Auch dieses Jahr werden zahlreiche Menschen weltweit wieder am 8. März an Demonstrationen zum Internationalen Frauentag teilnehmen und für die Verbreitung feministischer Überzeugungen und ein besseres Leben für Frauen*1 kämpfen. Das offizielle Schlagwort und Hashtag des International Women’s Day 2018 lautet #PressForProgress. Warum es diesen Einsatz auch in Deutschland noch immer braucht, hat das letzte Jahr eindeutig gezeigt: #metoo, Care-Arbeit, Antifeminismus von Rechts. Ein Kommentar und Aufruf.
#metoo
Die virtuelle #metoo-Kampagne hat erneut die Debatte um das Thema sexualisierte Gewalt entfacht und zeigt, dass sich seit der #aufschrei-Aktion 2013 nicht viel für Frauen* verändert hat. Noch immer werden sie täglich Opfer sexualisierter Gewalt, ob im privaten oder beruflichen Umfeld oder in der Öffentlichkeit. Auch wenn Kampagnen wie #aufschrei oder #metoo mehr Sichtbarkeit für diese Problematik schaffen, ändert sich im Alltag von Frauen* nur wenig.
Zudem machte sich unter einigen Männern ein Gefühl der Unsicherheit breit, da man nun davon las, viele Männer seien verwirrt und wüssten nicht mehr, wie man nun mit Frauen* umgehen sollte. In Frankreich bekam man es sogar mit der Angst vor Prüderie zu tun. Es sollte allerdings kein #metoo benötigen, um zwischen Höflichkeit und Sexismus oder konsensuellen sexuellen Handlungen und ungewollten sexualisierten Übergriffen unterscheiden zu können – da reicht eigentlich ein gesunder Menschenverstand.
#metoo hat jedoch wieder mal gezeigt, dass sexualisierte Gewalt kein persönliches, sondern ein strukturelles Problem ist, das durch eine patriarchale und kapitalistische Gesellschaftsordnung geprägt ist. Diese Verhältnisse sind aber nicht naturgegeben, sondern von Menschen gemacht und können somit auch von ihnen verändert werden. Die Ungleichheit der Geschlechter reproduziert sich im alltäglichen Denken und Handeln aller Menschen. Deshalb liegt es an uns allen, diese alten Denkmuster aufzulösen, Diskurse zu beeinflussen und gerechtere Bedingungen zu schaffen.
Care-Arbeit
Care-Arbeit ist der Grundstein einer jeden Gesellschaft. Sie steht als reproduktive Arbeit im Gegensatz zur produktiven Lohnarbeit. Der Begriff umfasst sorgende und pflegende Tätigkeiten für sich und andere, wie zum Beispiel unbezahlte Hausarbeit, Kindererziehung und Pflege von Familienangehörigen, aber auch entlohnte Arbeit wie die Pflege im Krankenhaus oder in Altenheimen. Die vor allem von Frauen* gestemmte Arbeit wird in der Gesellschaft kaum wahrgenommen oder ausreichend anerkannt.
Bei entlohnter Care-Arbeit, wie der Pflege, sind die Arbeitsbedingungen oft prekär. In Deutschland liegt der Personalschlüssel in den Krankenhäusern weit unter dem EU-Durchschnitt. Während in Norwegen eine Pflegekraft für durchschnittlich 5,4 Patient*innen zuständig ist, sind es hier ganze 13. Es herrscht Personalmangel und die Arbeitsbedingungen sind schlecht. Die Pflege ist nur ein Beispiel für das Ausmaß der kapitalistischen Spar- und Effizienzlogik. Doch die Pflege betrifft uns alle und ist somit ein ernstzunehmendes Thema, das wir nicht weiter ignorieren können. Der Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte ist auch ein Kampf für die Aufwertung und Anerkennung von „Frauenberufen“.
Antifeminismus von Rechts
Schon seit einigen Jahren nehmen rechte Tendenzen in der Gesellschaft und Politik zu. Mit dem Einzug der AfD in den Bundestag erreicht diese Entwicklung einen neuen Höhepunkt. Die Partei propagiert öffentlich gegen Geschlechtergerechtigkeit und sexuelle Vielfalt. In ihrem rechten Weltverständnis ist kein Platz für Emanzipation und Fortschritt. Sie wünschen sich eine Gesellschaft im Sinne eines völkischen Weltbilds, in dem die weiße heteronormative Familie an erster Stelle steht. Die „Ehe für alle“ lehnen sie ab und befürworten stattdessen traditionelle Geschlechterrollen.
Auch Gruppierungen wie die „Identitäre Bewegung“ nutzen eine verquere Auffassung von Feminismus, um gegen (hauptsächlich männliche) Ausländer*innen und Geflüchtete zu hetzen. Auch wenn die AfD noch nicht genügend parlamentarischen Einfluss hat, um bestehende Gesetze zu ändern, verschieben sie und andere rechte Strömungen gesellschaftliche Debatten und stellen sich offen gegen erkämpfte Freiheiten und Rechte. Wir dürfen uns von diesem Antifeminismus nicht zurückdrängen lassen und müssen für Emanzipation statt rückschrittlicher Ideologie kämpfen.
Diese drei Themenfelder sind nur ein kleiner Auszug aus einer Reihe von Problematiken, mit denen sich viele Frauen* in Deutschland derzeit konfrontiert sehen. Wir können und dürfen die aktuellen Verhältnisse nicht hinnehmen und müssen uns weiterhin solidarisch gegen patriarchale Strukturen, Fremdbestimmung und gesellschaftlichen Rückschritt wehren!
1Der Genderstern symbolisiert alle Geschlechterentwürfe, die sich nicht dem Femininum oder Maskulinum zuordnen. Er soll außerdem symbolisieren, dass die benannten Gruppen in Bezug auf Faktoren wie Herkunft, Alter, Gesundheit, finanzielle Mittel oder Bildung unterschiedliche Bedingungen haben.
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