiefst verpflichtet fühlt wie beim Kampf um den §219a, also dem Verbot einer Werbung für Abtreibung. Im Parteiprogramm der CSU steht: „Das christliche Menschenbild verpflichtet zum Schutz des menschlichen Lebens. Das umfasst auch das ungeborene Leben. Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben und ein Recht auf Sterben in Würde. Wir schützen das menschliche Leben von seinem Anfang bis zum Ende.“
Während die SPD zusammen mit den Grünen, Linken und auch großen Teilen der FDP sowie vielen Organisationen eine große mediale, desinformierende Kampagne fuhr, um alles daran zu setzen, den §219a, also das Werbeverbot für Abtreibung, abzuschaffen, blieb die CDU/CSU, trotz einigem Hin und Her standhaft und hielt am Werbeverbot fest. Hier ist die christliche Ausrichtung der Union klar zu erkennen.
4. Karfreitag
Während sich andere Parteien, die besonders gerne von der Rettung des christlichen Abendlandes sprechen (wie z.B. die AfD) gegen das Tanzverbot aussprechen, mit der plumpen Begründung, „dies sei veraltet“, hält die CSU an diesem Verbot fest. Trotz aller (berechtigten) Trennung von Kirche und Staat ist es aus christlicher Sicht gut und wichtig, an Feiertagen festzuhalten, welche der Religion, welche das Land in seinen Wurzeln geprägt haben, heilig sind, und diese entsprechend würdig zu begehen.
Die CSU sagt hierzu klar: „Christliche Feiertage gehören zu unserer Leitkultur. Für die allermeisten Menschen in Bayern bieten Karfreitag, Heiligabend und andere hohe Feiertage wichtige Möglichkeiten der inneren Einkehr und Besinnung. Diese selten gewordenen Momente des Innehaltens in einer immer schneller werden Arbeitswelt werden wir als christlich-soziale Volkspartei zum Wohle der Gesellschaft verteidigen.”
5. Ehe und Familie
Offiziell bekennt sich die Union klar zum klassischen christlichen Familienbild. So bekennt sie: „Das von der Mehrzahl der Menschen gelebte Modell der klassischen Familie mit Mutter, Vater und Kindern muss auch in Zukunft als solches vermittelt werden, ohne andere Formen der Familie zurückzusetzen.” De facto aber ist es die christliche Familienpolitik, die die CSU so kampflos und enttäuschend verraten hat, wie nur irgendwie denkbar.
In einem Eilverfahren konnte die SPD im Juni 2017 innerhalb weniger Tage einen Antrag auf Gesetzesänderung durchbringen, welcher die Ehe als Verbindung von Mann und Frau mit der Offenheit für Kinder faktisch abschaffte und als einen beliebigen Bund beliebiger Menschen neu definierte. Von der Union gab es keinen spürbaren Gegenwind. Auch die CSU, welche die Möglichkeit gehabt hätte, gegen diese zweifelhafte Änderung zu klagen, nahm dies, eindeutig aus wahltaktischen Gründen und persönlichen Interessen, nicht in Anspruch. Für eine Partei, die sich so stolz auf ihr christliches Familienbild beruft, ein beschämender Vorgang.
Alles im allen lässt sich festhalten, dass auch die CSU keine Partei ist, die dem christlichen Anspruch zu 100 Prozent gerecht wird, aber sie gibt sich Mühe, gerade im Vergleich zu ihren politischen Mitbewerbern.
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